Saisonrückblick 2010/2011

Dies ist der Saisonrückblick auf meine erste Poetry Slam Saison. Und zwar ganz von Anfang an.
Damit werden bisherige Slamberichte überholt, aber nicht gelöscht. 

Die Slammer, die ich nicht benenne sind nicht minderer Qualität oder schlechtere Menschen, sie sind mir persönlich nur einfach weniger aufgefallen. Alle Aussagen die ich hier über Personen treffen entsprechen nur meiner (damaligen) Wahrnehmung und sollten bitte nicht als Angriff zu sehen sein, denn gemeint sind sie niemals als solche. Einige Meinungen haben sich im Laufe meiner Saison ja auch geändert und auch das wird sich hier wiederspiegeln.
Bilder werden bewußt ausgelassen, dieser Text ist so schon lang genug. Wen es also interessiert, der sollte Zeit mitbringen.

Der Ausgangspunkt
Damals wollte ich nur meine Texte einem Publikum präsentieren und hatte tatsächlich eine Lesung in einem Gelsenkirchner Jugendhaus. Daraus entwickelte sich dann eine Lesereihe (Die im Spunk jetzt noch immer stattfindet) und da dann im Abschluss der ersten Spielzeit, irgendwann Anfang 2010, ein Finale mit Sami Omar, Lucien Deprijck, Sven-Andre Dreyer und überraschenderweise auch mir statt. Überraschend, da die Drei, im Gegensatz zu mir, schon lange Bücher veröffentlicht hatten und so mit, aus meiner Sicht, alte Hasen waren. Das machte ihre Texte nicht weniger modern und ich hatte Glück, neben ihnen auch noch etwas Geltung bekommen zu können. Im Gespräch habe ich wie ein Schwamm alles aufgesogen, vorallem aber den Hinweis, dass Poetry Slam doch vielleicht das Richtige für mich wäre.


oder: Die Hitzeschlacht

Einige Wochen später, die "großen" Slams hatten mir Absagen geschickt, hatte ich aus Witten eine Zusage bekommen. Der 6.6. bei der "Sprechstunde" in Witten sollte nun also mein Debüt sein, in einer Szene, in der ich Niemanden kannte, nicht mal die Regeln. Youtube und Wikipedia-Recherche war da wenig aussagekräftig.
Ich war sehr aufgeregt, hatte ein tolles zweiköpfiges Begleitpublikum (Danke sehr!) und stellte um sicher zu gehen etwas auf, was sich als Tradition herausstellen sollte: Regeln.
Die Regeln sollte mich an Schwächen erinnern, die ich auf den Lesungen zu vor offenbart hatte und bezogen sich nur, an das "auf der Bühne". Die Regeln:
1. Langsam und deutlich lesen.
2. Keine Zwischenbemerkung kommentieren; keine machen.
3. Danke sagen.
Vor Ort erfuhren wir dann, dass die Teilnehmerliste noch offen war und deshalb das Teilnehmerfeld wachsen konnte und das tat es auch. Ganze Vierzehn Poeten stellten sich dem Wettbewerb und der sollte sich in mehrerlei Hinsicht als harte erste Herausforderung herausstellen.
Das tolle Wetter im letzten Sommer war stets ein Grund zur Freude: Über 25 Grad? Toll! Im Studio, ohne Fenster, mit Publikum, ohne Lüftung, geschlossenen Türen während des Programms? Aus über 25 Grad wurden schnell gefühlte 50 Grad. Da freut man sich gleich doppelt über das langärmlige Hemd, das man angezogen hat um einen guten Eindruck zu machen.
Der Ablauf des Slams war nicht ganz eindeutig klar, aber es gab eine Vorrunde und wer als nächstes Auftritt wurde immer genau vor dem jeweiligen Auftritt gelost. Hätte ich vorher gewusst, dass ich der letzte Starter der Vorrunde werde, hätte ich trotz hoher Temperaturen weniger getrunken. Nervosität und Urin drückten um die Wette und die anderen Slammer machten es auch nicht besser.
Die Qualität war unwahrscheinlich hoch, mir persönlich gefiel vorallem "Der Marian" und auch Hanno Fischer (der später auch der Sieger sein sollte). Sina Langner fiel mir vorallem wegen ihrer tollen angenehmen Stimme auf, Andre Wiesler mit intelligenten erwachsenen Texten. Der charakterliche Favorit war aber Michael Heide, der neben mir auf dem Künstlersofa saß und mich die ganzen 90 Minuten (der Vorrunde) psychologisch betreute, damit ich nicht rausrenne und auskneife.
Die Punkte kamen aus dem Publikum, aber ich war mit dem Applaus schon vollkommen begeistert, den "Gewalt hat keine Farbe" als Text zu bringen, an einem Abend der eher witzige Texte bevorzugte, war scheinbar mutig. So teilte man es mir zumindest in der Pause mit, in der mir keiner glauben wollte, dass ich zum ersten Mal auf einem Slam war. Marians Worte werde ich nie vergessen: "Und so was nimmst du fürs Debüt? Nicht schlecht."
Nach der Vorrunde war ich deutlich entspannter und freute mich darauf, ab jetzt Zuschauer zu sein. Es kamen Vier Poeten weiter in die Zwischenrunde, die  Poeten mit den besten Punktzahlen der Vorrunde, da war ich nicht dabei.
Aufgrund der vielen Poeten kamen dann aber plötzlich, mitten in der Moderation, Sechs Leute weiter und auch da hatte ich noch nicht realisiert, dass ich davon als Sechster ganz eindeutig betroffen war. Langer Slamabend kurz: Ich wurde dann auch Sechster, wobei ich auch nur mit einem Punkt daran vorbei gerutscht bin in eine weitere Runde zu kommen, denn wegen Punktgleichheit kamen alle anderen Fünf Poeten ins Finale. So wurde der Abend länger und länger und was um 19Uhr begann, endete dann irgendwann um 00Uhr. Die Hitzeschlacht von Witten war überstanden, eine Nebelheimfahrt stand bevor und ich hatte den nächsten Termin im Blick, Sina Langner und Laura Reichel konnten mich für ihren Slam in Dortmund gewinnen. Was Slam bedeutet, davon hatte/habe ich keine Ahnung, aber es war spannend und ich angefixt.


oder: Meister und Kreischefans

Überpünktlich in Dortmund aufgeschlagen, merkte ich schnell, dass ich mich nicht besonders gut mit Slammern sozialisierte. Trotz allerfeinstem sommerlichen Urlaubsflair, mitten in der Dortmunder Innenstadt, versteckte ich mich im "Chill-R". Dort sollte der Slam stattfinden und bis kurz davor war ich überraschend wenig aufgeregt. Doch dann kam Sebastian23, seines Zeichens Deutscher Meister und Vizeweltmeister im Jahre 2008, den ich bisher nur von Youtube kannte, aber relativ schnell als einen der "Großen" realisierte. Ja, aus meiner Sicht sogar als DEN Großen, denn sein Stil und seine Themen gefielen mir gut.
Erfreulicherweise war er "nur" der Anheizer und nahm nicht am Wettbewerb teil, aber für mich änderte sich dadurch einiges. Ich wollte zu gleichen beeindrucken, aber auch beobachten. Das ich mit einem sehr spontan entstandenen Text auftrat, beeindruckte kaum, aber ich beobachtete und lernte, dass genau selbiges auch Sebastian 23 passieren kann. Einen Robert Targan, der noch öfters meine Wege kreuzen sollte, bemerkte ich hier nur am Rande, aber ein Patrick Salmen, der dann auch später im Jahr deutscher Meister wurde, der brannte sich mir ins Gedächtnis. Damals leider nur mit seinem "Bart-Text". Warum nur? Weil er so viele bessere hat, aber das konnte ich da auch noch nicht wissen.
Ehrlich gesagt, wusste ich auch hier nicht, was ich hier tue und wieso ich es tue, aber wenn es Spaß macht, dann sollte man einfach erstmal nicht aufhören.
Auf der Rückfahrt, am späteren Abend, stellte sich Sebastian23 dann doch auch als Mensch heraus und saß mit uns (Robert Targan und mir) im Regionalzug gen Heimat. Weder Robert noch ich wissen heute, warum wir uns wie die dümmlichsten Autogrammfans benommen haben, in Gegenwart des Profis. Ich habe auf Krampf versucht witzig zu sein und mich erst zuhause gefragt: "Hast du Sebastian23 gerade eben einen rassistischen Witz erzählt um gut an zu kommen? Das war ja mal in jeder Hinsicht daneben."
Immerhin konnte ich mich dann per Internetcommunity bei ihm melden und entschuldigen. Das mit dem Eindruck machen hatte ich anders im Sinn gehabt.

