Reigns - The Game
oder: Ich tinder mir mein Königreich!
Ich kann mit Mobile Games echt nix anfangen! Oftmals fehlt mir die Komplexität, die Spielprinzipien sagen mir meist nicht zu, es gibt zu viel Ramsch auf den Marktplätzen und vor allem zieht es mir zu schnell den Akku leer.
In der Regel mache ich also einen großen Bogen um die endlosen Endless Runner, Candy Crush Klone, Free2Play-Games oder andere Highscore-Jagden.
Doch dann bin ich auf Reigns gestoßen. Ein kleines Spielchen, in dem ich als König mein eigenes Königreich im Mittelalter regiere, indem ich Entscheidungen einfach durch einen Wisch nach links oder rechts treffe.
Achten müsst ich dabei auf vier Parameter: Die Laune der Kirche, der Bevölkerung, meiner Streitkräfte und meine Finanzen. Jede Entscheidung beeinflusst dabei einen dieser Parameter. Ein kleines Beispiel: Ein benachbartes Königreich steht an meiner Grenze. Ich kann nun entweder meine Armee zur Verteidigung schicken oder es ignorieren. Erste Variante senkt die Laune meiner Armee, zweitere die Laune der Bevölkerung.
Oder der Pastor bittet mich, eine neue Kirche zu bauen. Stimme ich dem zu, verliere ich Geld, aber die Kirche mag mich, lehne ich ab, steigt mein Kontostand, doch mein Ansehen bei den Gottesanhängern schwindet.
So wird jede Entscheidung des Spiels getroffen, bis einer der Parameter entweder bei Null landet oder die Obergrenze erreicht. Je nachdem werde ich dann hingerichtet, setze mich ins Exil ab, ersticke an meinem Reichtum oder habe eine Demokratie errichtet, die meine Dienste als König nicht mehr benötigt. Je nachdem, welche Entscheidungen ich treffe, wie lange ich lebe, was in Zeiten meiner Regentschaft passiert, werden Errungenschaften freigeschaltet und damit neue Karten und Szenarien, die wieder neue Entscheidungen und Geschehnisse ermöglichen, neue Charaktere in mein Königreich holen oder Gefahren entstehen lassen. Mein Sohn will mich hintergehen, der Teufel einen Pakt mit mir schließen, ein unterirdisches Labyrinth voller Skelette und Fallen will erforscht werden... die simple Spielmechanik bietet also eine Unmenge an Möglichkeiten wie ein enorm dickes „Choose your own Adventure“-Buch.
Und das hat mich süchtig gemacht. Ich wollte immer wieder eine neue Regentschaft antreten, meine Entscheidungen entweder wohl überlegen oder einfach mal munter drauf loswischen, um zu schauen, was so passiert. Das zeigt mir zwar einerseits, dass ich mit Sicherheit kein besonders guter König gewesen wäre, aber wen stört das schon? Es ist kurzweilig, es macht Spaß, es ist für die Dauer, ich ich ins Spiel gesteckt habe, mit etwas mehr als 3€ echt günstig und ich kann mich nur schwer davon lösen. Klar, manche Errungenschaften sind sehr kryptisch und ohne einen Guide nicht zu lösen, doch trotzdem kann ich nur eine große Empfehlung aussprechen.
Die größte Faszination lag aber doch woanders.
Das Prinzip, an sich komplexe politische Prozesse auf ein simples Ja oder Nein zu reduzieren und sofort eine Konsequenz zu sehen, zeigt eine wunderbare Parallele zur aktuellen politischen Situation auf. Auch heute versuchen populistische Parteien und Politiker, komplexe Probleme mit einfachen Antworten zu verkaufen. Sollen wir die Grenzen schließen, um die Kriminalität zu senken? Ja? Nein? Wisch links, wisch rechts! Müssen wir Kopftücher verbieten, um Terror einzugrenzen? Wisch nach rechts, ja verdammt! Wollen wir in den Sklavenhandel investieren, um langfristig in Geld zu schwimmen? Wisch rechts, aber sowas von!
