Kommentar: Ich bin ein scheiß Sexist!
So oder so ähnlich klang es jedenfalls vor einer Weile in
meinem Kopf nachdem ich auf zwei Dates als solcher beschimpft wurde. Dann war
es an mir abzuwägen, wieviel da wirklich dran ist und es beschäftigt mich
zuweilen immer noch.
Kurz zum allgemeinen Verständnis: Ich bin halber Brite und
pflege gewisse Höflichkeiten, die ich erlernt habe. Ich halte Menschen die Tür
auf – auch Frauen. Wenn ich eine Frau zu einem Date einlade, dann gehe ich
davon aus, dass ich zahle, weil ich sie eingeladen habe. Nicht bei einem
Kennlern-Kaffee oder so, sondern ein klassisches erstes gemeinsames Abendessen
im Restaurant. Nicht, weil ich nicht glaube, dass eine Frau nicht genug Geld
hätte ihr Essen zu bezahlen (so der harsche Vorwurf inkl. Standpauke, den ich
mir eingefangen hatte), sondern weil ich es als nette Geste sah. Ebenso das Tür
aufhalten. Für mich hat das nichts damit zu tun, dass eine Frau nicht stark
genug dafür wäre oder Hilfe benötige. Ich finde das ist nett. Wenn eine Frau
mir die Tür aufmacht bedanke ich mich freundlich bei ihr und denke kein Stück
darüber nach, ob ich gerade an Männlichkeit verloren hätte.
Aber bin ich denn jetzt dadurch sexistisch? Ich hörte diesbezüglich
den schönen Spruch „meine Freiheit hört da auf, wo die eines anderen anfängt“.
Wenn dem wirklich so wäre, dann dürfte niemand mehr eine eigene Meinung haben.
Oder gar irgendwas tun – weder Fleisch essen noch Strom verbrauchen, denn
irgendwem tritt man immer auf den Schlips. Und war dieser Spruch jetzt
eigentlich schon wieder sexistisch, weil Schlipse vorwiegend von Männern
getragen werden? Immerhin wurde ich auch angegriffen, weil ich das Wort „herrlich“
benutzt habe im Kontext zu meinem Essen.
Wo wir gerade bei schlechtem Humor sind: ich lache auch über
frauenfeindliche Witze (bis zu einem gewissen Grad). Ich lache auch über Witze
über Behinderte (frei nach Chris Tall: für die Gleichberechtigung). Und übelst
derb lache ich über Witze, die uns Männer diskriminieren und Unfähigkeit
bescheinigen. Bin ich jetzt noch sexistisch oder schon rassistisch oder gar
masochistisch?
Dieses Thema beschäftigt mich so sehr, dass ich mich sogar
über die Nachbarskinder aufgeregt habe. Da hat ein Junge einen Ball mit gefühlt
80km/h ins Gesicht getreten bekommen und fängt an zu weinen. Der Bengel war
vielleicht 7 oder 8…ja und? Das tut weh! Ich habe als Kind oft geweint. Und
dann sagt ein anderer Junge: „Was ist denn mit dir? Du heulst ja wie ein Mädchen!“.
Freundchen…ich habe Männer heulen gesehen wie Schlosshunde, wenn ihnen was Schlimmes
im Leben passiert ist und wahrscheinlich liegt dir das auch noch bevor. Das ist
doch vollkommen in Ordnung!
Aber was mache ich Sexist denn nun bei meinen Dates richtig
und was falsch? Ich versuche stets charmant zu sein. Aber ich bin eben auch
jemand der verbal auf Tuchfühlung geht. Mit wem ich es da zu tun habe möchte
ich schon wissen. Also müssen Grenzen abgesteckt werden. Und wie das nun mal
beim Flirten so ist, kann es auch mal anzüglich werden. Nennen wir es knisternd
oder prickelnd – ohne dabei gleich frontal die Sex-Tür einzutreten. Man(n)
möchte wissen wie pikiert, prüde, offen, freizügig oder gar polyamor das Date
ist. Doch wo sind die Grenzen? Was sind die NO-GOs? Rein von mir aus würde ich
nie jemanden wegen seiner religiösen Haltung oder sexuellen Vorlieben
verurteilen. Und wenn das mal so geklungen hat, dann tut mir das Leid. Aber was
geht nun mal gar nicht? Reduzieren auf körperliche Merkmale? Der Spruch „rotes Dach, feuchter Keller“ wurde mir von diversen Redheads lachend entgegen
genommen und ich wurde dafür nicht verurteilt.
Wie wird das mal im Bett sein? Wenn ich der Dame einen
festen Klaps auf den Po gebe – bin ich dann sexistisch? Auch wenn sie total
darauf abfährt? Denunzieren wir damit dann andere Personen, die dies als
frauenverachtend empfinden? Muss meine Partnerin jetzt ein schlechtes Gewissen
haben, weil sie sich nicht als gleichwertige Frau darstellt, die mir jenes
Handeln untersagt oder zumindest mir auch einen Klaps gibt?
Auf der Leinwand lieben alle James Bond - in Realität ist
der Kerl auch nur ein dummes, sexistisches Macho-Schwein.
Wie sieht das mit fleischessenden, She-Males im
Pony-Pet-Play mit Kommunistenstern-Brandzeichen auf der Arschbacke aus? Wessen
Rechte oder Gefühle oder Ansichten verletzen die bitte alles? Gehört sowas
nicht verboten?
Ihr merkt…es sind einige kritische und einige stark
überspitzte Fragen dabei. Einige gehen vielleicht zu weit, andere nicht. Kurz
zur Beantwortung der Frage der Dates: Beide Dates waren entsprechend das erste
und das letzte Date mit den Damen und mir. Ich wünsche den Beiden dennoch alles
Gute bei der Partnersuche.
Und was mache ich jetzt mit den ganzen Fragen in meinem
Kopf? Ich lasse sie hier und da rotieren und hinterfrage mich selbst.
Nichtsdestotrotz möchte ich „ich selbst“ sein und mich nicht krampfhaft
verbiegen, um es anderen Recht zu machen. Wenn ich mit Kleinigkeiten dies tun
kann – warum nicht? Ansonsten behalte ich meinen leicht zweideutigen,
wortgewandten, rauen Charme. Sollte eine Frau sich dadurch diskriminiert fühlen,
dann können wir vernünftig darüber reden. Sie kann auch an ihrer Selbstliebe arbeiten
oder lernen zu differenzieren. Gern darf sie mir auch in die Jacke helfen und
mir dann verbal versichern, dass sie sich nicht herabgesetzt fühlt, weil sie mir
gerade bei einer niederen Aufgabe / Kleinigkeit zur Hand gegangen ist.
Man(n) und Frau(!) verzeih mir meine spitzzüngige Ausdrucksweise
in diesem Artikel. Ich hoffe ich kann gut zwischen Flirt, Sexismus und
sexueller Belästigung unterscheiden und lande besser in einem guten Resonanzfeld
mit meinen Gesprächspartnern/innen als sich hier vielleicht herauslesen mag.
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