03.07.2010 "Kray or Die" in Essen
oder: Ein nutzloser Sieg

Während Thomas Müller das erste Tor für Deutschland gegen Argentinien schoss, stand fest, dass dieser Slam, der zeitgleich zur WM-Spiel-Übertragung stattfinden sollte, eben selbiges nicht tut. Da ich der einzige Slammer war, der erschienen war, gewann ich automatisch und konnte so später beim Fussball schauen eine Flasche Sekt verschenken. Ohne Leistung war es für mich ein nutzloser Sieg, aber Argentinien hat mit Leistung verloren, die waren deutlich schlechter dran.

oder: Nachholspiel

Ja, auch ich habe etwas getan, was eigentlich keinem Anfänger zu raten ist: Sich immer nur auf den selben Slam begeben.
"KuLa" war inzwischen umgezogen, in das Taranta Babu, einer Literaturkneipe in Dortmund und das änderte aber nichts an der Qualität des Slams. Zwar verfranzten sich Sina und Laura immerwieder in ellenlangen Anmoderationen, aber genau das gehörte dann auch irgendwie dazu. Unsauberheiten und Spontanität sind meiner Meinung nach schon irgendwie Kernelemente beim Slam. Wer eine durchorganisierte perfektionierte Kulturveranstaltung, wie im Theater, erwartet, der ist beim Slam ganz falsch.
Ich weiß nicht mehr genau, mit welchen Texten ich es schaffen konnte, aber irgendwie kam ich ins Finale. Mit Matthias "Maschi" Marschalt, Franzi Röchter und Hanz durfte ich mich messen, wobei letzterer mit irgendwas um die 200 Slamteilnahmen schon eher ein Profi war. Die anderen Slammer haben es auch immerwieder geraunt und erneut zeigt ich mich beeindruckt. Auch von seinen Texten, die waren nämlich herausragend. Maschi habe ich damals eher als arrogant und unsympathisch wahr genommen, aber unsere Wege sollten sich noch öfter kreuzen.
Wie ich das damals geschafft habe ins Finale zu kommen, dass weiß ich nicht mehr. Und wie ausgerechnet ich, winzig kleines Licht der Szene und quasi unteres Ende der Tabelle, mit Hanz zusammen auf den ersten Platz gekommen bin, daran kann ich mich noch viel weniger erinnern.
Als Erstplatzierter habe ich eine DVD gewonnen, Hanz einen Büchergutschein, später hätte ich gerne getauscht. Es war natürlich eine Horrorfilm, das einzige Genre mit dem ich nicht kann. "Alone" steht seither genauso in meinem Regal: Alleine.

oder: Vielleicht geht es ja um...

...lebendige Literatur beim Poetry Slam? Vielleicht ist Poetry Slam ja nur ein sperriger Begriff, so neudeutsch wie "Handy" und "Flatrate", der das Bedürfnis beschreibt, Literatur wieder an den Mensch zu bringen. Zu zeigen, dass nicht alles Goethe ist, was glänzt. Auch lebende Menschen pressen ihr Leben, ihre Gefühle und Ideen noch in Worte und sie sind überall.
Düsseldorf war technisch gesehen kein Slam, mehr eine offene Lesung vom Bierkasten in die Fussgängerzone, aber es war äußerst lehrreich. Vor einem Publikum zu stehen, welches weiß "Ich bin wegen Geschichten von Slammern hier" ist eine Sache, aber fremden in die Altstadt hinein seine Geschichten vorzulesen, das ist etwas ganz anderes.
Ausführlich habe ich den Tag ja schon hier beschrieben, ich verweise hier nur kurz auf die Bekanntschaft mit der quirligen Selma Montana, Pascal Hermeler und Alexander Bach. Die Wege der letzteren Beiden sollte ich noch öfter kreuzen, beide auf sehr spannende Art.
Zusätzlich sei noch eine schöne Begnung zu erwähnen:
Als ich mit meiner Freundin nach dem Lesen vom Bierkasten am Rhein spazierte, ruft plötzlich jemand meinen Namen. Und zwar meinen Künstlernamen. Patrick Salmen, Robert Targan, Becks und noch ein Becks saßen da ebenfalls am Fluss und brachten sich für den Abend in selbigen. Es war ein seltsamer freundschaftlicher Moment, als beide fragten, ob ich am Abend im Pretty Vacant Club beim Poetry Slam von Alexander Bach (s.o.) auch dabei wäre.
Bisher hatte ich mich als absoluten Aussenseiter der Szene realisiert. Mit keinem Slammer wurde ich so wirklich warm und immer hatte ich das Gefühl, die meisten Gespräche liefen hauptsächlich an der Oberfläche ab. Etwas, womit ich nicht so gut um kann. Patrick und Robert haben es wenigstens kurz geschafft, dass ich mich zugehörig fühle.

oder: Bier und Spiele

Aus meiner Richtung gesehen, liegt Leverkusen ja auf dem Weg nach Bergisch Gladbach und von daher bin ich beim Hass vorher untergekommen. Der Herr begleitete mich dann auch sowohl zum Slam, als auch in jedem Getränk, was eine gewisse.....Erheiterung zur Folge hatte. Spätestens, als es vor Ort dann Freibier gab, eigentlich nur für mich, aber ich habe dem Hass auch welches erschummelt.
Moderiert wurde der Slam von Alexander Bach, der mich auch eingeladen hatte, veranstaltet aber von einer jungen Dame, die sich später scheinbar zum eigentlichen Wettbewerbs des Abends mauserte.
Neben der großartigen Laune, meinerseits, war auch einfach mal das Aufgebot an Slammern großartig und vielfältig. Andre Lampe brachte großartige humorige Texte, Catherine de la Roche hielt mit tiefsinnigen Themen dagegen. Ein Christopher Palimenteri, der zwar auch tiefsinnig war, aber vermutlich zu wortgewaltig, wurde vom Publikum eher abgestraft; Egon Alter, von dem ich spontan Fan geworden bin, ist am genauen Gegenteil vermutlich gescheitert. "Ich habe Fünf Minuten Zeit, also lese ich jetzt 32 Gedichte vor." Ich habe mich selten so gut amüsiert, wie bei diesem Meister des Kurztextes.
Beide können aber auch wegen eines Lokalmatadors mit Heimvorteil gescheitert sein, der nämlich trotz lustloser Performance bis ins Finale kam. Mit eben Selbigem habe ich mich später auf den dritten Platz beworben, ich durfte die Stelle aber besetzen. Hinter Lampe-man und Catherine muss ich da schon eigentlich von einer Ehre reden, denn die Beiden hatten nicht nur tolle Texte, sondern waren auch in absoluter Bestform, was ich bei mir nur meiner Leber attestieren konnte.
Die Veranstalterin wurde ziemlich massiv um-schwärmt/-worben von allen bereits ausgeschiedenen männlichen Slammern; Hass, Alexander, Christopher und ich umschwärmten weiterhin das Bier und planten unsere Rückfahrt. Andre Lampe und ich sprachen uns noch gegenseitig Herausforderungen in "Street Fighter" aus, zu deren Einlösung es aber bisher nicht gekommen ist.
Wer am Ende den Wettbewerb um die Veranstalterin gewonnen hat, weiß ich nicht, aber mein kleiner Sieg an dem Abend sollte sein, den Preis für die schwächste Blase zu gewinnen.