Mit einem kleinen Update auf aktuelle Situationen wäre Reigns also der perfekte AfD- oder Trump-Simulator. Und schon wird diese simple Spielerei ziemlich erschreckend. Denn wenn ich einmal darauf fixiert bin, nur noch meine Parameter einzupendeln, war es das mit meinen moralischen Instanzen. Dann geht es nur noch um den eigenen Erfolg, die eigene Position im Königreich. Und es wird erschreckend deutlich, wie Populismus heutzutage funktioniert. Simple Antworten auf politische Prozesse, die der normalen Bevölkerung so nicht klar sind. Und zieht man sich den Unmut der einen Seite zu, wird später an anderer Stelle zurückgerudert, um die Wogen zu glätten, die Parameter also wieder in Balance gebracht.
Entscheidungen und Aussagen fußen nicht nur auf der eigenen Überzeugung, sondern vor allem auf dem Kalkül, die eigene Position sicher zu halten. Und das ist tatsächlich ein Vorwurf, den sich nicht nur die Populisten in der heutigen Zeit gefallen lassen müssen. Relativierung in politischen Prozessen stehen an der Tagesordnung, kalkulierte Aussagen, um am rechten Rand Wähler zu fischen, tauchen mittlerweile in jeder der großen Parteien auf. Das Ganze ist natürlich vereinfacht dargestellt und auch die geäußerte Kritik an heutigen Prozessen ist bei weitem nicht tiefgehend genug, sondern selbst zu einem gewissen Grad polemisch. Aber das darf es auch mal sein! Und Reigns ist dafür eine wundervolle, spielerische Parabel. Schön ist übrigens zu sehen, dass egal, wie kalkuliert man vorgeht, immer ein Ende und damit ein Neuanfang steht. Ob so ein „Happy End“ auch bei uns ansteht... wisch rechts für Ja, wisch links für nein...
Ich kann mit Mobile Games echt nix anfangen! Oftmals fehlt mir die Komplexität, die Spielprinzipien sagen mir meist nicht zu, es gibt zu viel Ramsch auf den Marktplätzen und vor allem zieht es mir zu schnell den Akku leer.
In der Regel mache ich also einen großen Bogen um die endlosen Endless Runner, Candy Crush Klone, Free2Play-Games oder andere Highscore-Jagden.
Doch dann bin ich auf Reigns gestoßen. Ein kleines Spielchen, in dem ich als König mein eigenes Königreich im Mittelalter regiere, indem ich Entscheidungen einfach durch einen Wisch nach links oder rechts treffe.
Achten müsst ich dabei auf vier Parameter: Die Laune der Kirche, der Bevölkerung, meiner Streitkräfte und meine Finanzen. Jede Entscheidung beeinflusst dabei einen dieser Parameter. Ein kleines Beispiel: Ein benachbartes Königreich steht an meiner Grenze. Ich kann nun entweder meine Armee zur Verteidigung schicken oder es ignorieren. Erste Variante senkt die Laune meiner Armee, zweitere die Laune der Bevölkerung.
Oder der Pastor bittet mich, eine neue Kirche zu bauen. Stimme ich dem zu, verliere ich Geld, aber die Kirche mag mich, lehne ich ab, steigt mein Kontostand, doch mein Ansehen bei den Gottesanhängern schwindet.
