Content machen ist schwer, oder? Warum eigentlich?


Als ich in unseren Blog schaue, merke auch ich, dass hier aktuell gar nicht mal so viel los ist. Klar, Daniels coole Kochrreihe läuft, aber daneben ist es still. Wir sind ein großes - ehrenamtliches - Team, einerseits kommt einem da ganz gerne das Leben in die Quere, andererseits sollte es aber doch auch möglich sein, was zu veröffentlichen. Was zu erzählen gibt es doch bestimmt, oder? Immerhin ist Leben live und wenn was live ist, wird schon irgendwas passieren. So sagen es meine Lieblingskanadier von LoadingReadyRun.

Wir leben in den vielleicht am besten dokumentierten Zeiten, nunja, aller Zeiten. Während wir heute unsere Vergangenheit rekonstruieren müssen, in dem wir uns durch die Erde buddeln und Speerspitzen suchen, um einer Vorgeschichte auf die Spur zu kommen, wird in sehr naher Zukunftdiese Arbeit eine Armee von Algorithmen machen, die sich durch das Internet buddeln und Content durchsuchen, um herauszufinden, was relevant ist. Ich finde nur ältere Zahlen dazu, aber sich anzuschauen, wieviel Inhalte in einer Stunde ins Netz geblasen werden, ist nicht nur erstaunlich, sondern wirkt fast schon wie ein Tumor.

So war es zum Beispiel Stand 2013, dass in einer Echtzeitstunde Videomaterial mit einer Gesamtspielzeit von drei Tagen bei Youtube hochgeladen wird. Innerhalb eines Tages in unserer analogen Welt, laden wir also 72 Tage digitale Videowelt ins Netz. Die Absurdität steigt mit jeder weiteren Umrechnungsstufe.
Dabei gleichzeitig nicht ganz uninteressant: Das Internet ist nicht auf der Welt gleich verteilt. Im Juni 2017 sagen die Zahlen, dass erst 51% der Weltbevölkerung das Internet verwenden. Mein Verständnis der Welt sagt mir: Die Dokumentation ändert sich, die Geschichte wird immer noch von den Gewinnern geschrieben. Den wirtschaftlichen Gewinnern. Das sind wir, die weißen Priviligierten in den Industrienationen. Wieviel von der Geschichte der Jetztzeit leider noch gar nicht dokumentiert wird, wissen wir ironischerweise nicht, weil es nicht dokumentiert wird.

Wenn jetzt also die Welt sich fleißig selbst hochlädt den ganzen Tag, weshalb zögern wir dann eigentlich? Eine gute Frage. Vielleicht genau deshalb. Wenn ich mit meinem Eimer Wasser am Fluss stehe, wundere ich mich natürlich auch, warum ich jetzt den Liter auch noch in den schon reißenden Strom schütten sollte? Am Ende ist es ja doch auch nur ein Liter von vielen. Er vermischt sich mit dem Gesamten und verschwindet. So fühlt sich der eigene Content manchmal an. Warum gegen die Tausenden Tweets, Postings, Clips und Texte antreten? Die Chance auf Innovation ist verschwindend gering.

Eigentlich ist das frustrierend. Da verstehe ich dann auch, dass wir uns gar nicht so recht bewegen und nicht unsere Pflichtabgabe pro Stunde ins Netz leisten. Frustration bremst. Wie soll ich mir denn meine Selbstwirksamkeit beweisen, wenn ich gar nicht weiß, ob mein Inhalt jemanden erreicht oder etwas tut. Das ist nämlich die andere Seite dieses Dokumentationsstroms: Wer soll das denn alles konsumieren? Es wird ganz einfach klar: Wenn wir 72 Stunden Material hochladen in einer Stunde, dauert es trotzdem 72 Stunden alles zu gucken.

In meiner Subjektiven Wahrnehmung hat sich die Aufnahme von Medien verändert. Früher waren es mehr Empfänger als Beiträge, heute gibt es mehr Content als Adressaten. Wie also reagieren? Medizinisch betrachtet, haben wir mediale Tumore geschaffen. Gewebe, welches über die vorhandenen Körper hinaus wuchert. Einige Medienprofis reagieren passend. Markus Freise, Medienmacher in Bielefeld, reagiert chirurgisch und schneidet Facebook und Twitter aus seinem Gewebe.

