Alles Asche
Los. Bewege deine Finger. Du spürst sie sind da. Du spürst, du bist da. Also bewege dich. Komm schon Körper. Dein Umfeld fühl sich fahl und schmutzig an. Bewege deine Finger. Jede Bewegung rauscht und raschelt. Es ist unangenehm warm, ja, es glüht regelrecht. Alles staubt. Los. Bewege deine Finger, Körper. Ja, so ist es gut. Auf dem Weg zweier Fingerspitzen sich zu berühren vergeht ein dünnes fragiles Gewebe, zerfällt im Wind und geht dahin.
Los, Körper. Öffne deine Augen, fange wieder an zu atmen. Sei wieder deiner mächtig, sei nicht mehr ohnmächtig. Los, Körper. Eine schwere schwarze Schicht liegt auf den Augen und ein Film aus Ruß hindert die Lungenflügel sich in die Freiheit zu schlagen. Reflexe übernehmen. Husten führt ins Würgen, Husten führt ins Spucken. Nasse schwarze Klumpen schlagen aus und der spontane Ruck lässt die Augen aufspringen.
Hier ist alles Asche.
Wo einst Bäume und Häuser standen, wo Menschen an ihrem Schaffen werkten und ihr Werk erschafften, da sind jetzt nur noch Glut und Asche. Lebensbefreite brüchige Fasern, die einen Teppich des Todes über dieses Land legen und keinen Zweifel über eine dramatische Vorgeschichte mehr lassen.
In den Krieg waren wir gezogen, bewaffnet mit Idealen und Ideen, angeführt von Stift, Papier und anderem Schreibgerät. Dem Kampf für stärkeren Inhalt hatten wir uns verschrieben. Wollten mehr sehen als da war, wollten mehr sein, als unsere Bestimmung sein sollte. Wir wollten Helden sein und den Unterschied machen, doch jetzt lerne ich, wo Bomben fallen, da macht nichts mehr einen Unterschied. Wo die Erde verbrannt ist, da wachsen auch keine Bäume mehr, egal wie viele Verbündete du bringst.
Begeistert rannten wir ins Gefecht, ohne einen Feind genau benennen zu können. Entgeistert waren wir in Wirklichkeit, ohne Sinn und Verstand. Hatten uns zu einem Batallion, zu einer Kompanie, zu einer Armee zusammen ziehen wollen, doch hätten schon an der geringen Zahl merken sollen, wie wenige unseren Kurs teilen. Doch beflügelt von unseren eigenen Worten, von den zauberhaften Farben unserer hochtrabender Worte trugen wir uns selbst in ein Gefecht, dass niemand von uns jemals gewinnen können sollte. Hier war kein Platz für ein Batallion.
Hier ist alles Asche.
Verbrannter Boden ist unter meinen Füßen und ich frage mich, was wir zu erstreiten versuchten. War jeder von uns für seine Ideale hier? War ich tatsächlich für meine Ideale hier? Habe ich Ideale? Trage ich meine Waffen nicht nur, da ich nie wirklich etwas anderes gelernt habe?
Ich bin ein Soldat ohne Heer und Herr. Das Kämpfen, das beherrsche ich wie kein anderer, aber eine Grenze würde ich nicht einmal erkennen, wenn ich darauf gehen und stehen würde. Ich kann keine Grenzen erkennen und mich auch für keine Seite entscheiden. Trotzdem bin ich mit einer Armee in den Kampf gezogen, vielleicht auf der Suche nach einer Seite, nach einer Fraktion der wir angehören können. Auf der Suche einer Fraktion, die uns angehören möchte.
Hier ist alles Asche.
Und wo die anderen sind, weiß ich nicht. Ich finde sie in diesem grauen Sturm aus partikelfeinem Atemtod nicht, doch muss bei so lebensfeindlicher Umgebung vermuten, dass sie längst gefallen sind. Selbst von einem staubigen Hügel aus sehe ich nur mehr und mehr Staub. Keine Hand in der Asche die sich regt, wie zu Beginn meine eigene. Keiner der in dieser gleichförmigen Todeslandschaft hustet und würgt. Ergeben und Aufgeben vor dem Grau.
Ich will in keiner Einheit mehr stehen, die ihren Weg nicht kennt und keinen Orden tragen, der dem Soldaten vom Soldat verliehen. Ich verlasse meinen Kurs, ich entziehe mich dem Gefecht aber nicht. Mein eigener Söldner soll ich sein, die Kämpfe annehmen wie sie kommen und immer achten nicht die Verhältnismäßigkeiten zu vergessen. Auf einem ungefährlichen Grund lasse ich keine Bomben fallen, in einem befriedeten Land rote ich keine Söldner zusammen.
Hier ist alles Asche. Nur ein Notizblock, der bleibt unversehrt am Start meines Weges liegen.
Anmerkung: Das ist mir neulich zum Bleistift-Battalion eingefallen.
Message verstanden, Kampfgenosse! ;-)
AntwortenLöschenDiesen Krieg kannst du nicht allein gewinnen, sei Dir gewiss dass auch ich an meiner Front weiter kämpfe. Vielleicht nicht so energisch und euphorisch wie damals, aber ich gehe den Weg weiter. Seite an Seite mit den Wenigen, die ihn noch beschreiten.
„We few, we happy few, we band of brothers“ ;-)