oder: Einer zum Abgewöhnen

Eigentlich wollte ich nur Christopher beim Slammen zuschauen, weil er gefragt hatte, ob ich rum komme, vor Ort wurde ich aber als Slammer erkannt und direkt in das Abendprogramm aufgenommen. Robert war auch da und Michael Heide, mein Betreuer vom ersten Slam, erfreulicherweise auch.
Irgendwie fand ich den Slam in Oberhausen toll. die Moderation war kurios und schön; auch wenn (wie fast immer vorher auch) mein Künstlername falsch ausgesprochen wurde; die Location in einer alten Industrieanlage mit Kinobestuhlung auch spannend. Abgestimmt wurde mit Feuerzeugen und obwohl alle Sitzplätze besetzt waren, war es ein eher kleines Publikum. Alles super.
Irgenwie fand ich den Slam in Oberhausen aber auch echt ...schlecht will ich nicht sagen, aber nennen wir es mal ärgerlich. Zum Ersten gab es dann diesen Beitrag, außerhalb der Wertung, wo das Haupt-Opfer (Eigentlich sind ja alle Anwesenden bei so etwas Opfer) eines Junggesellenabschiedes einen Text zum Besten gab. War nicht besonders gerade aus gesprochen und auch nur für sehr wenige dort wirklich witzig. Zum Zweiten war ich zwar wegen Christopher da, der heftete sich aber an eine anwesende Slamlegende: Sushi da Slamfish. Ich kann bis heute nicht beurteilen, ob ich die Situation zu ernst bewertet habe oder ob ich einfach Slampoeten nicht raffe. Sushi war unmittelbar nach mir dran mit seinem "Freestyle", der eigentlich ziemlich cool war, bis der Part kam, wo er auschließlich und sehr präszise meinen Text difamierte. Parodieren hätte ich ja verstanden, aber hier ging es, meiner Meinung nach, auf ein persönliches Niveau. Auch so hatte Sushi mir zwischenzeitlich ein paar Kommentare gegeben, aber das hat mich nicht sonderlich gestört, im Gesamtbild ergab es aber für mich Sinn. Da mochte mich halt jemand nicht. Das ist nicht schlimm, aber ich glaube einfach nicht, dass diese hiphopeske "Diss"-Kultur im Slam notwendig oder fördernswert ist. Danach war mein Verständnis für die Slamszene gänzlich aufgelöst und ich ziemlich dagegen überhaupt noch hin zu gehen.
Gewonnen hat nachher Robert Targan, der sich textlich absetzte, und sich Leberinhaltlich dem Jungesellenabschied deutlich angenähert hatte, was seinem Humor und seiner Natürlichkeit nur zu Gute kam.

oder: Der schlechte Slammer Nightwind

Ein Slam-Abend für den ich mich entschuldigen muss. Einiges, was man als Slammer nicht tun sollte, habe ich an dem Abend gemacht. Ich habe mir die Fahrtkosten so erstatten lassen, dass meine Freundin umsonst mit kann. Ich habe den Hass und sie dann am Eintritt vorbei in die Location gebracht und ergänzend die beiden vom Slammerbier zehren lassen. Es tut mir leid.
Robert, der diesen Slam zum ersten Mal moderieren sollte, hatte mich eingeladen, ich hatte mich seit meinem Sushizwischenfall nicht mehr um Termine gekümmert. Um so besser wurde meine Laune dann, als ich erfuhr, dass er auch an diesem Abend dabei sein sollte. Irgendwie hatte ich ihn (unsinnigerweise) als Nemesis abgespeichert.
Mit Andre Lampe und Laura Reichel, traff ich Bekannte, mit Jan Coenen jemand, den ich sehr schnell mochte. Der Kontakt zu den anderen Slammern blieb mir irgendwie verschlossen, auch zu denen, die ich schon kannte, was aber auch daran lag, dass ich mich abkapselte. Ich war zwar auf einem Slam, aber vieles in der Szene ärgerte mich nur. Für eine "da kann man nichts machen"-Mentalität war ich noch nicht lang genug dabei und das klappt auch heute noch nicht bei mir.
Lampe, Goldschläger und Coenen prügelten sich um die Plätze, ich hatte überraschenderweise in Aachen Publikum aus Essen dabei, dass mich kannte, ich kannte aber mein Publikum nicht.
In den Pausen habe ich mit Jan rumgealbert, er hat mir den Namen für seine Marvel-Comic-Porno-Verfilmung gesagt und hat mir damit den besten Witz des Jahres 2010 erzählt.
Nach Oberhausen tat Aachen richtig gut, das Publikum ist dort richtig klasse und dankbar und der Spaß den der Hass, meine Freundin und ich hatten, der weckte wieder meine Lust am Slam, brachte aber auch eine Einstellung zu Tage, auf die ich nicht stolz bin: "Die anderen Slammer sind mir egal, du willst mit deinen Leuten Spaß haben."
Lernen durfte ich, dass wo Sushi in der Anmeldeliste drin steht, er noch lange nicht hinkommt. Später wird er für mich noch das Slamgespenst.

oder: Für echte Künstler

Dea Sinik hatte mich angeschrieben, ob ich nicht zum Slam in der Werkstatt kommen mag, es wäre der allererste dort. Und der allererste in Gelsenkirchen überhaupt, wusste ich zu ergänzen und sagte gerne zu.
Gelsenkirchen ist mein Geburtsort und ich habe Familie dort, deshalb ist es dort schön, auch wenn es dort nicht schön ist. Wirklich nicht. Fahrt nicht hin. Guckt nicht nach.
Außer ihr wollt zum Slam von Dea. Der ist nämlich sehr schön. Die Werkstatt ist ein Künstlerartelier und deshalb hängen da immer tolle Bilder. Es ist lauschig und für eine Erstveranstaltung war richtig viel Publikum dort. Das Feld der Kontrahenten war sehr stark gemischt, ich mit mäßigem Erfolg unterwegs. Eva Specht und Jan Möbus, die gerne gemeinsam auf Slams auftauchen (Zuvor auch in Witten und später auch in Iserlohn) prägten den Abend sehr stark, gewonnen hat dann aber ein anderer: Andre K. ein Gelsenkirchner und ein Ersttäter mit einem sehr guten Finaltext. Auch Benedikt Poe, ein weiterer Erstttäter, überzeugte mit sehr guten Texten, war sogar mein eigentlicher Favorit für den Abend. Mit beiden Ersttätern sollte ich noch spannende Begegnungen haben.
Besonders sei an dieser Stelle zu erwähnen, dass das Publikum in Buer ein sehr tolles ist, denn es nimmt witzige, aber auch ernsthafte Texte gleichermaßen gut und fair auf. Es entsteht ja schon öfters mal der Verdacht, bei den meisten Zuschauern auf den meisten Slams würde Humor am besten ankommen, aber hier gibt es keinerlei Verdacht: Buer bringt nicht nur ausgeglichene Slammer auf die Bühne, sondern auch vielseitige Zuschauer vor die Bühne. So, wie man das als Künstler mag.

