Insomnia - III

Autor: Jay
Verfasst: 15.02.2010

Insomnia - Teil 3

Gleich ist es so weit. Auch wenn es draußen noch nicht heller wird, ich weiß die Zeit vergeht. Sie muss vergehen, was anderes kann sie ja auch gar nicht. Ich verstehe zwar nicht, warum sie mal so schnell und dann wieder so langsam ist, aber sie vergeht.
Ich dreh mich noch mal um. Geträumt hab ich nichts. Nur so Wachträume die eher aus Zweifel und Unruhe entstehen. Ich versuche mir mit der Hand den Sand aus dem Gesicht ab zu ziehen, aber es nutzt nichts.
Gleich ist es so weit. Ich habe sogar immer noch den Geschmack vom Zähneputzen gestern im Mund. Ich war einfach noch zu wach, zu fit. Irgendwie war ich auf Adrenalin. Irgendwie bin ich nicht zur Ruhe gekommen.
Gleich ist es so weit.
Der Wecker klingelt.
Ich spring aus dem Bett und stürze auf meinen Wecker. Irgendwie hatte ich den nicht so laut in Erinnerung. Ich springe ins Bad, in meinen Gedanken, während ich durch mein Zimmer mit nur einem Pantoffel in Richtung Wasserquelle schlurfe.
Schlurfen trifft auch meine ersten Geräusche ganz gut, als ich mich im Spiegel sehe. Mein Blick ist nicht mehr ganz so leer wie gestern, was an den kleinen geplatzten Äderchen in meinen Augen liegt. Ich erfreue mich also an meinem irren Blick und leg den Rasierer wieder zur Seite. Irgendwie hatte ich den nicht so laut in Erinnerung.
Die dezenten Augen über meinen Schatten im Gesicht schiebe ich nicht auf die Beleuchtung im Badezimmer. Ich grüße diesen Gollum im Spiegel und bemerke dann, dass „Herr der Augenringe“ ein dämlicher Filmtitel wäre.
Meine Stirn kühlt diesmal auch beim Duschen nicht aus. Duschen ist aber auch irgendwie zu „rumstehen und nass werden“ verkommen. Im Vergleich zu den letzten Tagen bewege ich mich in der Zeit rückwärts und die Sachen, die mir runterfallen, die lasse ich liegen, dann habe ich nach der Arbeit wenigstens was zu tun.
In Anerkennung meiner heutigen Geschwindigkeit nehme ich mein Butterbrot mit und verlasse direkt das Haus. Irgendwas war gestern im Radio, aber wichtig war es eh nicht.
Ich brauche heute nichts zu wissen, gegen Smalltalk auf der Arbeit bin ich heute immun. Ich hab ja meinen MP3-Player dabei falls ich. Mist.
Ich habe meinen MP3-Player vergessen. Und auch meine Geldbörse ist in der anderen Jacke.
Ich überlege zurück zu gehen, aber da ich meiner inneren Uhr nicht traue, geh ich lieber zu meiner Fahrgemeinschaft, denn wenn ich so S-Bahn fahre, dann verpasse ich bestimmt meine Haltestelle.
Ich bin pünktlich, strecke mich ausgiebig vorm Einsteigen ins Auto. Das dauert auch länger als sonst. Als ich sitze, falle ich in eine Auto-Ohnmacht, aus der mich erst die kalte Luft am Zielort rausreißt. Dabei hatte ich gerade so schön aus dem Fenster gestarrt, so weit mich meine winzigen Pupillen tragen.
Auf der Arbeit leihe ich mir dann Geld für ein Ticket und belustige meine Kollegen mit meiner Vergesslichkeit. „Ja richtig, mein Fahrschein ist auch in der Geldbörse.“, sage ich und steh im Regen aus Lachern.
Regen wäre jetzt echt toll, denn dieser Sand in meinem Gesicht geht einfach nicht weg. Und überhaupt fühlt sich mein Körper trocken und auch irgendwie hohl an.
So recht weiß ich nicht, wie ich von der Arbeit zurück komme. Ich habe nichts geschrieben. Ich bin nicht gerannt, aber trotzdem ziemlich aus der Puste. Mir fallen plötzlich ganz viele dämliche Redewendungen ein.
Beim betreten der Wohnung versuche ich an die Redewendungen zu denken, aber irgendwie festigt sich keine einzige. Sie zerfallen, als wären sie aus Sand. Inzwischen habe ich auch ordentlich Kopfschmerzen und werde darüber ziemlich wütend.
Als mein Mitbewohner mich sprechen will, mache ich die Zimmertür zu und stelle mir vor, wie es wäre unentspannte Musik auf Lautstärke Zwölf zu hören. Meine Kopfschmerzen klopfen mit einem großen Hammer auf mein Gehirn und teilen mir so mit, was für eine blöde Idee das ist. Danke Kopfschmerzen, dass wusste ich auch so.
Ich versuche mit Videospielen meine Augen müde zu machen, aber auch da sind meine Kopfschmerzen gegen. Sie lassen nicht zu, dass ich mich auf irgendetwas auch nur so lange konzentrieren kann, dass ich auch nur im Ansatz davon erschöpfen könnte. Aussehen wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Nach mehreren Stunden kann ich diese Redewendung formulieren, aber auch nur, weil ich mir kaltes Wasser ins Gesicht werfe. Macht zwar etwas wach, hilft aber vielleicht gegen die Kopfschmerzen.
Fehlanzeige.
Ich pfeife auf meine innere Uhr und werfe mich ins Bett. Mein Abendessen war ein Streifen Zahnpasta, denn für alles anderen fehlen mir die Nerven.
Immer wieder reibe ich mein Gesicht im Kissen um den Sand los zu werden. Die Dunkelheit schmeichelt meinen Augen, aber meinen Kopfschmerzen ist das egal. Ich frage mich, ob das die Folgen von diesem Elektrosmog sind. Oder vom kalten Krieg. Ich erkenne mit Freuden, wie mein Kopf keine sauberen Kausalketten mehr zu lässt und langsam aber sicher der Logik abschwört. Darüber werde ich ziemlich wütend und bekomme ein wenig Herzrasen. Ob das leichte Zwicken überall vom hohen Puls kommt weiß ich nicht.
Ich überlege mir eine warme Milch mit Honig zu machen, obwohl ich mir nicht erklären kann, wie das funktionieren sollte. Ich spanne immer wieder meine Arme und Beine an um meinen Körper zu ermüden. Irgendwas wie Schlaf holt mich, aber meine Augen fallen nicht zu.
Gut, egal, Nacht.


