Rezension: Sunset Overdrive

Ach kommt, ich spar mir dieses ganze Intro. Ihr wisst, dass es eine Rezension ist, also eröffne ich sowieso mit einer Erinnerung an ein altes Spiel und irgendeinem erzählerischen Element, das ich am Ende wieder aufnehme. Dann habe ich voll die schöne Klammer um die Bewertung dieses Spiels gebaut und fühle mich wie ein total sensationeller Schreibefürst. Dazu wirkt das Ganze wie eine schöne Pointe.

Aber das klemmen wir uns dieses Mal. Für Sunset Overdrive pfeiffen wir auf meine selbstkonstruierten Regeln für Rezensionen. Ist doch eh wieder viel zu lang und liest dann doch keiner so richtig und von der Gesamtheit dessen, was die amerikanische Fachpresse geschrieben hat, wird es vermutlich dann doch nicht abweichen. Willkommen im Hauptstrom.


Also, machen wir es kurz und schmerzlos: Sunset Overdrive ist ein gutes Spiel, welches in der Kürze als Fun-Shooter bezeichnet werden kann. Keine ernste präzise Ego-Ansicht, sondern der Blick über die Schulter, den Sunset Overdrive ist ein uneheliches Kind zweier Spiele, die niemals zugeben werden, dass sie sich getroffen haben: Tony Hawk's Skateboarding und Dead Rising (3).

Eine Geschichte gibt es auch: Ein Energy Drink Konzern bringt ein zweifelshaftes Produkt auf den Markt, welches die Konsumenten in ..... irgendwas verwandelt. Zombies sind es nicht, aggressiv und mordlüstern sind sie trotzdem. Der Konzern wirkt aber besser vorbereitet als gedacht, was die eigenen Sicherheitsroboter und die undurchdringbare Barriere rund um die Stadt beweisen. Natürlich tauchen auch noch Plünderer auf, welche die neue Anarchie genießen und dann sind da noch der Spieler und seine Homies.

Anstatt sich durch die Gegner einfach so durch zu schnetzeln, bekommt eben dieser Spieler kuriose Waffen, Hilfen durch umgekochte Energy Drink Rezepturen (Liebe Kinder, kocht bitte bitte nicht eure Beschleunigungsgetränke! Das kann einfach nicht gut gehen!) und da hier das alte Kinderspiel "Der Boden ist Lava" gilt, muss jeder Kampf so stilisch wie möglich ausgetragen werden.
Dafür haben die beiden verliebten bereits erwähnten Titel ihren Zögling bei anderen Titeln in die Lehre geschickt. Assasins Creed, Titanfall und Jet Set Radio sind die drei großen Lehrmeister.

Waghalsige Sprünge und Kombinationen, Wandläufe ohne Ende und Grinden mit glühenden Sportschuhen (oder auch barfuß): Alles war wo anders schonmal da und wurde hier, ähnlich wie in einem Energy Drink, zu einem seltsamen Geschmack zusammen gepanscht. Der wirkt anfangs viel zu süß, macht aber mit rasanter Action knallewach. Aber ebenfalls wie ein Energy Drink, wird der Körper irgendwie matt und müde, wenn mensch über den Durst zu weit trinkt.

- Verdammt, warum ist mir diese Energy-Drink-Analogie nicht am Anfang eingefallen. Die ist perfekt! -

Während Sunset Overdrive nämlich tolle Missionen anbietet, bietet Sunset Overdrive diese Missionen immer wieder an. Mit flotten Sprüchen – die in der deutschen Synchro trotz toller Sprecher total grottig sind – werden die Missionen zwar aufgepeppt, aber die Wiederholungen können auch nicht mit einem zynischen "Du kennst doch die Dreierregel!" aufgewertet werden, wenn da nur mit gesagt werden soll, dass du jetzt trotzdem noch zwei mal genau das Gleiche tun darfst.

Besonders fatal daran ist aber nicht die Wiederholung, sondern dass – Ohne Erweiterungen, die jetzt erst erscheinen werden – Sunset einfach total kurz ist. Gut, zugegeben, es macht auch so viel Spaß, dass mensch es gerne "auf Ex" trinken würde. Trotzdem war bei mir nach Sieben Stunden die gesamte Geschichte abgearbeitet und nach weiteren Vier die restlichen Nebenmissionen auch mit runtergespült. Das ist recht wenig, wenn auch intensiv. Sunset Overdrive hinterlässt mich durstig.