oder: Kurze Ehre, nicht viel drin

Patrick Salmen, relativ frischer deutscher Meister, war zum Glück nur das so genannte Opferlamm. Ein Poet, der das Publikum mit einem ersten Text anheizt, aber nicht in die Wertung eingeht. Ich hatte aber auch unabhängig davon kaum eine Chance, denn an diesem Abend hat sich hier Slam-Prominenz vereint gehabt. Tobi Katze, den ich an diesem Abend nur zu wenig beachtet habe; der Tom, ein großartiger Humorist und Sven-Hinrich Hellmann seien da besonders zu erwähnen und wieder dieser Andre Lampe, den ich sehr um seine Art seine Texte zu präsentieren beneide
. Sven hat mir mit seinen Texten über Zivildienst und Sozialismus auch nochmal Mut gegeben, doch auch politisch auf der Bühne zu sein, viel habe ich daraus bisher aber nicht gemacht.
Tom hat gewonnen, an einem Abend, der vor Qualität nur so strotzte. Da hat die gelebte Literatur wirklich die Muskeln spielen lassen und ich, ich war da maximal ein Gesäßmuskel.

oder: "Danke für euer Vertrauen"

Patrick Salmen, immer noch deutscher Meister, nicht mehr ganz so frisch, wegen einer sehr langen Tour, war nicht mehr das Opferlamm sondern regulärer Teilnehmer. Ich hatte also mit den Positionen schon abgeschlossen, denn so ist das halt wenn die Kreisklasse gegen die Champiosnleague ran muss.
Alexander Bach, öfter zuvor erwähnt, hatte mich nach Köln geladen, zu einem Slam, den ich als großartig empfinde. Alexander, größter mirbekannter James-Bond-Fan, hat seinen gesamten Slam an den Kosmos des britischen Agenten angelehnt. So ist von Anfang bis Ende immer wieder der Soundtrack zu hören, Alexander selbst steht im Anzug auf der Bühne und auch eine bezaubernde Assistentin hat er stets zur Seite. Alexander hatte es sogar noch per SMS von der Bühne aus geschafft, dass meine Reisebegleitung, trotz überfülltem Haus, noch Einlass bekamen. Danke nochmal, sonst wäre ich nämlich nach der Vorrunde gegangen.
Ich war dann aber sehr guter Laune und das tolle Gespräch über Poetry Slam und meine Skepsis gegenüber der Szene mit Patrick hat diese Laune nur verstärkt. So ging ich mit einem tollen Gefühl auf die Bühne, hatte perfekten Schwung im Vortrag und habe es tatsächlich ins Finale geschafft. Hier muss ich es einmal für meine Ego so sagen: Knapp vor dem Meister.
Im Finale erwartete mich Jens Krüger, eine weiterer toller Kollege, der großartigen Humor hat und in seinen Texten zeigt. Ich selbst hätte ihn auch zum Erstplatzierten gewählt an diesem Abend. Aber ich war als Zweiterauch mehr als glücklich. Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste: So mit sollte ich später im Jahr nochmal nach Köln dürfen/müssen.
Besonders einprägsam war ein Satz, den Jens Krüger sagte, wenn er in einer neuen Runde lesen durfte: "Danke für euer Vertrauen" Das war nett, das war persönlich und deshalb habe ich es auch geklaut übernommen.



Einen ausführlichen Bericht habe ich ja schon mal abgegeben (siehe Link im Untertitel), hier nochmal die allerkürzeste Version:
Es war ein Charityslam in der alten Diamantenbörse in Frankfurt, Pascal hatte mich angefragt, da ich seiner Charity öfter schon hilfsbereit zur Seite stand. Vor dem Slam war ich bemüht mich nützlich zu machen, während des Slams habe ich (wie immer) mit den anderen Poeten gefremdelt, auf der Bühne zwar eine gute Leistung gebracht, hatte neben Fabian Navarro und Schriftstehler aber überhaupt keinen Bestand. Iris Schwarz schuldet es mir seit diesem Abend, mich einmal richtig laut anzurülpsen, denn sie hat es zwar dort versucht, ist aber kläglich gescheitert. Im Gegenteil zu ihren Texten, mit denen sie einen guten dritten Platz gemacht hat.
Mein schönster Moment an diesem Tag, als meine Mutter mich angerufen hat.
Mutter: "Wo bist du?"
Jay: "Auf dem Weg nach Frankfurt."
Mutter: "Was machst du denn da?"
Jay: "Ich lese ein Gedicht vor."
Mutter: "Achso, bis später."
Zu dem Zeitpunkt habe ich es nur als witzige Situation registriert gehabt, aber ich glaube, näher an einer der Slamessenzen war ich nie. Liebe (zur Kultur) lebt von Aufopferung.


oder: Die Rache der ungeschriebenen Slamgesetze

Das schöne daran, wenn sich sehr erfolgreiche und sehr erfahrene Slammer zu einer Veranstaltung anmelden ist, dass man seine eigenen Chancen sehr gering ansetzt. Meist liegt man damit auch richtig, Garantien gibt es natürlich keine.
Da sich das gesamte Starterfeld, bis auf Katja Hofmann, aus Slammer ergab, die entweder schon "gegen mich" gewonnen hatten, oder mir aus dem Fernsehen bekannt waren (Marc-Oliver Schulz und Nico Semsrott seien hier zu nennen) sah ich nicht die Notwendigkeit mich beim Publikum beliebt zu machen, in dem ich unterhaltsame Geschichten wähle, sondern konnte einfach mal etwas anderes lesen.
Ich persönlich habe zwar zufriedenstellend abgeschnitten, aber die Lektion des Abends war eine andere:
Eines der ungeschriebenen Gesetze der Slam-Poeten/Innen besagt, dass man eigentlich nie den selben Text auf dem selben Slam bringt. Es ist keine Pflicht durch die Slams, aber es ist eine innere Pflicht der Poeten, denn ein konstantes Publikum erinnert sich halt. Wenn man immer die selbe Auswahl bringt, wird man meist abgestraft.
Maschi war sich an diesem Abend sehr uneinig mit sich selbst, ob er denn, da ja viele neue Gesichter im Publikum waren, ob er mit eben dieser Regel bricht. Nach langem hin und her in einem äußeren Monolog entschied er sich dafür.....und das Publikum gegen ihn. Mit unfairen vernichtenden Wertungen wurde Maschi von der Bühne gestraft, aber ich hatte das Gesetz im Einsatz gesehen.
Nico Semsrott gewann mit Texten die stilistisch okay, aber inhaltlich clever sind und durch seine sonderbare Performance besonders gut werden.
Iris Schwarz hat es auch an diesem Abend nicht geschafft mich laut anzurülpsen. Jan Coenen verabredete sich mit mir noch für diesen Freitag für einen Slam in meiner Heimatstadt, den ich mir dann mal anschauen wollte.