Anmerkungen:
Wollt ihr den Protagonisten noch einen weiteren Tag begleiten?

Kommentare

  1. Ich warte irgendwie noch auf den Wendepunkt bzw. Höhepunkt und bin für einen weiteren Tag.

    Eine kleine Korrektur:

    Die dezenten Augen über meinen Schatten im Gesicht - ich glaub da hast du was verdreht.

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  2. Zur Korrektur:
    Ich verweise auf Insomnia-II und sage, das ist Absicht. ;)

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  3. Jo, ich warte auch noch darauf, dass endlich irgendwas passiert. Bin daher nur für einen weiteren Tag, wenn dadrin Aliens, ein Virus, die Erkenntnis dass er eigentlich gar ich mehr lebt oder irgendeine andere Erklärung für die Müdigkeit kommt... Sonst entbehrt es auch jeglicher Spannung, wenn er wieder einen Tag lang exakt das gleiche macht, nur müder is.

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  4. Chrissi19.2.10

    Irgendwie erinnern mich die Tage an mich bzw es kommt mir sehr bekannt vor. Der Protagonist hat fast immer den selben Tagesablauf und es passiert nichts spannendes. Mich bringt es zum nachdenken, denn so ungefähr kommen mir meine regelmäßigen Tagesabläufe auch vor. Ist es dass, was ich/man wirklich das ganzes Leben machen möchte (zumindestens in der Woche)? Ich glaube, ich denke mal wieder zu viel nach....
    Ich möchte aber auch wissen, wie es weiter geht.

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  5. Anonym19.2.10

    müde,müder...tot.


    "denn für alles anderen fehlen mir die Nerven.."-da ist ein "n" zu viel.

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