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Inhalte veröffentlicht er selbst übrigens täglich. In unterschiedlicher Frequenz, in unterschiedlicher Qualität. Er schüttet also selbst fleißig Wasser in den Strom. Ich würde nur sagen, er hat sich eine ganz konkrete Stelle am Fluss gesucht. Die, die zu ihm selbst passt. Ich würde nun aus der Distanz behaupten, dass er auch nur noch soviel Content zu sich nimmt, wie er auch aufnehmen kann und will. Er wird nicht "überflutet". Ganz im Gegenteil, er wirkt meiner Beobachtung nach die meiste Zeit recht inspiriert.

Vielleicht ist das Teil des Problems. Wenn unsere sinnlichen Eingänge so verstopft werden mit all diesen Impulsen, für die wir gar nicht mehr ausreichend Zeit haben sie zu verarbeiten, wie sollen wir dann noch etwas ausarbeiten und ausspeichern? Wieviel Content konsumiert ein Content Creator? Damals sind die Maler*Innen, Musiker*Innen und Poet*Innen spazieren gegangen, waren auf Reisen, sind in Gespräche gestürzt. Heute machen wir das alles auch, nehmen aber auch die gesamte rasante Kommunikation der Welt mit oben drauf.

Das wir diese Kommunikation haben, ist fantastisch. Wir schaffen den Rahmen, um uns allen näher zu sein. Technologisch nähern wir uns an, die Hürden in der Kommunikation werden von mal zu mal geringer. Vermutlich müssen wir nun auch mit der Technologie mitwachsen und lernen diese neue Masse an Impulsen zu verarbeiten. Und wenn wir Dinge verarbeiten wollen, werden wir oft kreativ produktiv. Ironisch: Die Flut der neuen Eindrücke könnte also aus einer Flut der neuen Eindrücke entstanden sein.

Vielleicht wünsche ich mir deshalb auch, dass wir selbst aktiver werden. Ich möchte wissen, wie meine Menschen damit zu recht kommen. Ich kann ja nicht alleine sein mit diesem Problem, also wie zum Teufel packen die anderen das? Scheitern sie auch manchmal am Angebot? Wie gehen sie mit der Lähmung um, selbst nichts mehr produzieren zu können? Wie sollen sie mir das beantworten, ohne selbst etwas erschaffen zu müssen?

Vielleicht ist die Antwort, wie so oft: "Machen." Vielleicht ist die moderne Antwort: "Nachhaltigkeit." Wie kann die in den Medien aussehen? Wie schaffen wir es genau so viel zu produzieren, dass es auch verbraucht werden kann? Und wenn mich all diese Fragen plagen, weshalb ist es mir dann doch so leicht gefallen, diesen Beitrag zu schreiben?

Weil ich ein Ventil öffnen wollte. Weil ich die Gedanken aus meinem Kopf abgeben wollte. Und das sollten wir uns dringend wieder trauen. Statt Sorge zu haben, dass wir gar nicht im Strom auffallen, sollten wir unseren Anteil einfach abgeben, gewähren lassen und abwarten, ob er eine Rolle spielt oder nicht. Eines leistet er in jedem Fall: Wir sind Teil einer der ausführlichsten Dokumentationen der Welt, die jemals bemüht wurde.


