Mit anderen Augen - Teil 4
Lukas.
Sitzt in einem Park. Scheinbar mit
Freunden. Betrunken. Wie er nicht sein sollte.
Beim Augenaufschlag flog die Flasche
scheppernd gegen die winzige Holzhütte. Noch bevor das Klirren des
zerspringenden Glas verhallt war, folgte das Zischen einer geöffneten
Flasche. Dann stieß der Junge, der neben ihm auf dem Klettergerüst
saß mit ihm an.
"Maik. Heute ist ein guter Tag zum
Feiern." Maik, der schon sichtlich mit Haltungsschwierigkeiten
zu kämpfen hatte, war aber noch nicht zufrieden: "Zum Feiern
brauch man aber auch Mädels." Lukas schüttelte den Kopf. "Da
irrst du dich. Man brauch nur einen guten Grund. Auf meinen Vater",
Herr Schmidt trank unfreiwillig mit, "der beschlossen hat uns
endlich ganz im Stich zu lassen." Maik verzog ein wenig das
Gesicht, entweder um sich zu übergeben, oder um "Prost!"
zu sagen und dann stieß er mit an.
Die Zeit wirkte verstaucht, hinkte
langsam voran. Verzerrt erkannte Herr Schmidt die stark verkrampfte
Stirn seines Sohns. Ohne Halten trank er die ganze Flasche aus,
schwankte in den Stand und pfefferte sie dann wieder gegen die
winzige Holzhütte, an der schon einige Flaschen eingeschlagen waren.
"So muss es auch ausgesehen haben,
als sein Wagen in den anderen gekracht ist.", führte Lukas aus,
aber Maik war mit der Themenwahl offensichtlich nicht glücklich. Da
er scheinbar kein besonders mutiger Typ war, versuchte Maik erneut ab
zu lenken: "Lukas, lass uns mal mit der U-Bahn zum Jugendhaus
fahren. Da hängen bestimmt ein paar Mädels rum." Herr Schmidt
sah, wie Lukas eine abwehrende Geste machte und dann Maik am Ärmel
griff: "Du verstehst das nicht, Maik. Frauen sind das Problem.
Und je hübscher die Schlampen sind, desto größer die Probleme."
Maik verzog unzufrieden das Gesicht. "Schau dir meinen Vater an:
Ist dieser jungen Hure mit Freuden hinterher gerannt, nur damit er
seinen faltigen Schwanz in sie reinhalten kann. Nur dafür. Von Liebe
und diesem Scheiß wurde da nie gesprochen. Und seiner Frau, der er
immer wieder beteuerte sie zu lieben oder geliebt zu haben, die hat
er schön verarscht. Ganz im Ernst, ohne die Weiber wäre er nur ein
normaler karrieregeiler Idiot gewesen, aber wenigstens hätte er
keine Familie gegründet." Maik, der bei der Kausalkette von
Lukas nicht ganz mitkam, hatte nur einen Einwand: "Aber dann
würdest du auch nicht leben."- "Kollateralschaden."
Viel glücklicher war Maik nun auch
nicht und Herr Schmidt war da ganz auf seiner Seite. Lukas kämpfte
mit sich und seiner Haltung. Scheinbar auch innerlich, den er zerbiss
sich wohl die Lippe. Davon zeugte die rote Spur im Ärmel seines
Pullovers.
Da Ablenkung und vor allem Maiks
Ablenkung nun das wichtigste war, griff Lukas nach seinem
Mobiltelefon. Er huschte durch seine Kontaktliste, kurz auf dem Namen
seiner Mutter stoppend. Herr Schmidt war sich nicht sicher, ob Lukas
weinte. Dann fuhr er aber weiter durch die Kontaktliste und stoppte
bei Vivien.
"Vivi, was geht?", schob
Lukas ganz schön holperig durch das Funknetz. "Du hast mich
angerufen, also was gibt es?" - "Ich habe hier einen
Kumpel, Maik, der hatte noch keine." - "Und das betrifft
mich wie?" - "Na, du könntest deinen Hintern ja hier rüber
schieben. Auf seinen Schoß. Und dann..." - "Lass mich
einfach in Ruhe mit deinem Scheiß." drückte Vivien ihm mit
hinter her und ihn dann weg.
"Ist genau so eine blöde Schlampe
wie diese Jenny, ziert sich aber viel mehr." attestierte Lukas
seinem Trinkpartner, stieß mit ihm an und setzte an. Dann fiel Lukas
hinten über vom Spielplatzhäuschen und seine Augen zu.
Herr Schmidt spürte einen kalten Druck
in seinem Inneren.
Wesentlich düsterer als die anderen Teile. Gefällt mir besonders gut!
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