Weg zum Text: Insomnia

Vor einiger Zeit habe ich als Miniserie „Insomnia“ veröffentlicht und damit spannende Kommentare geerntet. Es wurde die Selbstdarstellung und die Entwicklung der Geschichte bemängelt, vor allem die Ähnlichkeit der verschiedenen Abschnitte untereinander.
Insomnie, also Schlafmangel ist eine sehr anstrengende Krankheit bzw. ein ätzender Zustand. Ätzend verwende ich in diesem Fall ganz bewusst, denn Schlafmangel „verätzt“ dich schon irgendwie. Man wird müder, langsamer, hat sich schlechter im Griff und verliert seinen persönlichen Rhythmus. Zu dem habe ich immer das Gefühl, das die eigene Wahrnehmung zunehmend schlechter wird. Ich übersehe und überhöre dann oft, aber ich vermute, so etwas äußert sich bei jedem anders.
Als ich beschlossen habe, eine Serie zu diesem Thema zu machen, da habe ich mich gefragt, wie man diese Faktoren textlich erfassen kann. Vor allem das Fehlen von jeglichem Spannungsbogen wollte ich einfangen, denn so sind Tage unter Schlafmangel. Sie sind nicht spannend, sie sind anspannend. Mit der Frage im Blick, wie man am besten keinen Spannungsbogen beschreibt, bin ich in meinem Kopf auf Suche gegangen und habe mich dann ziemlich schnell an den Film „A Scanner darkly – Ein dunkler Schirm“ erinnert.
In diesem Film wird die Ohnmacht, die bei mir durch Schlafmangel beschrieben werden sollte, durch Drogenkonsum hergestellt. Obwohl der Film durchaus eine Geschichte zu erzählen hat und auch nicht uninteressante Personenkonstellationen bietet, wird er so unaufgeregt und langsam erzählt, dass es richtig anstrengend ist, ihn zu schauen. Ich empfehle den Film trotzdem sehr.
Der Versuch war also, von dem Film zu lernen, zu beobachten ob und wie man so etwas in einem Text einfangen kann. Ich bin schnell zu dem Schluss gekommen, dass die beste Art mit einem Text absichtlich zu langweilen, die Wiederholung ist. Und zwar die Wiederholung mit so minimalen Änderungen, dass sie kaum auffallen oder wie Fehler erscheinen, die beim Schreiben entstanden sind. Natürlich ist es für einen Leser schwer zu identifizieren, was Absicht und was Versehen ist, aber den Versuch war es mir wert.
Als ich zufrieden war, habe ich angefangen zu veröffentlichen, habe aus den Kommentaren aber bald heraus gelesen, dass mein Plan nicht aufgeht. Insomnia IV habe ich also verändert und dann so hinterher geschoben, dass wenigstens etwas Aufklärung für den Leser zu Stande kommt. Sogar den fehlenden Spannungsbogen habe ich als Wink erwähnt.
Ob Insomnia so verstanden oder auch beobachtet wurde, das weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, ob sich Insomnia nicht vor diesem Hintergrund ganz anders liest. Ich wollte es wagen, den Text ohne Gebrauchsanleitung zu veröffentlichen und für mich hat es sich in jedem Fall gelohnt. Ich hoffe, für dich auch.

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