Kommentare

  1. Anonym13.2.18

    Ja,ein sehr nachdenklicher Eintrag, es geht um Inhalt, also Content heisst Inhalt,Fachleute aus dem Marketingbereich sprechen alle über Content Marketing,also ein Sammelbegriff für verschiedene Ansätze an Inhalte, also muss zunächst eine Stategie festgelegt werden, um zunächst einmal zu erkennen, welche Inhalte unterhaltsam sind,ob doch lieber beratend oder informativ,nur die Gefahr bei beratende Texte,wird der Text meist kommentarlos aufgenommen, denn der Schreiber der Rezepte macht sich grosse Mühe, allerdings bleibt die Resonanz bei fast 0.Geschichten, die das Leben schreibt sind immer sehr schön zu lesen, aber auch hier kommt wenig Anerkennung,beratende Texte sind weniger beliebt, so wie ich das jetzt als Aussenstehender, der hier liest und kommentiert, empfinde, was ich all den Schreibern allerdings zu Gute halte, der Leser muss nicht kommentieren, wenn er nicht will und sucht sich meistens nur bestimmte Kommentare heraus,wogegen es für die Schreiber ja irgendwie doch ein Muss ist, etwas zu verfassen,da entsteht dann doch meiner Meinung nach ein unbewusster Druck.Die vorgetragenen Songs waren so schön, da hat sich jemand die Mühe gemacht und mit der Gitarre wunderschöne Lieder für uns gesungen,auch die Aufklärung von Malte,der bei der Bahn beschaeftigt ist. Hab ich in sehr guter Erinnerung,ich glaube, jay schrieb einmal, er könnte die wenige Resonanz nicht verstehen, ja heimlich dachte ich mir, solange das Team nicht die jeweiligen Texte kommentiert und kein Interesse zeigt denn jedes Schreiben bedeutet, dass ein Mensch sich für uns alle Zeit genommen hat,und das Argument keine Zeit zu haben, ganz ehrlich, wenn mich jemand nicht zurueckruft, weil er keine Zeit hat, dann hat er seine Prioritäten auf andere Dinge gesetzt

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    1. Danke für diesen ausführlichen und motivierenden Kommentar. Da muss ich noch ein wenig drüber nachdenken. Sanfte Korrektur: Tobi arbeitet bei der Bahn. ;)

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  2. Anonym13.2.18

    Wünsche dem Team noch viele gute Einfälle, spannende Inhalte, ich freue mich immer,ihren Blog besuchen zu dürfen, Freundliche Grüße A1

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  3. Anonym14.2.18

    Ja,sorry, Tobi ist bei der Bahn beschäftigt,ist mir sofort wieder eingefallen,hätte mir auch nicht passieren dürfen, denn der Name Tobias war genau auch der Name,den mein Sohn erhalten sollte, hat sich allerdings kurzfristig, genau eine Woche zuvor geändert,es gab ja diese Filmgesellschaft TOBIS Filme, da wo man zu Beginn eines Filmes einen Schriftzug zeigte, TOB S und plötzlich erschien von links ein kraehender Hahn, eher Huhn, ich dachte damals es sei ein schwarzer Rabe gewesen, der über die Buchstaben stolzierte und in der Lücke ein Ei als das fehlende I legte,heute würde ich darüber lachen, damals hab ich kurzerhand den Namen geändert und aus diesem Grunde heisst mein Sohn heute nicht Tobias, werde ich aber bestimmt nicht mehr verwechseln, Tobi bei der Bahn und Malte seh ich mit einem lachenden Bild vor mir, wo es um die Todsünden ging, ja, hab mich verzettelt,haken wir es einfach unter storytelling ab,viele Grüße A1

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  4. Manchmal weiß man aber auch einfach nicht was man sagen soll.. so wie jetzt ;)

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  5. Anonym21.2.18

    Hallo, wenn sich ihre Sprachlosigkeit auf meinen Beitrag beziehen sollte, so kann ich das gut nachvollziehen, heute 35 Jahre später,für mich eher lustig, denn ich kann sehr gut über mich selbst lachen und nehme mich nicht immeer so ernst.Es wundert mich nur, dass man sie mit einer für mich doch eher lustige Episode sprachlos machen kann, wenn ich mich an ihren Beitrag zurückerinnerw, das hat mich sprachlos gemacht, aber trotzdem wieder schön zu erkennen, welche unterschiedliche Empfindungen der Mensch doch hat.sorry, wie schrieb ich in ihrem Beitrag, es muss ja nicht jedem gefallen, mit freundlichen Grüßen A1

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