So wird jede Entscheidung des Spiels getroffen, bis einer der Parameter entweder bei Null landet oder die Obergrenze erreicht. Je nachdem werde ich dann hingerichtet, setze mich ins Exil ab, ersticke an meinem Reichtum oder habe eine Demokratie errichtet, die meine Dienste als König nicht mehr benötigt. Je nachdem, welche Entscheidungen ich treffe, wie lange ich lebe, was in Zeiten meiner Regentschaft passiert, werden Errungenschaften freigeschaltet und damit neue Karten und Szenarien, die wieder neue Entscheidungen und Geschehnisse ermöglichen, neue Charaktere in mein Königreich holen oder Gefahren entstehen lassen. Mein Sohn will mich hintergehen, der Teufel einen Pakt mit mir schließen, ein unterirdisches Labyrinth voller Skelette und Fallen will erforscht werden... die simple Spielmechanik bietet also eine Unmenge an Möglichkeiten wie ein enorm dickes „Choose your own Adventure“-Buch.
Und das hat mich süchtig gemacht. Ich wollte immer wieder eine neue Regentschaft antreten, meine Entscheidungen entweder wohl überlegen oder einfach mal munter drauf loswischen, um zu schauen, was so passiert. Das zeigt mir zwar einerseits, dass ich mit Sicherheit kein besonders guter König gewesen wäre, aber wen stört das schon? Es ist kurzweilig, es macht Spaß, es ist für die Dauer, ich ich ins Spiel gesteckt habe, mit etwas mehr als 3€ echt günstig und ich kann mich nur schwer davon lösen. Klar, manche Errungenschaften sind sehr kryptisch und ohne einen Guide nicht zu lösen, doch trotzdem kann ich nur eine große Empfehlung aussprechen.
Die größte Faszination lag aber doch woanders.
Das Prinzip, an sich komplexe politische Prozesse auf ein simples Ja oder Nein zu reduzieren und sofort eine Konsequenz zu sehen, zeigt eine wunderbare Parallele zur aktuellen politischen Situation auf. Auch heute versuchen populistische Parteien und Politiker, komplexe Probleme mit einfachen Antworten zu verkaufen. Sollen wir die Grenzen schließen, um die Kriminalität zu senken? Ja? Nein? Wisch links, wisch rechts! Müssen wir Kopftücher verbieten, um Terror einzugrenzen? Wisch nach rechts, ja verdammt! Wollen wir in den Sklavenhandel investieren, um langfristig in Geld zu schwimmen? Wisch rechts, aber sowas von!
Mit einem kleinen Update auf aktuelle Situationen wäre Reigns also der perfekte AfD- oder Trump-Simulator. Und schon wird diese simple Spielerei ziemlich erschreckend. Denn wenn ich einmal darauf fixiert bin, nur noch meine Parameter einzupendeln, war es das mit meinen moralischen Instanzen. Dann geht es nur noch um den eigenen Erfolg, die eigene Position im Königreich. Und es wird erschreckend deutlich, wie Populismus heutzutage funktioniert. Simple Antworten auf politische Prozesse, die der normalen Bevölkerung so nicht klar sind. Und zieht man sich den Unmut der einen Seite zu, wird später an anderer Stelle zurückgerudert, um die Wogen zu glätten, die Parameter also wieder in Balance gebracht.
Entscheidungen und Aussagen fußen nicht nur auf der eigenen Überzeugung, sondern vor allem auf dem Kalkül, die eigene Position sicher zu halten. Und das ist tatsächlich ein Vorwurf, den sich nicht nur die Populisten in der heutigen Zeit gefallen lassen müssen. Relativierung in politischen Prozessen stehen an der Tagesordnung, kalkulierte Aussagen, um am rechten Rand Wähler zu fischen, tauchen mittlerweile in jeder der großen Parteien auf. Das Ganze ist natürlich vereinfacht dargestellt und auch die geäußerte Kritik an heutigen Prozessen ist bei weitem nicht tiefgehend genug, sondern selbst zu einem gewissen Grad polemisch. Aber das darf es auch mal sein! Und Reigns ist dafür eine wundervolle, spielerische Parabel. Schön ist übrigens zu sehen, dass egal, wie kalkuliert man vorgeht, immer ein Ende und damit ein Neuanfang steht. Ob so ein „Happy End“ auch bei uns ansteht... wisch rechts für Ja, wisch links für nein...
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