Kommentar: Medienflucht
Immer wenn ich die Fernsehnachrichten
schaue, bin ich danach ratlos oder wütend. Mal ganz davon abgesehen,
dass nicht differenziert wird zwischen Terroristen, Rebellengruppen
und Freiheitskämpfern, mal ganz davon abgesehen, dass Fünf Minuten lang
über linksextreme Gewalttaten berichtet wird, während Angriffe der
Rechtsextremen auf Flüchtlinge höchstens erwähnt werden, verstehe
ich eins nicht:
Ich verstehe nicht, was die von vielen
geforderte Höchstgrenze für Flüchtlinge bringen soll.
Das Recht auf Asyl ist ein
Menschenrecht. Es bedarf der Einzelfallprüfung und hört nicht nach
einer bestimmten Anzahl auf zu wirken. Recht ist Recht. Oder wie war
das mit den europäischen Werten? Wie war das mit den
Menschenrechten? Man kann Grenzen bewachen. Man kann Zäune
hochziehen. Man kann Mauern bauen. Man kann einen Todesstreifen vor
die Mauer setzen. Aber Menschen aufhalten? Menschen, die alles
verloren haben, was ihnen wichtig ist, ihr Haus, ihre Heimat, ihr
Leben, Menschen deren Angehörige verletzt oder getötet wurden, kann
man nicht aufhalten.
Auch nach dem Mauerbau 1961 in der DDR
flüchteten viele DDR-Bürger in die BRD. Diese Mauer hatte einen
Todesstreifen. Alle 320 Meter gab es einen bewaffneten Grenzposten,
bei Nacht waren es mehr. Trotzdem sind die Menschen geflohen.
Verzweifelte Menschen lassen sich nicht abschrecken oder aufhalten.
Und wer kann es ihnen verübeln?
„Ja, aber das waren ja Deutsche!“
Ich kann es nicht mehr hören. Ich bin diese Doppelmoral so sehr
leid. Wieso ist ein europäisches Menschenleben, ein europäisches
Schicksal mehr wert?
Was wäre denn, wenn der IS sich morgen
in Deutschland breit macht? Oder die Taliban oder Al-Qaida oder der
NSU oder sonst wer. Nur mal angenommen, sie übernehmen die Macht und
auf einmal werden unsere Häuser von westlichen Anti-Terror-Allianzen
zerbombt, weil wir Zivilisten dann halt Kollateralschäden wären.
Würden wir nicht versuchen, wieder ein Dach über den Kopf zu
bekommen? Würden wir nicht dahin fliehen wollen, wo keine Bomben
fallen? Wo nicht geschossen wird? Würden wir nicht vor der Gewalt
fliehen und auf Verständnis und Hilfe hoffen?
Ich würde.
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