An Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrates der Muslime

Sehr geehrter Herr Aiman Mazyek,
Sie haben recht und ich bin Ihnen von ganzem Herzen dankbar, dass Sie es so klar ausgesprochen haben. Am 29.03.2016 waren Sie für ein Interview im ZDF Morgenmagazin und ich bin Ihnen dankbar, dass Sie gesagt haben, dass Menschen die im Namen des Glaubens töten, keine religiösen Menschen sind, sondern Terroristen. Die heiligen Schriften verbieten Mord, er ist gotteslästerlich, weil es ein Angriff auf die Schöpfung ist. Ich bin selbst nicht mal ein religiöser Mensch, aber die Wertschätzung des Lebens, sei es aus Schöpfung, Evolution, Zufall oder einer gesunden Mischung entstanden, ist eins der höchsten Güter, das haben Sie noch einmal klar herausgestellt.

Es tat mir im Herzen weh zu hören, dass Sie als Vorsitzender des Zentralrates der Muslime regelmäßig mit Drohungen und Hassanrufen zu kämpfen haben. Sie übernehmen mit ihrer Arbeit Verantwortung für die Folgen von Missverständnissen, die Sie selber nicht ausgelöst haben. Wenn ich mich nicht irre, spricht mensch da von "gesellschaftlicher Teilhabe", einer Sache, die ein beachtlicher Teil der Gesellschaft doch von den Muslimen hier wünscht. Es beschämt mich, dass ihr Engagement nicht als ebendiese Teilhabe erkannt wird. Auch wenn ich nur eine einzelne Person bin, möchte ich Ihnen unbedingt sagen, dass ich es erkenne und – erneut – voller Dankbarkeit bin.

Sie haben sich eine Allianz gegen den Terrorismus gewünscht und als Zuschauer habe ich mich geärgert, dass die Journalistin des ZDF Ihnen nicht richtig zugehört hat und am Ende wieder Islamglaube und Islamismus gegenüber gestellt hat. Die Allianz gegen Terrorismus, die sich, wie Sie klugerweise beschrieben haben, mit mehr als den monokausalen Erklärungen für den Hass beschäftigen sollte, ist keine militärische Allianz, sondern ein kooperatives Netzwerk aus Menschen vieler Religionen und Überzeugungen. Zum Glück hat diese Arbeit schon begonnen, zum Glück konnten Sie schon von ersten Projekten in Gemeinden und Gremien verschiedensten Glaubens berichten.

Am Ende des kurzen Interviews blieb mir aber eine Frage im Kopf: Was kann ich tun?
Ich bin mir im klaren, dass wir es gesellschaftlich schaffen müssen, den parasitären Terrorismus aus unseren Vorstellungen von Religion zu trennen. Dass wir dafür die trennenden Gedanken aufweichen und zersetzen müssen, welche die muslimische und andere Gruppierungen von dem isolieren, was wir gesellschaftliche Mitte nennen. Das leisten Bildung, Aufklärung und Offenheit. Ein Vorschuss an Vertrauen hilft auch, so schwer er vermutlich den verängstigten Deutschen abzuringen ist. Ich sehe die Chance, eine fortschrittliche Nation zu werden, die wahrhaftige Freiheitlichkeit anbieten kann, für alle Menschen, die Respekt und Verantwortung für die Menschlichkeit haben, egal welchem Glauben sie folgen.

Aber was bedeutet dies für mich konkret? Ich möchte keiner dieser arroganten Menschen sein, die denken, basierend auf wenigen Fakten ein Urteil bilden zu können. Ich bin kein Muslim in Deutschland, ich weiß nicht wie es sich anfühlt, so in unserem Land zu leben. Aber ich möchte gerne wissen, wie ich handeln kann, um ihre Arbeit, ihre Allianz gegen Terrorismus unterstützen zu können? Es steht mir einfach nicht zu, bewerten oder richten zu können, was das "Richtige" ist, was es braucht, dass sich Muslime hier wohlfühlen können. Ich lebe genauso in diesem Land und nach diesen Regeln, wie jeder Muslim hier auch, also bin ich genauso für ihn verantwortlich, wie er oder sie für mich. Von ganzem Herzen bitte ich Sie, mir Ratschläge zu geben, wie ich die Hand greifen kann, welche die muslimische Gemeinde uns/mir reicht!


Aus vollster Dankbarkeit,
J.

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