Winterschule Filmworkshop 2012 (Teil 2)

Hier standen wir nun im Workshop-Raum, der an diesem Abend und am folgenden Tag sozusagen unser „Hauptquartier“ darstellen würde. Die Stromversorgung war gelegt, der Laptop eingerichtet, der Beamer angeschlossen und der Stuhlkreis für die spätere Diskussion aufgestellt. Nur die Teilnehmer fehlten, doch hatten diese schließlich noch Zeit. Kira und ich hingegen wurden langsam nervös, schließlich traten wir nicht jeden Tag als „Dozenten“ auf. Allerdings wollten wir auch gar nicht als solche wahrgenommen werden.


Deshalb hatten wir den Einstieg auch nicht als Beginn des Workshops tituliert – was er natürlich dennoch war – sondern vielmehr als entspanntes Zusammenkommen zu einer Art Filmabend. Darum waren (alkoholische) Getränke ebenso erlaubt wie Knabbereien. Von diesem Zugeständnis machten die nun nach und nach eintreffenden Teilnehmer auch regen Gebrauch.

Während die einen einfach gespannt darauf schienen, was sie erwarten würde, zugleich aber darauf hofften, dass diese Veranstaltung nicht allzu lange dauern würde, war in den Gesichtern der anderen eine klare Müdigkeit zu erkennen. Unwillig trat uns dennoch niemand entgegen. Alle schienen zumindest in den ersten Minuten offen dafür, was wir womöglich vor hatten.

Nach einer kurzen Vorstellung durch Jan und ein paar eigenen Worten starteten wir auch schon mit unserem ersten Praxisbeispiel - dem Zusammenschnitt der Filme 2012. Das Licht wurde ausgeschaltet, der Ton aufgedreht und für etwas mehr als sieben Minuten herrschte absolute Stille im gesamten Raum. Der Film schien seinen Zweck als Interesse weckender Einstieg zu erfüllen.

Die anschließende Diskussion über einzelne Aspekte sollte mir recht geben. Die Teilnehmer beteiligten sich sehr rege und ich habe die feste Überzeugung, zuweilen das ein oder andere „Aha“-Erlebnis in den Gesichtern gesehen und durch eigene Kommentare, Erklärungen und Anekdoten vielleicht sogar ausgelöst zu haben. 

Durch die rege Diskussion und die zahlreichen Erläuterungen erschien selbst die geballte Ladung Theorie, die wir zu vermitteln versuchten, alles andere als langweilig. Durch stetige Nachfragen angestachelt, stiegen wir immer tiefer in die Materie ein. Kira, Jay und ich wechselten uns stets mit Wortbeiträgen ab. Der Theorieteil zu Beginn des zweiten Tages sollte genauso erfolgreich verlaufen.

Die Beispiele aus Komfortzone und den Pixarfilmen lockerten den Theorieblock immer wieder auf. Themen wie Figuren, Handlung, Konflikte, Streuung von Informationen aber auch Musik, Schnitt und Einstellungsgrößen flogen kreuz und quer durch den Raum. Wir konnten die Begeisterung zu großen Teilen aufrecht erhalten.

Dennoch hing uns die Zeit stets im Nacken. Noch am selben Tag mussten wir zumindest das gesamte Material für einen Film gesammelt haben. Dazu benötigten wir eine Geschichte, die anhand der theoretischen Grundlagen von den Teilnehmern entwickelt werden sollte. Zum Glück hatten wir von vornherein kommuniziert, dass es eher unwahrscheinlich ist, bei der abendlichen Veranstaltung bereits ein Ergebnis zu präsentieren.

Die Teilnehmer sollten eine Geschichte entwickeln, die mit dem Motto der Winterschule - "Making of" - und den Inhalten ihrer Workshops zusammenhing. Wir ließen sie ihre Ideen durch "Pitching" finden. Die Teilnehmer setzten sich dazu in eine Reihe. Zu Beginn schrieb jeder Teilnehmer den ersten Satz der zu verfilmenden Geschichte auf ein Blatt. Nach wenigen Minuten wurde das Blatt mit dem Satz darauf an den Nachbarn weitergereicht. Dieser führte die Handlung mit einem weiteren Satz fort.

Wir erhielten dadurch die unterschiedlichsten Handlungsmöglichkeiten. Viele der Ideen waren jedoch für die an diesem Tag eingeplante Drehzeit zu "groß". Gemeinsam brachen wir die Ideen nach und nach herunter und lenkten die Teilnehmer ein wenig, was Figurenanzahl, -konstellation, Anzahl der Drehorte sowie Handlungsstränge betraf.

Anschließend ließen wir die Truppe ein wenig allein. Als wir zurückkamen, stand die grundlegende Handlung. Es sollte eine Art filmischer Kommentar zum viel diskutierten Verhalten mancher Teilnehmer an der Winterschule in Form eines "Making of" eines Filmdrehs werden. Das Ende sollte jedoch Interpretationsspielraum ermöglichen. Wir nahmen noch kleinere Optimierungen vor, sodass wir kurz nach dem Mittagessen unsere Filmhandlung mit allen Drehorten, Figuren und der grundlegenden Aussage stehen hatten.

