Tools: Wannados

To-Do-Listen sind super und super nützlich. Und wenn mensch nicht aufpasst - oder anders veranlagt ist - dann auch super toxisch. Denn zum einen "es ist immer was zu tun" und zum anderen ist nicht alles was ich tun könnte auch wirklich eine Pflicht. 

Gerade wenn wir (bezahlt) Kunst machen, ist es manchmal knifflig die Pflicht (bezahlt die Miete und das Brot) und die Kunst (würden wir auch machen, wenn uns niemand dafür bezahlt) versuchen zusammen in unserem Alltag zu vereinen. Und dann kann das schnell belastend werden. Zum Beispiel, wenn das Verhältnis nicht stimmt. Weil dann haben wir entweder Hunger oder keine Selbsterfüllung. Beides lässt uns auf Dauer verrecken. 

Aber warum nicht aus anderen Kunstformen lernen? 

Bei meinen liebsten Tattoo-Artists, egal ob im Laden oder auf deren Accounts in den sozialen Medien, gibt es regelmäßig so genannte "Wannados". Meist eine Mappe voller Motive, welche der*die Künstler*in gerne mal umsetzen würde. Die Vorskizze ist da, Anpassungen oft noch nötig und möglich. Aber die Person hat einen Entwurf geschaffen (unbezahlt) und bietet ihn jetzt als Projekt an (bezahlt). 

Das Ziel ist aber nicht nur an das Geld zu kommen. Oft beinhalten diese Wannados neue Techniken oder einen neuen Stil, etwas, was mensch als Artist gerade lernen möchte. Eine Herausforderung, der mensch sich gerne stellen würde. 

Warum sollten wir solche Listen nicht auch in anderen Kunstformen anwenden? Eine Liste die wir (möglicherweise) veröffentlichen mit projekte die wir gerne umsetzen würden, wenn wir wüssten, dass unsere Arbeitszeit daran finanziell gedeckt werden könnte.
Ein Gedichtband über alle einheimischen Vogelarten, ein Musikvideo für unsere Heimatstadt und was uns sonst noch so einfällt. 

Selbst wenn wir sie nicht veröffentlichen, sondern erst aufmachen, wenn wir in Kontakt mit Förder*innen oder Freund*innen sind: So eine Liste kann uns helfen Ideen und Ziele und Wünsche im Blick zu behalten. Den Fokus dafür zu bekommen, in welche Richtung wir arbeiten wollen. Und gleichzeitig macht sie haltbar, was wir als Ideen und Impulse hatten, denn ganz oft ist unsere Idee gut, aber wir (und die Welt) noch nicht an dem Punkt sie umsetzen zu können. 

Luc Besson, Regisseur von vielen erfolgreichen Filmen, hatte die Planungen für "das fünfte Element", einen großartigen Science-Fiction-Popcorn-Film schon als Jugendlicher begonnen. Eine riesige Sammlung war dabei gewachsen, mit Entwürfen für Outfits, Kostüme, Figuren. Alles ein großes, aber auch zig kleine Wannados. Und als er die Chance bekam - auch durch andere projekte mit denen er sich bewiesen hatte - hat er dieses Projekt umsetzen können. Und darüber hinaus wurde aus seiner Arbeit dann auch bezahlte Arbeit. Bleibt ja leider weiterhin wichtig für Berufskünstler*innen im Kapitalismus.

Einen Teil meiner Wannados mag ich hier als Beispiel öffentlich machen: 
- Kurze Poetry Clips über kleine alltägliche Momente
- Eine Künstler*innen-Tagesstätte, funktioniert wie eine Kita, allerdings als Basis für Menschen die Kunst machen und machen wollen
- Ein Magazin mit Gedichten von Leuten aus der Region, am liebsten handgemacht, gedruckt und gebunden
- Eine Ausstellung mit Blackout Poetry

und dann gibt es noch einen Haufen weiterer auf meiner Liste im Notizbuch, die noch nicht reif sind.

Was sind eure Wannados? Was wollt ihr mal lernen oder ausprobieren?

An dieser Stelle möchte ich schöne Grüße an die Tattoostudios meines Vertrauens ausrichten. Signed and Sealed in Recklinghausen und das Beechhouse in Bochum.

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