Reboot

Außen:

Schwarz. Weiß.

Mehr Schwarz. Und verschwommen. Es klebt.

Das Weiß wird mehr. Das Schwarz kommt aber immer wieder.

Das Kleben geht weg.

Zu hell. Brennt. Das Kleben wird Brennen.

Schwarz. Ruhe. Weiß. Brennen.

"Herr Nightwind?"

"J...Ja?"

"Ah, sie kommen zu sich."

Wovon?
Schwarz. Weiß. Weiß bleibt. Weiß brennt.

Innen:

Schwarz. Schwarz brennt. Schwarz bleibt.

Fragen. Fragen brennen. Fragen bleiben.

Fragen sind Schwarz.

Außen. Außen ist gucken. Außen ist Augen.

"Herr Nightwind? Halten sie kurz still. Das wird ihnen helfen. Und picksen wird es auch."

Lachen. Schmerz. Wut. Angst. Kurze Hölle. Kurz. Sekunden. Sekunden sind kurz. Schmerz bringt mich zum Lachen?

Alles wird schneller. Weiß bleibt.

"Herr Doktor? Die Synchronisationstablette wirkt. Der Blick klart auf."

"Schwester, sie sollen doch zu und nicht über den Patienten sprechen. Entschuldigen sie, Herr Nightwind. Das ist auch für uns alles etwas neu."

Ich fühle mich in meinen Körper ein und auch mein Sprachschatz kehrt zurück, wie ich an der komplexen Satzstruktur dieser meiner Gedanken merke. Das verbinden von Informationen fällt mir wieder leichter, das körperliche Multitasking funktioniert wieder. Auge, Ohr und auch Finger sind gleichzeitig und gleichmäßig nutzbar. Ich bin bereit für die Rückkehr in die Realität.

"Sie sind aktiv, Herr Nightwind. Genau wie vorhergesagt. Erstaunlich. Die Motorik ist schneller zurück als erwartet. Erfreulich."

Jay: "Wo bin ich hier?"

"Eine sehr gute Frage, Herr Nightwind. Sie befinden sich im Delorean Institut. Klingelt da was?"

Jay: "Der Delorean ist das zeitreisende Auto bei "Zurück in die Zukunft", aber kann es  kann kaum etwas  damit zu tun haben, oder...."- weißer Kittel, steriles Umfeld- "...Doc?"

Doc: "Sehr richtig und sehr falsch. Es ist das Auto und es kann sehr wohl etwas damit zu tun haben."

Ich sondiere den Raum. Bis auf die Abwesenheit von Fenstern sieht es eigentlich aus wie ein Krankenhauszimmer. Ich selbst sitze allerdings in einer Art Zahnarztstuhl.

"Erkennen sie etwas in diesem Raum wieder?"

Jay: "Nein. Nichts."

"Wie vorhergesagt. Hervorragend!"

"Bevor ich ihre Fragen beantworten kann, muss ich ihnen ein paar Fragen stellen."

Jay: "Nur zu, Doc. Ich bin eh noch nicht ganz da."

Doc: "Können sie sich erinnern, was vor ein paar Tagen passiert ist?"

Jay: "Keine Ahnung. Ich fühle mich ehrlich gesagt, als wäre ich gerade zum ersten Mal aufgestanden."

Doc: "Trotzdem haben sie auf ihren Namen reagiert und erkennen Filmtitel."

Jay. "Das ist wahr."

Doc: "Können sie mir sagen wo sie wohnen?"

Jay: "Nein."

Der Doc dreht einen Monitor zu mir, darauf ist ein riesiger Kartenausschnitt zu sehen.

Doc: "Könnten sie den Ort auf dieser Karte finden?"
Ich deute immer wieder auf die Stelle, an der er die Karte vergössern soll, bis ich mit dem Finger auf mein Wohnhaus drücke.

Jay: "Witzig. Bei diesem Satellitenbild steht sogar das Auto meiner Freundin vor der Tür."

Doc: "Ausgezeichnet! Sie erkennen das Auto ihrer Freundin. Wir können viele Tests auslassen."

Der Doc notiert kurz etwas.

Doc: "Nun, von mir aus können sie jetzt Fragen stellen."

Jay: "Okay. Warum bin ich hier? Was ist passiert? Und wer sind sie überhaupt?"

Doc: "Okay. Zum Warum: Wir haben sie gerettet, oder es zumindest versucht. Es wird sich noch herausstellen müssen, aber ich habe da ein gutes Gefühl. Was passiert ist, wissen wir auch nicht all zu genau. Wir wurden nur alamiert und haben direkt übernommen."

Jay: "Was waren denn die Symptome, dass ausgerechnet sie gerufen wurden?"

Doc: "Stellen sie sich einmal ein Lagerhaus vor. Kein außergewöhnliches, das einfach gebaut ist, allerdings sind die Gegenstände im Inneren äußerst komplex sortiert."

Ich nicke, denn ich verstehe soweit. Nur was der Vergleich mit mir zu tun haben wird, das verstehe ich nicht.

Doc: "Und jetzt stellen sie sich mal den unwahrscheinlichen Fall vor, dass gleichzeitig sowohl ein schweres Erdbeben als auch ein Sturm mit sehr viel Regen das Lagerhaus erreichen. Was würde wohl passieren?"