oder: Fremd in der Heimat

Jan und ich haben uns erst bei mir getroffen, dem Bier der Einheimischen gefröhnt und uns dann auf den Weg gemacht Alexander Bach zu treffen, der ebenfalls heute Abend dabei sein sollte. Während die beiden angemeldet waren, wollte ich nur als Fan mit. Jan riet mir, trotzdem mal die Texte einzupacken.
Wenn man nicht angemeldet ist, dann schert man sich auch nicht sonderlich um Anfangszeiten und Orte, wobei ich schon Jan korrigieren durfte, dass dieser Slam, nicht wie in Google Maps eingetragen in der Innenstadt zu finden ist. Aber lange durfte ich nicht Besserwisser bleiben.
Auf dem Weg zum Alexander, der im "De Prins", einer tollen Essener Kneipe untergekommen war, verliefen wir uns also zum ersten Mal und das, obwohl ich mich in der Gegend dort auskannte. Mit Hilfe diverser Trinkhallenbesitzer haben wir es dann gefunden, uns noch eine Pommes und ein Bier gegönnt und dann ging es weiter nach Rüttenscheid.
Zusammen mit meinem Zombietext und diesem Abend könnte der Eindruck entstehen, ich hätte einen schlechten Orientierungssinn, aber ich kann hier nur schwören, was ich an diesem Abend auch die ganze Zeit geschworen habe: "Sonst ist das nicht so bei mir." Das war es nämlich, was ich die ganze Zeit sagte, als wir uns zum Slam, unter meiner Führung, hinverliefen.
Angekommen wurde ich direkt ins Starterfeld aufgenommen und auch herzlich auf einem Slam aufgenommen, den ich ganz toll finde. Auf der Bühne ist ein kleines Wohnzimmer aufgebaut, der Mensch am Mikrofon wird aus verschiedenen Winkel aufgenommen und auf Leinwand geworfen, das Publikum sitzt im Saal auf großen Kissen auf dem Boden und lauscht gebannt. Es ist zwar ein relativ kleines Publikum, aber ein tolles.
Moderiert wird im allerbesten Harald-Schmidt-Show-Stil zu zweit: Ruth auf der Bühne, Jürgen von der Technik aus. Mit Ruth durfte jeder Slammer dann kurz vor dem Text auch noch mal ein Sektchen trinken und das Heimatgefühl wurde perfekt. Ich verzichtete auf den Sekt, merkte aber erst am Mikrofon, dass ich nun zum ersten Mal in meiner Heimatstadt auftreten würde.
Mit dem Emo (Name des Jugendhauses) hatte ich aber auch eine Vorgeschichte, denn circa Zehn Jahre zuvor hatte ich hier einen Breakdance-Auftritt mit einer befreundeten Band. Irgendwie war es spannend wieder hier zu sein, irgendwie fühlte ich mich alt.
Martin Geier, den ich bisher ungerechterweise ausgeschwiegen habe, war auch da und ergänzte großartig das Starterfeld.
Felix Krull, ein Newcomer, der hier sein Debüt hatte gefiel mir besonders. Muskelbepackt und breit erwartet man von diesem Typ immer direkt einen Hardcore-Gangster-Text, aber dann brachte er meinen favorisierten Text des Abends: Ein Liebesgedicht. Ganz groß. Auch optische Täuschung kann Stilmittel sein.
Alexander, Jan und Beule MC, ein weiterer Newcomer, machten das Finale unter sich aus und so konnte ich nachher wenigstens sagen, ich hätte mich mit, oder eher an, den Siegern betrunken, denn während nicht mehr ganz gerade aus den Heimweg antritt, waren die beiden noch topfit.
Trotz offener Gespräche fremdelte ich immer noch mit den anderen Slammern, den Moderatoren und überhaupt allem. "Englishman in New york" lief dabei in meinem Kopf. Auf dem Weg ins eigene Bett, da fühlte ich mich dann tatsächlich fremd in meiner Stadt. Trotz inzwischen wiedergekehrter Orientierung.

oder: Ehrgeiz

Der Slam in Buer hatte mich wieder angelockt. Das Haus war so voll, dass wir Slammer keine Sitzplätze hatten, was ich motivierend fand. Buer mauserte sich ein wenig zum Newcomerslam, hatte aber scheinbar auch ein Stammteam, waren Andre K. und Benedikt Poe doch auch wieder am Start. Der auffälligste Charakter war aber Johannes Floehr, der mir dort noch als äußerst seltsamer Charakter erschien.
Ich habe selten einen so ehrgeizigen Slammer erlebt. Er wollte unbedingt gewinnen, er war nach seiner Performance schwer unzufrieden mit sich und sagte: "Da wäre deutlich mehr drin gewesen." Als ich überlegte welchen Text ich in der Vorrunde bringen sollte, da gab er mir einen Tipp, offenbarte dabei aber auch, dass er sich alles von mir schon auf Youtube angesehen hatte. Johannes ging mit Methoden vor, die ich nur aus der Fussballbundesliga kannte: Hier wurden Gegner vorher gescoutet und eingeschätzt, die eigene Textaufstellung daran angepasst. Ich war davon deutlich irritiert. Entweder steigerte er sich viel zu sehr in diese Slamsache, oder ich viel zu wenig. 
Johannes empfahl mir den Text, den ich weniger gerne lesen wollte und, so funktioniert Ironie nunmal, brachte mich damit in das Finale gegen Benedikt Poe. Mit den Zombies im Gepäck konnte ich dann Gelsenkirchen für mich begeistern. Die Freude hielt aber nur kurz, denn auf dem Weg zur Einweihungsfeier einer Freundin beschäftigte mich nur eine Frage: 
Gebe ich nicht alles?

oder: Ehrgeiz 2
oder oder: Mein bisher schönster Slammoment

Aufgrund meiner Abneigungen gegen Sushi, Moderator eines anderen Slams in Essen, blieb mir nur der Slamassel um Heimspiele haben zu können. Inzwischen waren mir Sushis damalige Angriffe zwar irgendwie egal, aber instinktiv bin ich im trotzdem weiterhin ausgewichen.
Diesmal reiste ich nüchtern an und auch einige andere reisten mit an. Andre K. hat ich aus seinem sicheren Gelsenkirchen herauslocken können und Felix Krull war ebenfalls erneut auf dem Slamassel. Tobi Katze, den ich zuvor ja übersehen hatte war auch hier und stellte sich als erstklassiger Gesprächspartner heraus. Auch Johannes Floehr war wieder hier und brachte etwas mit, was ich als Folge des Ehrgeizes deutete: Publikum. Genau genommen: Klatschpublikum. 
Mit circa Zehn Leuten stellten sie die Masse des anwesenden Publikums und waren schon in der Vorrunde stark für Johannes, so dass sich das Publikum ein wenig gegen seine Fans verschwor. Und nicht nur das. Ruth hatte einen von Johannes Gästen als Assitenz ernannt, kannte aber immer wieder seine parteiischen Entscheidungen ab, Felix bedrohte einen dieser Gäste von der Bühne aus und wir Slammer stimmten auf einmal für die anderen Kollegen mit ab, wobei das eigentlich so nicht üblich ist.
Johannes sah so aus, als wollte er unbedingt gewinnen. Ihn haben wir alle dabei vermutlich missverstanden, aber das sollte ich erst deutlich später merken.
Den Fans zum Trotz konnte ich mich mit Tobi Katze ins Finale kämpfen und da passierte es dann: Während ich mich entschlossen hatte nach zwei Unterhaltungstexten in den Vorrunden nun etwas ernstes zu bringen, tat es mir Tobi gleich, ohne mit mir darüber gesprochen zu haben.
Meine Tränen waren noch gar nicht ganz trocken, als Tobi mit seinem Text fertig war und als ich dann fertig war, heulten Tobi und ich ein wenig zusammen auf der Bühne und mit dem Publikum. Es ist eine Sache, wenn ein Text von Herzen kommt, aber eine andere, wenn er auch in den Herzen wieder ankommt.
Tobi und ich teilten uns den Sieg brüderlich und mir blieb ein tolles Gefühl im Bauch und eine Ahnung im Kopf: 
Alles geben funktioniert anders, als ich bisher dachte.

