Slamrückblick #2

10.04.2012 Pretty Poetry Slam in Düsseldorf
oder: Früher anfangen, später aufhören

Eigentlich war es ja meine Freundin, die mich für diesen Termin angemeldet hatte. Von der Moderation durch Denis Seyfarth in Herne so begeistert, hatte sie mich quasi gedrängt hier mit zu machen.
Ich war, wie so oft, allerdings auch der Anreise mit dem Auto geschuldet, der erste Künstler vor Ort und durfte mir so auch vorher ein Bild der Location machen. Der Pretty Vacant Club ist ein typischen Club in der Düsseldorfer Altstadt, hat aber wenig Schmuck und viel mehr Anarcho-Rock-Noten anhaften. Das machte die Location aber nur sympathischer. Auf der untersten Etage, einem schönen kleinen Kellergefilde, sollte der Slam stattfinden und auf der oberen Etage, einem Barbereich, wurde der Slam über Videobeamer übertragen, in einem Nichtraucherbereich. Oben konnte man so zwar nicht an den Abstimmungen teilnehmen, aber das ist für Nichtraucher ja ein eher geringer Preis.
Was zu Beginn noch wie eine nett kleine Location aussah, wandelte sich bald in absolute Platznutzung. Eigentlich konnte man kaum irgendwo hintreten, ohne jemandem irgendwo hin zu treten, trotzdem ging es natürlich friedlich zu. Selbst die Poeten fanden nicht alle auf der Bühne einen vollwertigen Sitzplatz, aber irgendwie trug das zum Charme des Spielortes bei.
Denis Seyfarth eröffnete mit den magischen Worten "Wir fangen heute etwas früher an als sonst, wir haben heute viel vor.", denn der einmalige deutsche Meister und aktuelle Vize-Meister im Slam war als Feature anwesend, Herr Patrick Salmen himself und wie immer in bester Form und mit neuem Buch und überhaupt. Ich weiß nicht ob er die Wahl hatte, aber dem Patrick mit dem ich damals in Köln geplauscht hatte, blieb jetzt einfach nicht mehr die Zeit. Schade für ihn, schön aber, dass er alte Bekannte zu mindest nicht vergisst.
Das Starterfeld war gut, nur Bernd Birkel, der Schreiber des zu letzt erwähnten "Glatzenland"-Textes warf für mich persönlich Schatten vorraus. Ich habe still gehofft, dass er heute was anderes liest.

Beatrice kannte ich ja schon, Oscar hatte ich bei uns, bei der WestStadtStory schon gewinnen sehen. Ehrlich gesagt hatte ich zwischen den Beiden auch schon das Finale gesehen. Beide sind diese Variante "Naturtalent", die mit einigen wenigen äußerststarken Texten und ebenfalls toller Performance und großem Charm jedes Publikum begeistern können. Und ich verderbe jetzt auch keinem die Überraschung, wenn ich hier sage, dass auch diese beiden das Finale unter sich ausgetragen haben.
Mich interessiert haben aber besonders Nils Frenzel und Bernard Hoffmeister, beide mir vollkommen unbekannt und zwei Slammertypen, wie sie verschiedener nicht sein konnten.
Nils ist ein wilder Künstler. Da wird geschrien am Mikro, da wird ausgerastet und ich habe fest damit gerechnet, dass er sich bei seinem Text über seine Frisörin auch selbst Haare ausreißt. Wenn auch er mit seinem humorvollen Ansatz nicht immer sprachlich zu überzeugen wusste, hat er mit seiner Energie durchaus überzeugen können. Hat mir sehr gut gefallen, obwohl es nicht mein favorisierter Stil ist.
Bernard Hoffmeister schien mir hier in Düsseldorf ein Lokalmatador zu sein, in jedem Fall war er bekannt. Und das defenitiv im Guten. Mit einem vielseitigen Text über Gesellschaft und Lebenswandel, der aber gar nicht so sehr kritisch, sondern eher philosophisch war, überzeugte er mich voll und ganz. Ein ruhiger präziser, aber nicht einlullender Vortrag. Da lag für mich viel zum Abgucken drin.
Das ich mich an diesem Abend an Bernard vorbei in die zweite Runde schieben durfte bzw. ins zeitbedingte sehr große Finale, war für mich äußerst überraschend, aber auch knapp.
Bernd Birkel las leider wieder Glatzenland und mir wollte es nicht gelingen, meine Skepsis und Abneigung gegen über der verkürzten politischeinseitigen Darstellung zu verbergen. Was vermutlich nicht besonders fair und nett war, denn ich saß während des Vortrags, platzbedingt, hinter ihm im Sichtbereich. Ich hoffe, dass ich nicht prägend auf das Publikum gewirkt habe. Eigene Abneigung gegen den Text mal außen vor, wäre das nämlich äußerst unsportlich gewesen. Sollte es so gewesen sein, will ich mich hier dafür entschuldigen.
Am Ende, das dann extrem spät lag, war es natürlich wieder ein toller Abend und das PrettyVacant hat mich sehr überzeugt. Nils und ich durften uns quasi den dritten Platz teilen, Beatrice wurde Zweite und Oscar wurde Erster. Danke Düsseldorf, für die Gastfreundschaft!

