Ein Zauberer verrät nie seine Tricks

Schreiber, das sind Kartenspieler und Trickbetrüger. Ähnlich wie Zauberer, sind auch wir Illusionisten.
Wir schaffen falsche Welten, verdrehen die Realität und wir haben Tricks. Entgegen einem Illusionisten, werde ich aber andeuten wie sie funktionieren. Ich werde sie aufschlüsseln.

Warum sind wir Schreiber Kartenspieler?
Jeden Tag bekommt jeder von uns die Karten ausgelegt, in Form von Ideen. Die Ideen können ganz verschieden sein. Das "Bild" auf unserer "Karte" ganz besonders gestaltet und auch der Wert kann variieren.
Mal denken wir ein starkes Blatt zu haben, mit all den ausgeteilten Ideen, manchmal sind wir zögerlich mit unserer "Hand". Wir sind nicht sicher wie stark sie ist. Denn das "Spiel" hat keine festen Regeln. Die Gesellschaft bzw. unser Publikum beeinflusst sie und verändert sie. Mal findet die Gesellschaft ein "Paar Asse" ist das höchste Blatt, am nächsten Tag habe die selben Karten nur noch die Wertigkeit von "Zwei".
Wir entscheiden also welche Karten/Ideen wir mit unseren Texten ausspielen.

Warum sind wir Trickbetrüger?
Wir "bluffen". Oftmals verhalten wir uns, als wären unsere Ideen/Karten die stärksten in diesem Spiel, obwohl sie geringen Wert haben. Wir treten auf als hätten wir Asse, im Kopf sind aber wieder mal nur Damen.
Und wir täuschen ganze Blätter vor. Alliterationen und Reime tun so als wären sie "Pärchen"; Sonette sind ein "Full House" und Kausalketten und Metrik täuschen "kleine" und "große Straßen" vor, wo eigentlich nur willkürlich einzelne Ideen aneinander gereiht werden.
Wir spielen rhetorische Fragen wie einen Buben beim Maumau, denn wir wollen uns damit etwas "wünschen". Manchmal sind wir auch provokant, nutzen Tabuwörter, Zäsuren oder Hyperbeln, um, wie bei einer "Acht", aussetzen zu lassen; zum Pausieren zu zwingen.
Wir täuschen und stellen Fallen. Wir eröffnen mit "hohen Karten" um von den Schwachen auf der Hand abzulenken. Wir suchen die Gefühle und Gedanken die wir in Texten zeigen wollen aus, spielen aber nie unsere ganze "Hand", nie unser gesamtes Spektrum der Gedanken.
Wenn wir unser Spiel beherrschen, dann nutzen wir die "ausgespielten Karten" von Anderen, um uns zu stärken und "legen bei ihnen an": Wir schreiben Kommentare, Gegendarstellungen und zitieren.

Andere Menschen verleiten wir durch vorgetäuschtes schlechtes Spiel zu hohen (emotionalen) Einsätzen. Dann schlagen wir zu, knöpfen sie ihnen ab und freuen uns auch noch darüber ihre Schutzmechanismen gebrochen zu haben.
Aus ihren "Einsätzen" und Reaktionen machen wir dann neue Blätter und eröffnen neue Spielrunden; Wir treiben ein Spiel mit den Erlebnissen und Gefühlen die nicht uns gehören. Wir denken oftmals es ginge ums Siegen, wenn wir unsere Ideen ausspielen, ohne darüber nach zu denken ob wir anderen am "Tisch" schaden.

Alles nur für die kurzen Augenblicke Zauberei von einfachen Kartentricks.

Kommentare

  1. Ich habe Schreiben eigentlich nie so brutal gesehen oder als so durchtrieben.
    In einem Spiel geht es ums Gewinnen.
    Beim Schreiben auch?
    Natürlich ist es befriedigend, "Gehör" zu finden, Resonanz zu bekommen, zu wissen, dass das Geschriebene angekommen ist, aber ist dies "gewinnen"? -

    Als Schreiber sucht man natürlich nicht nur bei sich selbst nach Themen, Gefühlen und Ansätzen sondern stößt auch bei anderen darauf. Aber dies so, wie in deinem letzten Absatz darzustellen, wäre mir nie in den Sinn gekommen.
    Ist dies deine Erfahrung?

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  2. Na dann gehe ich mal die Karten für 2274 mischen! ;-)

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  3. Es handelt sich hier nur um eine mögliche Sichtweise auf das Schreiben. Es ist quasi eine Warnung davor, dass man nicht zulässt, dass Texte und ihre Schreiber mit einem "spielen".

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