Stifte anspitzen
Als ich mit einer Freundin um der Küche stehe, reden wir darüber, wie es nicht immer Ziele, sondern irgendwann dann auch die richtigen Strukturen braucht. Da ist diese Aufgabe und Deadline in ihrem Studium, sie hat noch drei Monate Zeit und sie weiß "das werde ich wieder bis zum Schluss aufschieben".
Auch da war ich schon zig mal. Nachtschichten in der Ausbildung, sanft gelogene technische Probleme für manche Abgaben um mir Zeit zu kaufen, weil "kurz vor knapp" dann doch zu knapp war. Ich fühle mich in dem Gespräch als wäre ich kein Experte für die Lösung, aber für das Problem. Trotzdem werfen wir ein paar Tools hoch, versuchen zu erkennen, was den wirklich das Problem ist. Denn zumindest weiß ich gut genug: Der allererste Gedanke woran es liegt, ist oft kein Beweis, sondern nur ein Indiz in welche Richtung zu gehen ist.
Sie sagt, dass sie es sich gerade einerseits verdient hat, aber auch das Gefühl hat, dass für diese Aufgabe noch nicht alles fertig ist und es deshalb doch nicht verdient hat. Ich entscheide scharf zu kritisieren: Du findest keinen Abschluss damit, aber hast gerade keinen Bock, weil der letzte Part der Aufgabe in der Vergangenheit nie so gelaufen ist, wie ihr Ideal von Arbeit aussieht. Weil klar, wer ist schon gerne diese*r - Vorsicht, erlernte Bewertungen von Außen - Faulpelz Drückeberger Lastminute Typus zu sein. Weil die nie so aussehen, als "hätten sie alles im Griff".
Leute die alles im Griff haben, also wirklich alles, die gibt es vielleicht nicht. Oder nur mit massivem Privileg. Aber es gibt Faktoren die begünstigen, dass wir die Sachen schneller in den Griff bekommen. Ich denke laut und sage: "Also ich spitze die Stifte immer an, wenn ich meine Arbeit gerade fertig habe." Was ich damit sagen will: Eine Strategie ist es, seine Arbeit so vorzubereiten, dass wir beim nächsten Mal sofort anfangen können. Die Hürden nicht jedes Mal neu abbauen zu müssen. Und das kostet dann zwar auch ein mal Zeit, aber in Momenten, wo wir sie auch über haben (auch wenn das Gefühl etwas anderes behauptet). Und Zeit ist auch ein wichtiger Faktor. Aber nicht um hektisch zu werden, sondern um die vorher und fest ein zu planen.
Eine andere Freundin hatte mir gesagt, dass ihre Kreativität gerade leidet unter Arbeit und andren Verpflichtungen. Geprägt von der Lektüre diverse Bücher übers Kunstmachen und Gewohnheiten, habe ich gefragt, wann und wieviel Zeit in der Woche sie fest eingeplant hat um kreativ zu sein. Ja, gar keine natürlich. Wir haben das dann verabredet, direkt den Kalender rausgeholt und siehe da, es wurde besser und es ist wieder schöne Kunst und Kreativität passiert.
Wir denken so oft, dass wir keine Zeit haben und Freiräume brauchen. Aber ein echter Freiraum hat eben auch Grenzen und Mauern die ihn vor Störungen von außen schützen. Und wenn wir erstmal dort sind, wird schon etwas passieren. Also ist es besser im Kalender mit sich Termine wahrzunehmen die nur - und wirklich nur - für dieses Projekt sind, dass fertig werden muss. Nichts anderes auf dem Tisch, alles am Abend vorher vorbereitet. Und eh wir uns versehen, schaltet unser Kopf viele andere Störungen aus. Und manche müssen wir eben intensiver vorbereiten aus zu schalten (looking at you, neurodivergent people). Aber dann sind wir in dem Moment am Start und irgendwas wird schon passieren. Und das ist vielleicht nicht sofort das schaffen des Projektes, aber jeder Schritt, egal wie klein, in Richtung des Abschlusses, erlaubt uns mehr Tempo aufzubauen.
Übrigens: Um diesen Artikel am Handy schreiben zu können, habe ich es anders vorbereitet. Weil ich möchte vom Handy spontan schreiben können, aber habe es ist nicht geschafft. Jetzt hat es das erste Mal geklappt. Also auch ich versuche mehr Expertise in der Lösung, als im Problem zu bekommen. Und jetzt werden Stifte angespitzt.
Gelesen, ertappt gefühlt, nachdenklich am Kinn gekratzt. Ich geh mal meinen Anspitzer suchen!
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