Friend in Need #1 - To the Knee

Hallo. Mein Name ist Steward Fin und dies ist meine Geschichte.
Ich war mal ein normaler Bürger wie du, aber dann habe ich einen Pfeil ins Knie bekommen. Nein, war nur Spaß. Ich weiß, den Spruch kann keiner mehr hören. Es war auch kein Pfeil, sondern ein Bumerang. Aber dazu kommen wir später.

Ich war tatsächlich ein ganz normaler Bürger, so normal, dass ich unwichtig war. Wir können uns schon getroffen haben, du hast mich vielleicht schon gesehen, aber du erinnerst dich nicht an mich. Erinnerst du dich an diesen einen ganz durchschnittlichen Typen, mit diesem Allerweltsgesicht und dem genormten Outfit, wie es in jedem Schaufenster der Kaufhäuser auf den Puppen steht? Der, ohne erkennbare Hobbies und Besonderheiten? Nein? Das bin ich. Ist aber nicht schlimm, dass du dich nicht an mich erinnerst. Wir kennen uns ja nicht und du kannst dir ja nicht einfach alle Menschen merken, die du jemals getroffen hast. Wirklich, ich nehme dir das nicht übel.

Als würde ich mich an jeden Kunden erinnern. Es gibt zwar die regelmäßigen Besteller, die Stammkunden, aber eigentlich ist es unmöglich, sich alle zu merken. Manche, mit ganz exotischen Wünschen, merke ich mir an ihrer Bestellung. Kann also sein, dass du für mich die eklige Extragroße mit Gummidrops, Sardellen und Spinat bist. Sorry, echt widerlich. Spinat passt gar nicht dazu. War wieder nur ein Scherz. Vielleicht meine einzige Besonderheit: Ich habe Humor. Möglicherweise hat mir das auch geholfen.

Wobei? Ach ja. Ich war ja gerade dabei zu erzählen, warum ich kein normaler Bürger mehr bin. Wobei, ich bin immer noch normal. Aber mein Leben hat sich halt eines Tages verändert. Am besten, ich fange einfach mal vorne an zu erzählen.

Es war auf jeden Fall ein Tag, der mir sehr ähnlich war. Leicht mit umzugehen, schnell zu vergessen. Ich hatte Frühschicht, was in einer Pizzeria als Fahrer einem Bürotag gleicht. Ich bin zwar immer wieder überrascht, wie viele Menschen in der Stadt auch schon morgens Pizzen und Nudeln bestellen, aber ins Schwitzen kommt man in einer Frühschicht nicht. Daher nutzen wir im Laden die Zeit immer, um Pepe zu helfen. Den Laden putzen, was vom Vortag liegen geblieben ist wegräumen, die Bücher führen, die Autos mal durchchecken. Was halt so anfällt, was immer Pepe so gerade einfällt. Da für ihn das Geschäft am Morgen auch gemütlich läuft, gehört auch manchmal einfach frühstücken oder für Pepe eine Zeitung kaufen gehen zu den Aufgaben.
Ich wette, die Bürohengste und Stuten die morgens ihren Cappuccino und Espresso bei uns kaufen wollen, würden die Arbeit hier im Betrieb als so ein Sabatical, ein Pausenjahr ansehen.

Wie gesagt, eigentlich war es ein Tag zum Vergessen. Ich könnte auch nicht mehr mit Sicherheit sagen, was ich nach der Arbeit gemacht habe, aber das ist auch nicht der spannende Teil dieser Geschichte. Der spannende Teil ist der, wo die Decke meiner Küche einstürzt. Jetzt denkst du vielleicht, ich hätte die Pointe schon vorher verraten, aber: So ist es nicht.

Woran ich mich sehr gut erinnere, ist die Tatsache, dass ich den perfekten Abend für meine Freundin Alexandra vorbereiten wollte. Es ist irgendwie ironisch, dass ich immer italienisch koche, wenn sie zu mir kommen will. Meine Klamotten riechen sogar nach Pizza, wenn ich heim komme, jeden Tag, aber irgendwie bin ich da scheinbar noch nicht übersättigt. So wie Pepe es mir beigebracht hat, ist italienisches Essen aber auch ein totales Angeber-Essen. Alles schön selbst und von Hand gemacht. Kostet viel Zeit, aber für die Angebetete doch immer gerne.