Ich gebe es zu, vielen wird diese Apokalypse auch zu süss sein. Die grellen Farben, der sommerliche Stil mit bunten Graffitis und einem fröhlichen lebhaften Stadtbild, wird nicht jedermenschs Fall sein. Auch die farbenfrohen Feinde und die knalligen Outfits für die Spielfigur treffen garantiert nicht jeden Geschmack, sind aber stimmig im Gesamtkonzept. Das Spiel sagt es an einer Stelle ganz nett selber: "Das ist nicht der Untergang! Mach hierraus die Apokalypse deines Herzens!"

Besonders süsslich schmeckt das Spiel im Multiplayer. Dieser ist mit Chaoskommando, einer Art kooperativer Playlist mit Bosskampf am Ende, schon sehr gut ausgestattet, bietet auch noch schnelle, lohnende Freischaltbarkeiten und macht grundsätzlich erstmal Spaß, ist aber auch ekelhaft übersüsst. Denn wenn über Acht Spieler gleichzeitig mit den intensiven und zum Teil bildschirmfüllenden Effekten der Waffen im Sekundentakt rumballern, verkommt der Bildschirm zu einem Blitzlicht in einer Technodiskothek. In Farbe.
Übersicht und Kontrolle gehen da verloren, was schade ist, weil so selten ein Gefühl von Kooperation aufkommt und viel mehr reinrassige Reizüberflutung.

Also, doch eine klassische Rezension: Intro am Anfang, Kurzerklärung der Spielkategorie, Anriss der Geschichte, Beleuchtung einiger Spielelemente und dann am Ende eine Art Fazit. Bah. Nee. Das ist ein Ende das mich langweilt. Wenn ich schon die übliche Dimension der Rezension sprenge, dann kann ich euch auch noch direkt mehr von meiner Meinung mit geben. Und dabei zeigen, dass ich natürlich doch einen Plan hatte mit meiner direkten Ansprache an euch und das Rezensionsformat.

Das tut Sunset Overdrive nämlich auch. Die Spielfigur und auch die Nebencharaktere scheinen sehr wohl zu wissen, dass sie sich in einem Spiel befinden. Sei es die Nebenquest in der ausgeliehende Questmarker wieder eingesammelt werden müssen oder Hinweise der Spielfigur, dass, "wäre das jetzt ein Videospiel", die neue Waffe irgendwo im Hauptmenü rumliegen müsste. Das soll witzig sein. Ist es auch manchmal. Aber wenn mensch den Eindruck bekommt, dass dies der einzige Witz in diesem Spiel ist, also das es weiß, dass es ein Spiel ist, dann ist das auch irgendwann nicht mehr witzig. Tatsächlich hat bei mir die Pointe nur einmal so richtig gezündet, in der letzten Mission des Spiels, aber aus Spoilergründen werde ich euch das nicht vorwegnehmen.

Wenn ihr nämlich die Chance haben solltet es selbst zu spielen oder ein einem unserer Stream an zu schauen, solltet ihr das dringend tun. Sunset Overdrive ist nämlich ein supergutes Arcade-Spiel und für chaotischen Spaß zwischendurch perfekt. Genau wie ein Energy Drink: Fetzig, wachmachend, viel zu süss und nicht gut für die Zähne.
Was? Nein. Das letzte war Quatsch. Zum Glück ist mir der Vergleich nicht am Anfang eingefallen. Der hinkt ja total. Ach, der Anfang. Und schon haben wir die schöne Klammer in der Rezension, genau wie ich es erwähnt habe. Einfach ein Element wieder aufnehmen und schon fühlt mensch sich wie ein genialer Superdenker. Auch wenn die Methodik sich wiederholt, wie die Witze in Sunset Overdrive.

Kommentare

  1. Sehr witzig zu lesendes Review, aber ich bin strikter Energiedrink-Verweigerer! ;)

    Naja, vielleicht probiere ich ja doch mal einen Schluck wenn ich das nächste Mal bei dir bin. ^^

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    1. Wenn es darum geht das Spiel an zu testen, kann ich auch Hermanns Stream von letzter Woche stark empfehlen. Ist in unserem Streamrückblick auch zu finden.

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    2. Naja ... selber Spielen ist da in meine Augen die bessere Alternative für tests. :)

      Das soll jetzt keine Kritikm an den Streams sein es ist nur was gänzlich anderes jemanden zuzuschauen oder selbst das Pad in der Hand zu haben. ;)

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    3. Das stimmt natürlich, aber ein Stream ist schneller verfügbar. Oder kaufst du dir etwas eine XBoxOne? ;D

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    4. Wenn du mir das Geld dafür schenkst .. ;D

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