oder: Entschuldigung

Ich würde so gerne etwas gutes über diesen Abend sagen, aber es fehlt mir sehr schwer. Ich habe bestimmt nur einen schlechten Abend erwischt, oder war irgendwie falsch eingestellt, aber es hat wirklich keinen Spaß gemacht.
Die Location war schön, wenn auch im finstersten Münster-/Hinterland gelegen und alles deutete auf einen schönen Slam. Das Starterfeld erschien eher alternativ, aber mit Pascal Hermeler war ein mirbekannter und mit Michael El Goehre ein, in der Szene, sehr bekannter Slammer dabei. Die anderen Poeten waren zum Teil erfahrene Autoren oder Künstler aus anderen Bereichen.
Schon ab dem ersten Starter fühlte ich mich nicht mehr ganz wohl, was absolut ironisch ist, aber man gab sich heute besonders künstlerisch. Da trat ein Herr als Krankheitsvertretung seiner Freundin an, lass einen ihrer Texte und dann mein erster Kritikpunkt, konkret am Poeten:
Fukushima war gerade ganz aktuell und keiner konnte etwas kluges darüber sagen, denn hier gab es kaum verwertbare Informationen. Warum also muss man sich als Thema für einen Freistiltext, also einen Text der erst auf der Bühne entsteht, dieses Thema wählen? Viele Aussagen erschienen vage und falsch, die Katastrophe war mir noch zu frisch um mir einen vollkommen unsauberen Text darüber anzuhören.
Die Moderation war leider auch etwas schwierig, aber dem Moderationsneuling sei es verziehen, trotzdem nagte es schwer an meiner Stimmung.
Ich wurde mit Hilfe meiner Facebookinteressen anmoderiert und kam mir dann damit schon selbst nicht mal mehr im Ansatz sympathisch vor und so brachte ich einen Text in ein Rennen, an dem ich dann auch nicht mehr teilnahm. Schon im Vorlauf war klar, dass Goehre gewinnen wird (was nicht schlimm ist), denn einen Vollprofi der quasi vor Heimpublikum aufspielt ist äußerst schwer zu stoppen.
Goehre hat dann auch gewonnen, in einer Konkurrenz, die teilweise deplatziert und auch unmotiviert wirkte. Leider kein schöner Abend.
Ich entschuldige mich. Der Abend war bestimmt nicht repräsentativ für den Standard in Harsewinkel, aber ich kann nicht über etwas Schönes schreiben, was ich nicht gesehen habe.
Ich entschuldigte mich auch den ganzen Abend bei meinen Eltern, denn das war hier einfach diesesmal nicht das, was ich mir unter Slam vorstellte.

oder: Ehrgeiz 3

Das abschließende Kapitel in der Johannes Floehr Saga, zumindest was meine Betrachtung angeht. Immer wieder hatte ich gehört, dass er einen Text geklaut haben sollte, ich sah das aber anders. Gerüchte sind aber immer schwieriger Nährboden, ich hielt mich an die Fakten und die gab es nicht.
Was dann aber Fakt war, war das Johannes sich für seine Leute damals in Essen entschuldigte und auch irgendwie entspannter wirkte. Wissend, dass er in Krefeld einen Slam aufziehen wollte, hatte ich eine Vermutung woher der Ehrgeiz kam: Wer einen Slam veranstalten will, dem helfen natürlich Teilnahmen und Siege im "Lebenslauf" schon deutlich vorwärts.
Sushi bewies seine Geisterfertigkeiten und erschien nicht, mit Maschi war aber noch ein Bekannter dort. Einer, der mich dann auch überraschte. Habe ich ihn vorher irgendwie als arrogant registriert hat er sich heute ganz anders präsentiert. Er wollte wissen wie den anderen geht, wie alle so drauf sind, Maschi wollte mit uns zusammen eine tolle Zeit haben. Bei seiner Begrüßung: "Jay, mein Freund, wie geht es dir?" gab es eine echte herzliche Umarmung und der Maschi, denn ich vorher mal gesehen hatte, der war aus meinem Gedächtnis radiert.
Es war der allererste Slam im C@fe 42 aber ein sehr ambitionierter. Mit Übertragung im Internetradio, hoher technischer und guter organisatorischer Aufstellung lies Gelsenkirchen auch deutlich die Muskeln spielen. Newcomer, weitere Mirbekannte und gute Werbung lockten unwahrscheinliche Zuschauermengen in den Keller dieser Kirchengemeinde und man spürte, dass Gelsenkirchen heiß ist auf Poetry Slam.
Johannes Floehr errang mit Schwung und Begeisterung einen äußerst verdienten Sieg. 
Genau so musste alles geben aussehen.

oder: Irgendwie Alltag

Wenig besonderes ist zu diesem Slam zu sagen. Eine tolle, zu seltene Veranstaltung an der Fachhochschule in Iserlohn, den ich nur besucht habe, damit Teile meiner Familie mich mal sehen können. 
Die Konkurrenz war äußerst stark, ich malte mir keine Chancen aus, traf alte Bekannte und durfte erneut (Wie in Frankfurt) meinen Favoriten für die deutschen Meisterschaften 2011 sehen: Fabian Navarro. Ist nur meine Meinung, die von den Iserlohner Studenten wohl geteilt wurde, sonst hätten sie ihn nicht zu ihrem Sieger gemacht.
Es war seltsam, aber es war der erste Slam, der sich für mich richtig wie Routine anfühlte. Leider hatte sich das "fremdeln" mit den anderen Slammern auch festverankert.
Zumindest waren meine Cousine und ihr Mann begeistert, der selbst einen großartigen Slammer abgeben würde. Bei Tante und Onkel kam ich für die Nacht unter und freute mich, irgendwie ein bißchen Kindheit zurück zu bekommen, denn da hing noch einer dieser nachtleuchtenden Sterne an der Decke, wo er früher auch schon immer hing.

oder: "Warte noch auf mich"

Die deutsche Bahn beschäftigt einige wichtige Linien, aber keine übertrifft wohl den RE1 in NRW, ein Zug der Superlativen. Denn zwischen Aachen und diesem Ort wo die Menschen dann nur noch von der Scheibe fallen ist der Zug immer voll. Immer. Und überall. Ich warte ja darauf, dass Kinder und kleine Menschen in den Gepäckablagen stecken. Selbst wenn man die Hände in seine Hosentasche stopft, steckt man gleichzeitig in den Taschen eines Fremden. 
Zudem ist dieser Zug unpünktlich. Nein, das stimmt nicht. Er ist unpräzise in seiner Unpünktlichkeit. An diesem Tag hat die Zeit der Verspätung Schwankungen zwischen 10 und 40 Minuten gehabt und da ich die Verbindung (scheinbar) knapp kalkuliert hatte, lief ich Gefahr zu spät zum Slam zu kommen. Robert habe ich mit regelmäßigen Updates genervt und immer wieder gesagt: "Ich komme auf jeden Fall, warte noch auf mich." Robert versuchte mich zu beruhigen, aber trotzdem stürzte ich durch die Aachener Innenstadt um nicht zu spät zu sein. Robert öffnete mir die Hintertür (es war so voll, dass ich vorne nicht reinkam) und sagte mir direkt: "Du bist Nummer Zwei." - "Okay, liest Nummer Eins schon?" - "Nein, nein, Jay. Du bist der zweite Slammer der hier ist."
Robert hatte schon Angst, der Slam könnte nicht stattfinden und müsste zu einer Lesung umgebaut werden. Ich hatte genug Material dabei, Björn Gotzes, der erste Slammer des Abends hätte auch einige Zeit überbrücken können, wir waren für den Worst Case gewappnet.
Erfreulicherweise kam aber noch Julia Roth, ein Sebastian23-Klon, von dem mir leider der Name vergessen gegangen ist und einige wenige andere Slammer, an die ich mich leider auch nicht so ganz erinnern kann. Lediglich an die Kollegin aus dem benachbarten Holland kann ich mich gut erinnern, da sie tolle, aber zu erwachsene Texte im Gepäck hatte. Leider fehlt mir auch da der Name, weil ich es den ganzen Abend nicht geschafft habe meine Hektik abzuwerfen.
Björn glänzte mit tollen Kurz-Gedichten/-Geschichten, vorallem sein Goethe in Kurzversion gefiel mir. Julia Roth brachte ihre Geschichte über Schönheitsoperationen auf den Weg, aber leider reichte es nicht, denn ich durfte mir dann einen Finalplatz sichern. 
Mit/Gegen Björn war es eine helle Freude, denn er ist ein toller Poet und Künstler. Ich weiß nicht wie, danke Aachen, aber ich durfte der Sieger des Abends werden und so einen intensiven Applaus gab es noch nie für mich. Aachen hat ein tolles dankbares Publikum.
Als ich schon meinen Kram packte um mich auf die abenteuerliche Rückfahrt mit dem RE1 zu machen, ereilte mich ein "Warte noch auf mich" von zwei jungen Damen. Lena Konopka und Hannah Hienke, Studentinnen in Aachen, suchten für eine Semesterarbeit Slammer die gerne ihre Texte zur Verfügung stellten, damit die beiden sie dann visualisieren könnten. Ich war skeptisch, sagte aber erstmal zu. Spannend klang es alle mal.
Julia Roth war eine tolle Begleitung für den Rückweg und ein wenig eine Seelsorgerin, denn bei ihr konnte ich mal alle meine Ängste, Sorgen und Nöte mit der Szene los werden und sehen: Ich bin da vielleicht gar nicht alleine mit. 
Danke, vielleicht hätte ich nämlich ohne dieses Gespräch, dem Abend zum Trotz, aufgehört aufs Slams zu gehen.