Ich stand also in der Küche und war gerade mit dem Teig fertig, als ich beschloss eine kurze Pause zu machen. "Teig ist wie ein Baby, braucht viel Ruhe.", sagte Pepe immer und da konnte ich mich gut mit identifizieren. Also warf ich den Fernseher an und lümmelte mich auf mein Sofa/Bett. Als Pizzafahrer im Hauptberuf verdient man nicht viel, als genügsamer Mensch braucht man auch nicht viel. Alexandra scherzte immer ein wenig darüber, dass meine Wohnung bestimmt kleiner war, als ihr Zimmer im Studentenwohnheim, aber ich war zufrieden.

Wenn du in meiner Stadt den Fernseher anmachst, ist es immer das selbe. Du findest bei den ansässigen Sendern kein Programm. Es ist immer gerade eine Sondersendung oder Hubschrauberverfolgung, weil irgendeiner gerade wieder ein paar Kriminelle verfolgte. Manchmal gab es auch Evakuierungshinweise für die Stadtteile. Kam ganz darauf an, welche der verschiedenen Heldenligen gerade wen in der Stadt jagte. Spiderman, Iron Man, Lantern und wie sie nicht alle heißen, irgendeiner von denen wird es auch an dem Tag wieder gewesen sein. Ich kann mir die nicht merken. Ich schaffe es ja kaum mir alle Spieler der Knicks zu merken, wie soll ich da auch noch die ganzen Kostümierten drauf ziehen?

Ich weiß noch, dass ich dann irgendwas auf meiner Spielkonsole angemacht habe. Ich war noch in der Onlinespielersuche und da zu diesen Zeiten nur Europäer unterwegs sind, konnte ich aufs Klo gehen. Ich erspare euch die Details, aber als ich da war, krachte es ganz gewaltig. Also, nicht bei mir auf dem Klo. Das wäre dann ja doch recht detailliert gewesen.
Nein, mit meinem tollen Glück, hatte die Partie schon angefangen. Die Explosion aus dem Fernseher erschrak mich schon, so laut hatte ich das Gerät doch gar nicht gemacht, aber ich wusste, dass es nun auch schon nicht mehr lohnte, sich auf dem Klo zu beeilen.

Dann klingelte es an meiner Wohnungstür. Das passiert eigentlich nur, wenn Alexandra kommt und die wäre viel zu früh gewesen.
An der Tür schaute ich durch den Spion und war sehr überrascht.
"Miss Michaels, was verschafft mir die seltene Ehre?"
Miss Michaels sah gar nicht gut aus. Also nicht grundsätzlich, sondern in diesem Moment. Wenn du es genau haben willst, sah Miss Michaels für ihre 80 Jahre nämlich normalerweise noch sehr gut aus. Die harte Stadt hätte sie hart gemacht, behauptet sie dann immer und tatsächlich war sie nicht nur noch sehr fit, sondern sah auch so aus, als würde sie es mit reudigen Taschendieben locker aufnehmen.
"Ah, Steward, gut. Ich hatte schon Sorge, dir wäre was passiert!" Sie war bleich und hatte einen Blick voller Sorge, fuhr mir auch mit einer Hand durchs Gesicht. Sie war ein guter Mensch und in ihrem Herzen war immer noch Platz für mich und daher genoss ich es immer heimlich, wenn sie mir an die Wange fasste. So selten das auch passierte, denn auch wenn der Kontakt zu meinen Nachbarn gut und freundlich war, war er auch sehr rar.
"Ist denn bei dir auch sicher alles in Ordnung, Steward?", fragte sie dann nochmal und ich fragte mich, wie sie überhaupt darauf kam. "Ach. Wegen der Explosion?" und dann lachte ich ein wenig, "Das war nur in meinem Fernseher, Miss Michaels. Es tut mir leid, wenn es sie erschrocken hat."
Doch bei ihr trat keine Erleichterung ein, eher machte sie ein skeptisches Gesicht. Als wäre ich ihr Sohn und hätte gerade versucht zu verheimlichen, dass ich auf dem Klo rauche. "Nur der Fernseher? Bei mir sind ein paar Bilder von der Wand gefallen. Was haben sie denn da für ein Teufelsgerät, das so einen Krach machen kann?"
Ich versprach den Fernseher nicht mehr so laut zu machen und bot ihr an die Bilder wieder auf zu hängen, aber sie meinte, dass das nicht notwendig wäre. Ich solle ihr nur nicht nochmal so Sorgen bereiten.

