Ziele, Systeme und Pfeile

Jahresanfang, wirklich der perfekte Moment um über Ziele und Zukunft zu reden. Das ganze Jahr steht vor einem, manche machen sich gute Vorsätze, andere brüllen sich selbst in die Seele "Alles wird anders dieses mal!". Gleichzeitig schreien auch die ganzen Inspirations-, Fitness-, Selbstoptimierungs- und andere Bubbles, dass Ziele super wichtig sind. Da werden S.M.A.R.T.-Methoden beschworen fürs Privatleben, auch wenn sie eigentlich aus dem Management kommen. Da wird hier und da mal eine "No Days Off"-Mentalität vorgeschlagen, was einfach Quatsch ist.

Ein Ziel, wenn wir es mal gar nicht auf unsere Arbeit oder ähnliches beziehen, ist ein konkreter Ort. Eine Stelle, eine Position. Und die wollen wir erreichen. Egal ob wir in unserem Navi etwas eingeben oder Bogen schießen oder oder. Alles ist fertig, ist das Ziel erreicht. Und damit auch die Aktivität vorbei.

Sowohl JoAnneh Nagler in ihrem Buch "How to be an Artist" und auch James Clear in seinem Buch "Atomic Habits", darüber auch der Künstler Austin Kleon, beschreiben dass Ziele zwar gut sein, aber auch überschätzt werden können. Alle drei machen Werbung dafür, ein System statt nur Zielen zu haben. Denn ein System erlaubt es uns immer und jeden Tag zu tun, was wir auch tun wollen. Auch wenn wir gerade mal kein Ziel haben, zum Beispiel, weil wir gerade frisch eines erreicht haben. Haben wir dann nämlich kein System, dann kann es plötzlich schwer und ganz schön blockierend werden.

Einige Leistungssportler*innen beschreiben z.B., dass sie unmittelbar nach einem großen sportlichen Erfolg in ein Loch in der Mentalität gefallen sind. Weil hinter dem Erreichen eines Titels oder Ziel noch gar nichts neues lag. Das Selbe zu wiederholen ging nicht sofort und die Dopaminausschüttung eines solchen Erfolges hat halt auch Grenzen und ist irgendwann aufgebraucht. Auch in der Kunst ist das zu beobachten. Leute gewinnen Preise oder bringen große erfolgreiche Projekte zu Ende, wenn sie aber versuchen daran anzuschließen, gelingt es ihnen kaum. Die Formel die fürs alte Ziel funktioniert hat, kann ziellos nicht eingesetzt werden. Klar, wenn die andere Seite vom Gleichheitszeichen fehlt, kann auch nichts rauskommen.

Das muss nicht passieren. Zum einen, weil einfach nicht alle diese Erfahrung machen, zum anderen aber auch, weil es einen anderen Umgang damit geben kann und eine andere Haltung. Jetzt ein ganzes System für sich selbst hoch zu ziehen kann herausfordernd sein. Ein System ist umfangreich und komplex, besteht aus vielen Bauteilen und Zahnrädern die ineinander greifen müssen. Es lohnt sich eines zu haben, aber um eines aufzubauen, muss ein Anfang gefunden werden. Also beschäftigen wir uns mit unserer Blickrichtung.

Es ist ausgerechnet die Fernsehserie "Cobra Kai" gewesen, in der ich mitgenommen habe, dass mensch um ein Brett zu zerschlagen, nicht auf das, sondern hinter das Brett zielen muss. Der Blick muss zwar klar auf das Ziel gerichtet sein, wir müssen wissen wo unser Brett ist und vermutlich auch, warum wir es zerschlagen wollen. Aber um es wirklich zu schaffen, müssen wir dahinter zielen. Sonst reagiert unser Körper so, dass wir vor dem Brett abbremsen, um den Punkt auf dem Brett zu treffen, und dann zerschlagen wir aber nicht das Brett sondern vorallem unsere Hand. Was bedeutet das für uns selbst, wenn wir Ziele setzen?

Es kann sinnvoll sein, sich die Frage zu stellen, was wir mit dem erreichten Ziel dann machen? Ist es das Teilziel eines größeren Ziels? Ist es die Chance eine Erfahrung zu machen, die uns an anderer Stelle dienen könnte? Reihen wir Ziele hintereinander und geben dieser entstehenden Linie eine Richtung, dann entstehen Pfeile statt einzelnen Linien. Und Pfeile sind gut für uns. Denn unsere Bewegungsrichtung und unseren Weg mitteilen zu können, macht es auch leichter mit uns zu arbeiten. Die Menschen, die ähnliche Ziele haben, können sich mit uns zusammen tun und wir Energien und Wissen teilen. Menschen können an unserem Weg Anteil nehmen. Und die Leute, die vielleicht auch selbst Ziele haben bei denen wir ihnen helfen können, können uns leichter finden.