Jay: "War ich in dem Lagerhaus?"

Der Doc lacht ganz kurz, aber nicht amüsiert, sondern eher erstaunt.

Doc: "Oh nein. Sie sind das Lagerhaus! Wir wissen zwar nicht was genau passiert ist, aber wir haben das Lagerhaus wieder aufgeräumt."

Schwarz. Schwarz sind Fragen. Schwarz ist Ruhe. Weiß brennt.

Jay: "Und wer, hatten sie gesagt, sind sie?"

Doc: "Ich darf ihnen nicht meinen wirklich Namen nennen, Anweisung vom Chef."- er deutet auf ein Foto im Bilderrahmen über der Tür -"Aber sie können mich Fredibert Zeithuber nennen."

Unterbewusst staunend sage ich zeitgleich mit dem Arzt:

"So ähnlich wie der ehemalige Eishockeyspieler!"

Das Foto des "Chefs" erstaunt mich aber doch sehr, denn ich kenne diesen älteren Herren.

Jay: "Warum bin ich ihr Chef? Und von wann ist dieses Foto?"

Zeithuber: "Ausgezeichnete Fragen. Das wann kann ich ihnen nicht genau beantworten, aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass es erst noch geschossen wird. Und sie sind mein Chef, weil sie das Delorean Institut gründen werden."

Ich sitze im Zahnarztstuhl und stehe einmal kurz auf, nur um mich setzen zu können.

Zeithuber: "Bevor uns ihr Lagerhaus wieder durcheinander gerät, lassen sie mich das Ganze erklären."
Delorean. Ich kann doch nicht, etwa?

Zeithuber: "Sehen sie, es ist so: Ich kann ihnen keine genauen Zahlen nennen, aber sie werden in der Zukunft das Delorean Institut gegründent haben. Hmpf. Ich setze in der Vergangenheitsform fort. Über vergangene Zukunft zu reden ist ja schrecklich. Also, wo war ich? Ach ja: Zeitreisen haben sie immer begeistert und das Bedürfnis Fehler in ihrer eigenen Vergangenheit zu korrigieren hat sie da zu gebracht ihr Vermögen in dieses Institut zu stecken. Ich kann es ihnen leider nicht ganz erzählen. Also lange zukünftige Geschichte kurz: Wir haben es geschafft."

Delorean. Ich kann doch?

Jay: "Bin ich ein Zeitreisender?"

Zeithuber: "Noch nicht."

Jay: "Was hat das mit heute zu tun?"

Zeithuber: "Es ist so: Sie sind quasi abgestürzt oder eingefroren, wenn man so will, und genau für diesen Fall werden wir ein System in der Zukunft entwerfen. Es erlaubt ein Back-up oder auch eine Sicherheitskopie eines Menschen zu erstellen."

Jay: "Bin ich ein Klon?"

Zeithuber: "Nein, nein. Es ist nicht eine Kopie ihres Körpers. Das wäre zu gefährlich. Es ist eine Kopie ihres Persönlichkeits- oder Erinnerungsprofils. Sie würden vermutlich Seele sagen."

Schwarz. Ruhe. Brennen. Antworten brennen.

Jay: "Das heißt, sie sind dafür zuständig abgestürzte Menschen wieder in Ordnung zu bringen, damit sie wieder funktionieren? Sie spielen die Sicherheitskopien wieder auf und dann ist alles wieder in Ordnung?"

Zeithuber: "Quasi. Man muss sie erst formatieren und fragmentieren, aber dann kann man die Sicherheitskopie aufspielen."

Jay: "Wenn so etwas möglich ist, warum laufen denn da draußen noch so viele arme kaputte Menschen rum?"

Aber in dem Moment wird es mir bewußt. Es ist, als hätte man es mir in der Zukunft erklärt.

Jay: "Wenn wir jetzt anfangen würden alle zu reparieren, dann wird die Zeitmaschine niemals erfunden?"

Zeithuber nickt: "So ähnlich ist es."

Jay: "Aber wie speichern sie die Back-Ups und wie spielen sie die dann wieder auf?"

Zeithuber: "Wenn ich mich recht entsinne, dann stand in ihrem Tätigkeitenprotokoll, dass sie "Inception" gesehen haben?"

Jay: "Ja, erst vor kurzem."

Zeithuber: "Es ist ganz ähnlich wie dort."

Jay: "Kann ich dieses Protokoll mal sehen?"

Zeithuber: "Nein. Sie müssen es sich schon selbst ausdrucken. Und jetzt muss ich sie auch bitten zu gehen, sonst bekomme ich Ärger mit dem Chef."

Jay: "Aber das bin doch..."

Aber Zeithuber schubst mich durch die Tür, schließt diese sofort und ich falle.

Ich stehe nicht auf, sondern bleibe im Regen liegen. Mich ausdrucken. Ein in meiner Seele verborgenes Protokoll. Wie soll das denn gehen?

Aber die Antwort ist leicht. Immer wenn ich mich in der Vergangenheit ausdrucken wollte, habe ich Texte geschrieben. Also muss ich vielleicht nur einen Text über meinen "Reboot" schreiben und bekomme dann die Antworten.

Reboot. Guter Titel.