Die Küche gilt in vielen Geschichten als Mittelpunkt der Familie, da wo sich alle treffen, Und tatsächlich, war es eine Stätte der Begegnung. Nach der Sache an der Tür lohnte es sich nicht mehr weiter zu spielen. Eigentlich wollte ich mich wieder um das Essen kümmern, aber andere Dinge erschienen mir dringlicher. An den Teig wäre ich halt auch gar nicht mehr dran gekommen, denn da lagen ja die ganzen Balken und andere Bauteile des Daches. Meinen dünnen Küchentisch hat es auch komplett zerlegt, wie ich unter dem neuen Dacheinlass im Tageslicht perfekt erkennen konnte. Aber ich hatte einen Ersatz für den Küchentisch bekommen.

Bei dem Versuch zu erkennen, was dort in den Trümmern rumlag, hatte ich keine andere Wahl, als ein paar Schritte rein zu gehen. Ich trat auf etwas Fleischiges. Plötzlich streckte sich ein Arm aus den Trümmern in meine Richtung. Ein Klirren und Scheppern flog durch meine Küche. Ich wollte mich zu Boden werfen, aber wegen der Trümmer erstarrte ich einfach auf der Stelle. Dann brach ich Zusammen. Irgendwas hatte mein Knie zur Seite geschlagen und so stürzte ich in den Schutt.

Das Fleischige in den Trümmern, entgegen meiner Vermutung, war nicht meine vorbereitete Sauce zu den Nudeln, sondern eine Schnittwunde an einem Bein. Nichts, was ich nicht wieder hinbekommen hätte. Ich war damals auch erstaunt, dass das mein erster Gedanke war. Selbst der Fakt, dass an dem Bein ja noch jemand dranhängen musste, kam mir nicht sofort. Aber als er kam, dafür um so heftiger. Da war jemand durch mein Küchendach gestürzt und ich machte mir Sorgen um meine Sauce und ob ich das behandeln kann. Was stimmte mit mir nicht?
Moment mal. Ein Bumerang?

Und das war der Moment, in dem sich mein Leben veränderte.

Ich musste erst ein Foto machen und es bei Google hochladen, aber die Recherche dort und das Emblem auf seiner Brust machten es klar: In meiner Küche lag Batman.

Kommentare

  1. Mega Martin29.2.16

    So hallo,

    ich denke es ist angemessen hier auf dem Blog einen Kommentar zu lassen.

    Als Mensch für den diese kostümierten Heinis schon immer viel zu bedeutungsvoll waren muss ich dir danken. Ich finde die Idee großartig das Hauptaugenmerk auf mehr als den helden zu legen, auf die Stadt, die Bewohner vielleicht den Junkie der aus Verzweiflung ne Tankeüberfällt und dafü von Green Arrow an ne Wand getackert wird, weil er ja das Böse ist!

    Ich weiß noch nicht in welche Richtung diese Kolumne geht, aber wenn du jemals jemanden zum austausch über Comic-Charaktere oder anderes zu dieser Kolumne brauchst, lass es mich wissen.


    Grüße Martin!

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    1. Zu erst mal: Danke für das erste Feedback und das Angebot.

      Eine Kolumne wird das aber nicht, sondern tatsächlich eine zusammenhängende Erzählung. Mehr will ich gerade gar nicht verraten. So, weil wegen Spoiler und so. ;)

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  2. Sehr guter Einstieg. Bin auch gespannt wie es weiter geht und was jetzt mit unserem Helden in Spe passiert.

    Batman hat wohl zu viel Batmetal abgefeiert. :P

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    1. Hätte ich das mit Murmaider einfach schon früher gewusst, wäre es in der Story. :D

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