Ein Ziel ist ein Schalter. Es ist entweder erreicht oder nicht erreicht. Das kann stressig sein. Wenn ich bis zum Ende von 2023 etwas erreicht haben möchte, dann ist jeder Tag frustrierend, an dem es noch nicht geschafft ist. Wenn ich mir aber einen "Pfeil" formuliere, eine Richtung, kann mir das helfen klarer zu sehen, wenn ich mich auf das Ziel zu bewege. Und dann kann nämlich auch mal ein Tag Pause und nichts tun zielführend sein. Aber denen sagt dann, wenn das Ziel ist niemand danke.

Natürlich ist der "Pfeil" auch nur ein Sinnbild und vielleicht mein aktueller Begriff und Bild dafür, wie mensch Ziele aufstellen kann. Denn wer mal willkürlich ein paar Pfeile auf ein Blatt Papier malt, wird Formen bekommen, Strudel und Linien und Bewegungen. Es kann eine gute Gelegenheit sein sich zu reflektieren, wie mensch aussehen und arbeiten möchte. Bei den fokussierten und zielstrebigen geht vielleicht jeder Pfeil in die selbe Richtung. Bei den neugierigen und spielenden ist es vielleicht wilder und trotzdem erreichen sie Dinge und kommen an Orten an.

Wie entwickeln wir diese "Pfeile" die unsere Ziele in Zusammenhang setzen? Eine Methode ist es, einen Zeitstrahl zu erstellen. Auch die bereits erwähnte SMART-Methode beinhaltet, dass Ziele "terminierbar" also zeitlich einplanbar sein sollten. Wie streng mensch, besonders im künstlerischen, das einhalten kann und will, ist jedmensch selbst überlassen. Trotzdem gibt es bestimmte Dinge, die nur in bestimmtem Momenten gehen. Das Konzert das ich spiele, hat einen Termin. Die Meisterschaft an der ich teilnehmen möchte auch. Also schaffe ich mir einen Zeitstrahl. Die festen Termine trage ich mir dort ein. Dann werden Lücken entstehen. Diese Lücken erlauben mir zu identifizieren, was dazwischen passieren muss und ich kann entscheiden wann und in welcher Reihenfolge ich es tun möchte.

Sagen wir mal, ich möchte bis Ende des Jahres einen Film drehen. Warum will ich das? Weil ich das Ziel habe irgendwann ein Filmemacher zu sein und mein Leben lang Filme im Kino haben möchte. Diese Idee liegt hinter dem Brett. Diese Idee ist die Richtung für immer (oder solange wie sich diese Richtung gesund anfühlt). Um da hin zu kommen, brauche ich viele kleine Bauteile. Drehbuch, Drehtage, eine Crew, Darsteller*innen, Technik, vielleicht Sponsor*innen und und und. Diese Teilziele trage ich mich ein. Einige davon werden wieder in sich eine eigene Zeitleiste haben. Denn auch ein Drehbuch ist nicht in einem kurzen Moment gemacht. Ich trage mir diese Ziele/Aufgaben ein und markiere mir, welche miteinander zu tun haben. Wann immer ich also z.B. Emails schreibe oder andere Filme zu gucken um etwas zu lernen, kann ich mir sichtbar machen, dass auch das mich näher und in Richtung meines Zieles bringt.
Was am Ende entsteht aus all meinen Pfeilen, ist eine Zeichnung, vielleicht ein riesiger Pfeil, der in meine Zukunft zeigt. Diesen kann ich als Tool nutzen, wenn ich den Fokus verliere. Oder wenn ich überraschend etwas erkannt habe. Ich kann ihn verändern, wenn sich mein Leben verändert oder verändern muss. Er hilft mir dann weiter in die richtig Richtung zu schauen.

Vielleicht lade ich bald, wenn gewünscht, mal ein Beispiel für eines meiner Projekte hoch, um die Methode etwas sichtbarer zu machen. Wenn ihr andere Methoden kennt, bin ich auch neugierig. Teilt sie mir gerne mit. Zum Beispiel mit einer Email. Oder mit einem Kommentar zu diesem Beitrag.

Kommentare

  1. Anonym5.1.23

    Toller Beitrag vielen Dank!

    Ich würde gerne ein bildhaftes Beispiel sehen. Das würde mich interessieren :)

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  2. Na, dann schaue ich mal, dass ich da etwas vorbereite und das sichtbar mache. :)

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