Nach der demokratischen Wahl der Hauptfigur zwischen den Leuten, die diese gerne übernehmen wollten, verteilten wir die weiteren Rollen für Ton, Ausstattung, Requisite, Licht etc. Die Leidenschaft flammte nun in vollen Zügen auf, weil der Filmdreh nun endlich losging. An dieser Stelle sei keine Szene detailliert hervorgehoben. Denn in jeder Situation waren die Teilnehmer voll bei der Sache, sprühten vor Ideen und ließen sich auch auf die zuweilen sehr undemokratische Art und Weise, einen Film zu realisieren, ein.

Wir starteten im Workshopraum, wanderten über die Gänge, drehten in einem hergerichteten Zimmer, verwendeten einen Overhead-Projektor als Hauptlichtquelle, begaben uns gar in den Heizungskeller und rockten den Film in knapp 6 Stunden durch und haben in dieser Zeit genügend Material gesammelt.

Gestartet waren wir um 14 Uhr, was leider dazu führte, dass der eigentlich geplante Mini-Part zum Filmschnitt entfallen musste, weil wir erst um 20 Uhr endeten und kurz darauf die Abendveranstaltung startete. Angestachelt von der Energie der Teilnehmer waren Kira, Jay und ich aber derart motiviert, doch noch ein filmisches Endprodukt vorzuführen, dass wir uns nach dem Dreh sofort an den Schnitt setzten, ohne ein Versprechen abzugeben, tatsächlich etwas präsentieren zu können.

Zwei Stunden verblieben, um den Film zu schneiden, damit er am Ende der Abendveranstaltung laufen könnte. Wir schnitten, was Maus und Tastatur hergaben, unterlegten den Film provisorisch mit Musik, wo sie angebracht war und wir verzichteten auf Farbkorrektur und eine durchgängige Tonbbmischung, um überhaupt fertig zu werden. Wir blieben die ganze Zeit über mit Jay per SMS in Kontakt. Wir behaupteten, eine Präsentation würde gelingen. Leider hatten wir nicht mit der Technik geplant. Das Ausspielen des Filmes verzögerte sich plötzlich dramatisch, als der Clip einfach nicht fertig werden wollte, obwohl der Balken schon auf 100% stand.

Jay muss sich in dieser Zeit den Mund fusselig geredet haben, um Zeit für uns herauszuschinden. Kira und ich schlichen derzeit um den Laptop herum und warteten darauf, dass der Film fertig wurde. Minutenlang passierte nichts. Jay redete und redete, wir waren hingegen kurz davor, abzubrechen. Plötzlich verschwand der Balken, Kira zog den Stecker aus der Wand, ich schnappte mir den Laptop und rannte los zum Veranstaltungsraum. Halb die Treppe runterstürzend platzte ich in Jays mittlerweile ziemlich um Verlängerung bemühte Worte herein, kämpfte mich ohne Rücksicht zum Beamer hervor, schloss die Kiste an und wurde sofort zur Vorführung gebeten. Ich klickte auf "Start".

Der Film begann. Absolute Stille. Dann, die ersten Lacher. Ich atmete erleichtert auf. Die knapp 6 Minuten wurden zum persönlichen Triumph unseres gesamten Workshops. Ich war schlichtweg stolz. Stolz auf unsere Leistung, vor allem aber auf unsere Teilnehmer, die uns mit ihrer Begeisterung angesteckt haben. Wir waren froh, ihnen noch am selben Tag ihren Film zeigen zu dürfen.

Die Resonanz war durchweg positiv, insbesondere für die Teilnehmer, die den Willen zeigten, den Film in einem Tag tatsächlich fertigzustellen.

Mit etwas Abstand wurde der Film noch ein wenig angepasst und die Musik ausgetauscht. Gerne hätten wir noch eine Diskussionrunde über den Schnitt abgehalten, aber das war nicht mehr möglich. Daher ist der Film letztendlich etwas anders belassen worden, als ich ihn eigentlich geschnitten hätte. Der Beginn des Films ist meines Erachtens etwas zu lang und ich hätte ihn eigentlich kürzer gestaltet. Allerdings setzte ich die Prioritäten hier ein wenig anders: Ich wollte den TeilnehmerInnen alle Szenen präsentieren, die wir auch gedreht haben. Im Workshop selbst hätten wir noch darüber gesprochen, welche Szenen nun wirklich notwendig sind, aber das gelingt uns vielleicht beim nächsten Mal.

Es war eine bereichernde Erfahrung und ich bin stolz auf unseren Workshop und auf das, was wir alle gemeinsam geleistet haben. Kira und Jay mit Sicherheit auch. Die Wahrscheinlichkeit, erneut einen Filmworkshop zu geben, ist aufgrund dieser Erfahrungen jedenfalls enorm gestiegen...

Zuletzt nun das Ergebnis des Workshops. Viel Spaß beim Anschauen!

Kommentare

  1. Vielen Dank für diesen Workshop, an dem ich auch teilnehmen durfte. Es war genial. Die Leute sind genial, das Thema war genial, der Workshop war genial. Und ich wage mal zu behaupten, ich habe einiges für meine persönliche Hobbyfilmerei mitgenommen. Nochmals Danke!

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    1. Vielen Dank für das große Kompliment! :) Mir hat es auch viel Spaß gemacht, was man dem Bericht hoffentlich auch anmerkt. Und wenn ihr (die TeilnehmerInnen) wirklich was mitgenommen habt, freut mich das umso mehr.

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  2. Sehr cooles Ergebnis, grade in der gegebenen Zeit.

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