Das wäre doch mal was für einen Text

"Jetzt müssen wir aufpassen: Nicht, dass der Jan über uns einen Text schreibt!", sagte eine Arbeitkollegin zur anderen in meinem neuen Büro. Seit neuestem bin ich hier nicht mehr studentische Hilfskraft, sondern Angestellter. Gut für mich, scheinbar nicht so gut für meine neuen Büronachbarinnen. Nicht, dass ich denen irgendwie besonders auf die Nerven gehen würde (zumindest nicht für mich erkennbar), aber diese Neuerung im Büro war/ist sehr aufregend für die Beiden.
"Nein.", habe ich gesagt. Kein Grund für graue Haare, über die Beiden würde ich niemals schreiben, habe ich gesagt und "ist ja auch nicht wirklich spannend", habe ich gedacht. Sowieso würde ich nie über die Arbeit schreiben. Niemals. Das macht man nicht.
Da ich über meine Arbeit nicht schreibe, schränkt sich meine Themenauswahl natürlich deutlich ein, denn was bleibt da noch übrig, worüber man schreiben könnte?
Erfreulicherweise gibt es aber immer Menschen die mit ihren Ideen zu einem kommen. Die sind dann meist eher aus Versehen da, also die Ideen und da man gerade einen Schreiberling griffbereit hat, teilt man seinen sensationellen Einfall. Dann muss man sich das ja auch nicht mehr selber merken, das erleichtert ganz schön. Und befreit. Von der ganzen Idee.
Es ist nicht besonders häufig, aber manchmal, da kommt ja wirklich jemand mit einer guten Idee daher. Meist nicht eine, die er oder sie vorbereitet hat, sondern eine, die in einem Gespräch spontan ersponnen wurde. Das nehme ich dann gerne auf, baue die Ideen in meine Texte ein. Selten hält ein Impuls alleine für einen ganzen Text her, aber anteilig gehen sie in ihm auf. Also gilt es auch anteilig Dank zu vergeben. Da gibt es nur eine Haken.
"Das war aber ein ganz schön blöder Text. Das mit dem XYZ ganz besonders. Da hattest du schon bessere Ideen."
XYZ. Mir war so, als wollte ich mich gerade noch dafür bedanken. Aber stimmt schon, das war aber wirklich eine blöde Idee. Was habe ich mir nur dabei gedacht? XYZ, da haben ja schon alle was drüber gemacht. Und das ist auch gar nicht lustig, da brauche ich gar nicht so verschmitzt und selbstzufrieden schauen.
Das Zeichen Ying und Yang bedeutet, dass in allem Guten auch etwas schlechtes steckt, aber in allem Schlechten auch etwas gutes. Offensichtlich kam diese Erkenntnis auch von einem Schreiberling und nicht, wie man erst vermuten mag, von einem asiatischen Philosophen. Denn genau so offenbart es sich mir jedes mal wenn mir eine Idee angetragen wir, bevorzugt mit den Worten "Das wäre doch mal was für einen Text". Eine gute Idee ist oftmals innendrin irgendwie hohl und nicht durchdacht, eine dumme Idee nach genauerer Betrachtung oft sehr gut.
Was sagt man jetzt aber dem kritischen und vergesslichen Gesprächspartner? Der möchte ja im Moment in dem er die Idee hat Anerkennung, später mit dem Text, wenn er ihm nicht gefallen hat nichts mehr damit zu tun haben.
Meine Lösung bisher: KPMS*-Strategie. Behaupten, man hätte im Moment genug anderes Material zu verarbeiten und versuche sich die Idee zu merken. Vorteil 1: Der Gesprächspartner hat bis zur Umsetzung des Textes seine Idee ja selbst schon wieder vergessen. Sehr dankbar. Vorteil 2: Dann muss man nicht mehr "Danke" sagen. Nicht sehr dankbar, für einen selbst schon. Vorteil 3: Wenn es gut ist, kann Mensch es ganz unverblümt als seine Idee ausgeben. Äußerst dankbar.
Wenn jetzt also jemand von euch seine Idee in diesem Text vermutet: Danke.

Ansonsten würde ich aber empfehlen, eure Sachen einfach selbst zu schreiben oder es wie meine Kolleginnen zu halten: "Hoffentlich schreibt der Jan nichts darüber."

*KPMS: Kein Plan, mal sehen

Kommentare

  1. Ideen mit dem linken Ohr aufsaugen, den Schrott durchs rechte wieder rausblasen.
    Die KPMS-Strategie ist aber auch ein guter Ansatz. ^^

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