oder: Version 2.0

Der Meyer, seines Zeichens Moderator und Organisator des Slams hatte sich mit mir mal getroffen um aus meiner Erfahrung ein paar Verbesserungen für seinen Slam ziehen zu können. Keine Ahnung ob es klug war, das muss er selbst entscheiden, aber so lud er mich natürlich ein, die Neuerungen selbst auszuprobieren.
Es war ein schöner Abend, Gelsenkirchen etabliert scheinbar eine Art Poetry Slam Gang, die immer wieder als fester Kader im Starterfeld auftauchen: Maschi, Ilja, den sympathischen Radiomoderator, den ich bisher verschwiegen habe und auch andere Bekannte tauchten auf, für mich in Form von Felix Krull.
Neu war mir Thilo Dierkes, der zwar auch vorher in Iserlohn war, dem ich da aber nicht zugehört hatte. Zu Unrecht. Mit einem "Soundtrack meines Lebens" Text brachte Thilo, meiner Meinung nach, den besten Text des Abends, aber neben Sascha, der mit seinem "bösesten Tag" inkl. Naziwitzen zum Finale eilte, konnte leider keiner von uns bestehen.
Ebenfalls auf dem Weg zum Finale war Gabriel Bieber, der mit seinem gesamten Deutsch LK angereist war. Ich glaube nicht, dass er es so wollte, aber so gab es ein sehr stark parteiisches Publikum für ihn. Er hatte den dritten Platz für den Abend auch irgendwie verdient, aber ich würde gerne sehen, wenn er noch etwas mehr Arbeit in seine Texte und Performance legt. Die Nervosität durch Schulklasse und Erstauftritt lag ihm nämlich deutlich in der Stimme.
Ilja und Sascha teilten sich den ersten Platz und ich freute mich über einen gelungenen Abend mit dem Hass, der mich nämlich, wie schon oft zuvor, mit seiner Begleitung beehrte. 
Felix nahm brachte uns noch mit dem Auto nach Essen und entwickelte spontan das Testosteronausparken. Während Maschi an die Fahrertür eilte und beim rückwärts fahren warnte: "Du hast nach hinten keinen Abstand mehr zur Mauer." schloss Felix wieder das Fenster und fuhr mit vollem Schwung rückwärts in die Mauer, die Anwesenden beeindruckt und überrascht zurücklassend, verrückterweise zeigte sich das Fahrzeug vollkommen unbeeindruckt. Der Titel für den "manischten Menschen" ging in jedem Fall an Felix Krull.

oder: Die letzte Stufe

Wenn die Monatssieger eine Saison gegeneinander antreten in einem großen finalen Slam, dann spricht man meist von einem "Highlander". Besonderheit: Hier darf man auch gerne einen Text bringen, den man schon zuvor gelesen hat. Man soll sein besten geben, in jeder Hinsicht.
Köln war für mich aber wie die letzte Stufe in einem japanischen Videospiel: Der schwerste Abschnitt des Spiels in dem man nocheinmal gegen alle Endbosse der vorherigen Abschnitte dran musste: Fabian Navarro, Laura Reichel, Jens Krüger, Robert Targan und das sind nur die, gegen die ich schoneinmal antreten musste. Mit Fabian Köster, Quichotte und Martin Vincentz waren auch noch neue Endgegner hinzugekommen. Michael Heide, der Mentor, das Tutorial aus dem allerersten Level saß im Publikum und Jan Coenen bildete mit Alexander Bach das Moderatorenteam.
Gerne würde ich mich von der Videospielmetapher trennen, aber es geht nicht, denn genau wie in Prince of Persia und auch Zelda sollte mein größter Konkurent an diesem Abend jemand anderes sein:
Ich.
Meine Motivation war vollkommen minderwertig, ich war schlecht drauf und hatte überhaupt gar keine Lust. Es ging um die Gelegenheit sich für die deutschsprachigen Meisterschaften zu qualifizieren und ich hatte keine Lust. Was für eine arrogantes Arschloch wohnte da eigentlich in meinem Kopf? Da kamen treue Slamfans und wollten ihren Meisterkrönen, gaben mir damals das Vertrauen für einen zweiten Platz und ich? Ich machte gar nichts.
Jan Coenen brachte einen Text als Opferlamm, der meinen; ich startete als Erster; schon übertraf und ich, ich fühlte mich den ganzen Abend so, als sollte ich einfach wegrennen und heulen. Als ich dann direkt ausgeschieden war, nahm ich den Abend gerne als Zuschauer war. Ich freute mich für Fabian Navarro so, also würde ich zu den Meisterschaften fahren. Es sei ihm gegönnt und nicht nur weil er mein Titelfavorit ist.
Eine Sache hatte ich aber nicht auf dem Schirm: Karma.
Als Strafe für einen Auftritt, den ich niemals entschuldigen können werde, standen wir dann mitten in der Nacht, mitten in Köln, mit Jens Krüger, an einem Auto, dass mitten in einem der Reifen einen Schnitt hatte. Reifenwechsel um halb Eins nachts, mit Arbeit am nächsten Tag im Blick ist kein Spaß. Entschuldige Jens, dass wir dich nicht mitnehmen konnten.

oder: Bei aller Liebe

Man ist fast versucht von der Gelsenkirchner Bande zu sprechen: Ilja, Maschi, Andre K. und auch Gabriel waren wieder am Start, diesmal wieder in der Werkstatt. 
Die Hinfahrt habe ich auch mit Gabriel, seinem Hoffotografen und meiner Freundin im Auto bestritten. Wir waren die Bekloppten, die lauthals "500 Miles" im Auto gesungen haben. Wir müssen dabei wie Muppets ausgesehen haben.
Der Slam selbst war relativ ereignisarm, Maschi kam fast zu spät, war von der Hitze vollkommen vernichtet, hatte aber genug Kraft, um mal eben eine absolute Bestleistung abzugeben. Mit dem Wetter hatten wir alle ein wenig zu kämpfen, aber dafür bei allerbester Laune. Die Werkstatt war diesmal so voll, dass sogar Zuschauer nicht reingelassen werden konnten.
Eigentliche Auffälligkeit war, dass es der Slam der Liebe war, denn sowohl Andre, der seiner Freundin einen Text gönnte und Ilja, der seiner Mutter in den Pausen etwas Ruhm gönnte und auch Maschi, der von der Bühne aus herausfinden musste, ob er denn jetzt eine Freundin hätte (Ja, hat er) triefte die Luft nur so vor Zuneigung und zwar mit dem Schweiß um die Wette. Ich persönlich fand ja, dass es, bei aller Liebe, etwas viel wurde und privates gerne auch etwas privater hätte sein dürfen, aber dem Maschi sei es sehr gegönnt. Ich wünsche euch nur das Beste.
Da, wie ich hörte, seine Freundin zu letzt im C@fe42 gewann, hat Gelsenkirchen nun also quasi sein erstes Poetry-Slam-Königspaar.

