Prosa-Häppchen: Puzzleteil

Ich puzzle. Ich mache mir ein Bild von dir. Ich hab mir den Randteilen angefangen. Name, Alter, Hobbies, Studiengang, Fachsemester, Beziehungsstatus.... Ich puzzle. Aber habe keine Ahnung aus wie vielen Teile du bestehst. Und weiß deshalb auch nicht, was noch fehlt. Ich suche. Nicht zielgerichtet. Aber hartnäckig. Krame in deiner Erinnerung und deinen Träumen wie in einem Puzzlekarton. Manchmal finde ich einige Puzzleteile, die zusammen passen. Doch ich weiß nicht, wo sie im Gesamtbild hingehören. Sie bleiben Fragmente, die ich im und um den Rahmen herum verteile. Ich puzzle.

Da drückst du mir ein schwarzes Puzzlestück in die Hand. Die Ecken sind abgestoßen, ein Zacken fehlt. Es schluckt alles Licht. "Das muss dahin", sagst du und zeigst auf die Mitte des Puzzles. "Da wo mein Herz ist." Ich nehme dir das Puzzleteil aus der Hand. Es liegt tonnenschwer in meiner Hand. Und dennoch ist es dünn und wirkt zerbrechlich. Ich streiche vorsichtig mit dem Finger darüber. Es fühlt sich rau an und doch weich. Beides zugleich. Ich drehe dein Puzzlestück um. Da leuchten mir unzählige Farben entgegen: Zimtbraun, Nachtblau, Rauchgrau, Rasengrün, Ocer, Taschentuchweiß, Bergrau, Sonnenuntergangsrotorangerosé, Kaffebraun, Waldgrün, Blutrot....
"Ja. Das ist dein Herz", sage ich.
 

Ob unterwegs auf dem Weg zur Arbeit, in der Raucherpause oder auf dem Klo. Unsere Häppchen sind kurze Texte für den kleinen Lese-Hunger zwischendurch - quasi das fast food unter unseren Blogtexten.

Kommentare

  1. Anonym4.9.17

    Wunderschöne Erzählung,sie wird sicher für jemanden bestimmt sein, möchte trotzallem nicht unkommentiert ihren Blog verlassen, denn irgendwie erinnern mich diese Prosa-Häppchen an die ' to do' Liste- mit dem Text von dem 'großen Ganzen',aber auch an das Rasterding, hier wird nun ein Puzzle erstellt, Puzzle-Hype wird zum Trend der Mental Trainingspiele, kleine Puzzlestücke zusammenfügen,um ein grosses Ganzes zu erreichen, manche Menschen arbeiten nach einem ganz bestimmten Schema, greifen den Mittelteil nicht an, wieder andere Menschen faszinieren verschieden, leuchtende Farben oder beginnen mit dem Rand am Rahmen? Wie ein Mensch ein Puzzle legt, daran könnte man sogar den Charakter erkennen,auch wieder alles durch gewisse Statistiken erforscht, liest sich nachher wie ein Krimi,so spannend. Führungskraefte erstellen meistens das Grundgerüst zuerst, empfehlenswert sei es, die Bildseite nach vorne legen, jedes Puzzle hat zwei Seiten, und immer nur eine farbenfrohe davon, denn einzelne Puzzle Fragmente führen letztendlich zu einem gesamten Kunstwerk. Wenn ich zum Puzzle greife,muss mir das Motiv zunaechst einmal gefallen, für dienstliche Zwecke ,aber auch für Forschungen an Menschen wäre ich somit schon einmal ungeeignet, gefällt mir das Motiv, steigert automatisch die Motivation, ich beginne immer mit dem Bild nach oben und nehme es anschliessend auch nicht wieder auseinander, übrigens, mit Wildlife sind 33600 Teile der Rekord und auf der Spielmesse in Hannover? praesentiert man den Prototup für Disneypuzzle mit 40000 Teile ab Herbst.Ich wünsche noch viel Spass, ich denke mir, sie sind Profi im Puzzeln,Frdl. Gruesse A1

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    1. Ich freue mich, dass ein so kurzer Text soviele Assoziationen wecken kann. Für mich auch eine Bestätigunbg für unser "Häppchen"-Format. Ich stimme Ihnen zu - das Motiv hat Einfluss auf die Motivation. Wenn man allerdings einem neuem Menschen begegnet, kennt man das Motiv ja noch nicht. Diesen Menschen/ das Motiv muss man dann erstmal, Stück für Stück, kennenlernen.

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  2. Anonym7.9.17

    Letzter Kommentar bitte unter Anonym versenden, habe leider unter Namen und Google versendet, waere nett, wenn sie das korrigieren koennten, dabke!

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  3. Anonym7.9.17

    Versuch Nr.2, wie schon sooft Kommentar durch falsche Eingabe meinerseits, nicht mehr auffindbar, ich schrieb, dass ich es lustig finde, genau umgekehrt zu empfinden, dass für mich ihre Texte, wenn es auch um kurze Texte dabei geht, soviel Lesestoff beinhaltet,dass mich die kurze Resonanz immer wieder auf's Neue wundert,ich persönlich habe immer das Gefühl,dass der Verfasser dabei zu kurz kommt,und meistens die Texte durch 1 oder 2 Saetze relativiert werden, sowie für die Artisten im Theater der Applaus, so dem Schreiber seinen angemessemen Kommentar,wäre in all dem Texten nicht soviel Inhalt,würden auch nicht die vielen Assoziatiinen geweckt,Freundliche Grüsse, A 1

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  4. Ich hab es dir persönlich bereits gesagt. Ich finde diesen Text ganz fantastisch

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