11.04.2012 "Zwei Ossis und ihr Johannes" Lesebühne im KKC in Essen
oder: Die verbotenen Texte

Eine besondere Ehre ist es ja schon, von diesen Herren geladen zu werden. "Zwei Ossis und ihr Johannes", bestehend aus Ilja Budnizkij, Sushi da Slamfisch und Johannes Floehr wollten mich für einen Abend gerne mit an Bord haben und ich sagte sofort zu.
Neben der bewegten Vorgeschichte, die ich mit den Jungs ja teilweise hatte, ist es immer eine Freude sie auf der Bühne begleiten zu dürfen. Und auf Lesebühne hatte ich eh mal wieder Lust, hatte auch überlegt, ob ich nicht auch selbst mal wieder eine Lesung gebe, so ganz ohne Slam. Da kam der Termin also ganz perfekt.
Zumindest für mich, denn so Zuschauer-technisch war das jetzt eher schwierig gegen einen sonnigen Tag mit Fussballspieltag an zu treten. In NRW ist man ja fast schon automatisch Fussballfan und mit dem Spiel der Dortmunder gegen die Bayern, aber auch einem Spiel der rot-weißen Essener, war es nicht einfach Publikum zu gewinnen. Trotzdem fanden sich einige Interessierte ein.
Als zusätzliches Feature hatte man die Band Klangpoet gewinnen können, die mir teilweise mal so gar nicht gefallen haben. Technisch gab es da gar keine Einwände. Die beherrschen ausnahmslos ihn Handwerk und sind musikalisch alle sehr begabt, auch der Gesang war gut. Wäre es nicht so Xavier-Naidoo-eskes Textwerk gewesen, hätte man mich auch begeistern können, aber so war ich eher abgeschreckt. Trotzdem dringend anhören! Ich bin ja kein Maßstab für guten Musikgeschmack.
Zur Lesung selbst:
Die Jungs waren gut drauf, wenn auch ich Ilja und Sushi auch schon mit mehr Feuer gesehen habe. Aber es ist mitten in einer Arbeitswoche gewesen, die beiden haben viel um die Ohren, da will man natürlich nicht unfairerweise kritisieren. Zu dem hat Ilja sich an neuem Textwerk probiert, was natürlich auch noch ein wenig holperig sein darf. Das Publikum hat es aber kaum gemerkt.
Johannes ist mit den "wahren" Hitler-Tagebüchern in eine herrlich satirische Richtung gegangen und hat mich sehr begeistert. Wenn er groß ist, könnte er auch gut als Kabaretist durchstarten. Das würde ich sehr gerne sehen.
Ich selbst bin volles Risiko gefahren. Wurde ich doch werbewirksam noch mit meinem gewonnenen Preis anmoderiert, "Essens Bester Künstler", hatte ich beschlossen, mal meine "verbotenen Texte" auf die Bühne zu bringen. Sachen, die eigentlich nie laut gelesen werden sollten, wegen mangelnder Qualität. Aber scheinbar hatten wir ein sehr trashempfängliches Publikum, denn sowohl "Poetmon" und mein "Scooter-Text" kamen sehr gut an. Auch die Fombieapokalypse, die aber nicht aus Qualitäts-, sondern Zeit-gründen damals gesperrt wurde, kam mal wieder zum Vortrag. Das hat großen Spaß gemacht und der Poetmon-Text hat sich vermutlich in den aktiven Kader meiner Texte gespielt.
Ganz am Ende habe ich mich dann ganz souverän selbst um meinen letzten Text bzw. eine Zugabe gebracht, was aber auch nicht so wild war. Der Abend war auch so ganz rund. Wer im Raum Essen lebt und am 16.Mai noch nichts geplant hat, der sollte sich die Jungs dringend anschauen gehen. Dann werden sie von Torsten Sträter verstärkt.

In meinem Terminplaner herrscht aktuell Ebbe. Aber da arbeite ich zur Zeit dran und suche mehr Termine, versuche ein paar neue Slams zu besuchen und aber auch eventuell mal wieder eine Lesung auf den Weg zu bringen. Ehrlich gesagt herrscht da aber mehr KPMS: Kein Plan, mal sehen.

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