oder: Extraleben

Nach dem ich im letzten Level in Köln vollkommen gescheitert war, hatte ich mir in Aachen noch ein Extraleben verdient und hier erneut die Chance mich für die Meisterschaften zu qualifizieren. Um neue Slamtermine hatte ich mich derweil nicht gekümmert, sollte ich Aachen tatsächlich schaffen, wäre die Meisterschaft mein Saisonabschluss geworden.
Das Starterfeld war nicht weniger heftig, denn wer mir vorher in neutralen Rollen erschien, die waren jetzt mein Kontrahent: Alexander Bach und Jan Coenen. Beide schienen leider etwas gestresst und sehr an ihre Begleitungen gebunden, so dass ich kaum mit ihnen in Kontakt kam. Mit Katja Hofmann und Fabian Köster gab es noch weitere starke Konkurenz, mit Lasse Samström stand dann auch ein hochdekorierter Vollprofi im Aufgebot. Björn Gotzes durfte auch wieder und ich hielt mich daran, mich mit meinem Zweitplatzierten von damals gut zu stellen. Nicht um mir irgendwas zu erhoffen, sondern einfach, weil er ein cooler Typ ist.
Mit den anderen Slammern hielt ich es wie meist und fremdelte ganz heftig mit ihnen.
Diesesmal war da zwar etwas Nervosität, aber ich war hoch motiviert. Aachen hatte damals so viel Spaß gemacht und auch diesesmal sollte es so sein. Fabian Köster holte schon in der Vorrunde 104 von 100 Punkten und für mich war die Sache besiegelt.
Trotzdem durfte ich mich als Gewinner fühlen: Die zuvor erwähnte Semesterarbeit von Lena und Hannah aus Aachen war fertig. Selten habe ich ein Buch gesehen, das mit soviel Liebe gefühlt ist wie dieses. Vielleicht war es für die beiden nur eine Semesterarbeit, aber uns Slammer hat man mit offenen Mündern und Herzen zurück gelassen. Ich für mich, habe das als meine erste Veröffentlichung in einem Buch realisiert und bin äußerst stolz in so einem Buch vorkommen zu dürfen. Wenn ihr es auch sehen wollt, gibt es hier einen Blog mit Impressionen.
Wir sind früher gefahren, um nicht erst spät in der Nacht in Essen aufzuschlagen und so haben wir in Aachen das große Finale verpasst.

Die Zukunft
oder: Continue?

Wenn ich für mich mein erstes Jahr betrachte, dann habe ich mich die meiste Zeit eher unwohl gefühlt. Ich weiß nicht, ob ich das Material für diese Szene bin. Ich habe keine Ahnung, ob ich mal so Slammerfreundschaften haben werde, wie die anderen es scheinbar haben. Oft hat mich das oberflächliche Gerede gestört, ich habe mich bewusst ausgeklinkt. Ich komme mir oft wie ein Fremdkörper vor.
Jetzt stehe ich vor dem Automaten, der Zähler für mein Spiel läuft ab und ich muss mich fragen: Werfe ich noch eine Münze ein? Gebe ich dem Spiel noch eine Chance? Noch läuft die Münze nur zwischen meinen Fingern hin und her. Aber seit euch sicher, ich halte es wie bei Street Fighter: Eine Runde sagt noch nichts über das ganze Spiel.

Kommentare

  1. Sehr, sehr interessant. So ehrliche Slam-Rückblicke liest man sehr selten, genau genommen sogar: nie. Hut ab!

    Aber, auch wenn ich mich dabei ein bisschen unwohl fühle, ein bisschen zu erklären: ja, am Anfang ging es mir deutlich, DEUTLICH mehr ums Gewinnen, bis ich das Ganze dann irgendwann verstanden habe. Da ging es aber nicht um den eigenen Slam später in Krefeld, sondern darum, meine extremen Selbstzweifel in den Griff zu bekommen. Damals schrieb ich auch fast ausnahmslos Lustiges. Ich war eine unerfahrene, schlechte Hure.

    Und der (bei Slams unfassbar erfolgreiche) Text, den ich angeblich geklaut haben soll, lese ich nicht mehr, seit ich diese Vorwürfe kenne. Nicht, weil ich mich "ertappt" fühle (besagter Text entstand im Mai 2010, da wusste ich noch nicht einmal von der Existenz von Poetry Slams), sondern weil ich mich absolut unwohl dabei fühle, auch nur den kleinen Ansatz des Betruges bei irgendwem aufkeimen zu lassen.

    Du hast mich also, gewissermaßen, "reifen" gesehen. Und ich freue mich darauf, bald wieder irgendwo mit dir auf einer deutschen Kleinkunstbühne zu stehen. Als Kollegen, nicht als Rivalen.

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  2. Verdammt ehrlicher Text, Jay. Hut ab!
    Bisher dachte ich immer die Slams sind für Dich purer Spaß aber anscheinend gibt es auch dort Höhen und Tiefen.

    Slams scheinen im Allgemeinen ein schwieriges Parkett zu sein, aber ich bin zuversichtlich, das du es immer mehr lernst darauf zu tanzen.

    Nur nicht den Mut verlieren. ;)

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  3. Gabriel Bieber21.7.11

    Wow. Super guter Text. Geniale Erfahrungen eines rumgekommenen Slammers, super und ehrlich geschrieben. Würde gerne mehr solcher Texte sehen, auch wenn das wahrscheinlich zeitlich an ein Wunder grenzen würde ;)

    Ich hoffe wir sehen uns demnächst mal wieder irgendwo und reichen uns das Mikro in die Hand.

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  4. Lieber Jay, eine sehr schöne und lehrreiche Rückschau. Das eine oder andere werde ich in zwei Wochen zu meinem ersten Slam mitnehmen.

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  5. An Johannes:
    Danke sehr.
    Ich hoffe die Ehrlichkeit ist nicht zu offensiv.
    Dich "ertappen" oder vorführen wollte ich natürlich nicht, sondern lediglich meine Meinung darlegen, ich denke aber, die habe ich auch ausreichend markiert.
    Freut mich zu wissen und zu lesen, dass du für dich Fortschritte machen konntest. So was wünsche ich jedem.

    An den Imperator:
    Danke.
    Slams sind für mich leider kein purer Spaß. Natürlich ist es auch schön ein Forum für seine Kunst zu bekommen, aber dieses Forum ist ein seltsamer Ort. Es gibt viele Köche, aber manchmal habe ich den Eindruck, sie wissen nichtmal ob sie Brei kochen.

    An Gabriel:
    "Eines rumgekommenen Slammers". Naja, von wegen. Viele derer, die ich aufzähle leisten mehr, fahren weiter und, befürchte ich, riskieren auch immer wieder finanziell einiges, um für die Kunst weit vorwärts und voran zu kommen. Ich fahre relativ wenig rum, dafür bin ich wohl zu sehr Stubenhocker und Heimschläfer.

    An den Träger:
    Lass dich biete nicht einschüchtern, sondern gehe ganz frei auf die Bühne. So welchem Slam gehst du denn? Ist es etwas etabliertes oder etwas ganz neues?
    Ich fände es spannend von dir dann zu lesen, wie deine Erfahrungen nach dem "Ersten Mal" waren.

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  6. Ich gebe mir Mühe, ganz frei zu bleiben. Es ist der "Poetry im Pastis" - 3. Poetry Slam in Friedberg. Ist auch in FB eingetragen. Am 5. August. Meinen ersten Text habe ich schon. Mal schauen, was ich zum zweiten mache, so ich ihn brauchen werde ;-)

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  7. Ein beeindruckender und tiefblickender Rückblick.
    Ich glaube nicht, dass das sich fremd fühlen nur ein Negativaspekt sein muss.
    Und auch wenn ich dich bisher nur bei einer ganz kleinen Lesung erleben dufte, würde ich das gerne irgendwann wiederholen.

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