Depression Quest: Ein Textadventure das keinen Spaß machen soll


Depression Quest soll keinen Spaß machen, heißt es in der Einleitung des Spiels. Es ist ein Textabenteuer und wird allgemein zu dem Genre der sogenannten Empathy Games gezählt. Eine Gattung von Games, die versucht uns Gefühle nachempfinden zu lassen. Auch wenn ich persönlich schon immer der Ansicht war, dass gute Computer-Spiele das schon immer geschafft haben, liegt bei diesen Spielen der Fokus genau auf diesem Punkt. Auch wenn Spiele wie Life Is Strange schon gezeigt haben, wie gut das Medium Games sich dafür eignet, war Depression Quest etwas Besonderes für mich. Ich bin zwar kein Profi im Bereich des Games-Journalismus, aber selbst ich bin mir relativ sicher, dass man ein Spiel durchgespielt haben sollte bevor man ein Review verfasst. Ich bin grade aber so hart begeistert, dass ich jetzt sofort anfangen musste was zu formulieren.  

Die Spielidee ist aber, dass man keinen Spaß haben sollte, also gab ich dem Ganzen eine Chance

 

Depression Quest ist ein Textabenteuer. Das bedeutet statt krasser HD-Grafik die meine GTX 970 zum Glühen gebracht hat, wurde mir Text vorgesetzt. LESEN! Ich musste tatsächlich Lesen. Am Anfang des Spiels wird man in ein Leben geworfen. Mit Links zu Fakten zum Partner, Freunden und dem eigenen Job wird man im ersten Text zugegebener Maßen ein wenig überfüttert. Ich hatte schon da keine Lust mehr. Die Spielidee ist aber, dass man keinen Spaß haben sollte, also gab ich dem Ganzen doch eine Chance. Die nächsten Seiten waren allerdings weniger zu lesen und relativ oft mit Entscheidungen verknüpft, so dass sich das Spiel, zumindest für mich als unterhaltsam herausgestellt hat.  Ich bin kein Experte für Textadventures, aber während man beispielsweise in Zorc (der Mutter aller Textadeventures) seine Handlungen als Text eingeben musste, was dazu führte, dass man manchmal nach 20 Minuten genervt das Spiel beendete, weil man die Lösung nicht gefunden hatte, lassen sich in Depression Quest Entscheidungen ähnlich wie bei Mass Effect durch vorgegebene Optionen wählen. Auch wenn die Idee nicht neu ist, fand ich sie für das Spiel ziemlich elegant. Einerseits vermeidet man frustrierende Stunden des Suchens nach der richtigen Lösung, andererseits aber unterstreicht diese Mechanik die eingeschränkte Handlungsfreiheit, die man hat, wenn man unter Depressionen leidet. Eine weitere unheimlich smarte Idee: Gewisse Handlungsoptionen werden zwar angezeigt sind aber rot durchgestrichen und nicht wählbar, weil der Protagonist durch seine Depression gerade nicht dazu in der Lage ist.   


„You are very depressed. You spend a large amount of time sleeping, hating yourself and have very little energy or motivation“


Die aktuelle Stimmung des Protagonisten wird am Ende der Textabschnitte durch Sätze wie: „You are very depressed. You spend a large amount of time sleeping, hating yourself and have very little energy or motivation“ oder “You are deeply depressed. Even activities you used to enjoy hold little or no interest for you and you exist in near-constant state of lethargy” Außerdem werden aktuelle “Erfolge” und wichtige Meilensteine, wie aktuelle Medikation oder angefangene Therapien angezeigt.


Aktuelle Stimmung des Protagonisten und erreichte " Achievements "

Alle Texte sind unterlegt mit einem sich wiederholendem Pattern von Klaviermusik, die zwar durchaus traurig, aber überhaupt nicht übertrieben oder aufgesetzt klingt. An verschiedenen Stellen wird dazu eine passende Geräuschkulisse eingefügt, die sehr stark zur Stimmung beiträgt.




Einen kleinen Kritikpunkt habe ich dann allerdings schon. Mich hat enttäuscht, wie einfach es war eine Therapie zu beginnen. Im ersten Fall, ist die Option nicht wählbar. Aber schon im Folgendem Text lässt sich ein Termin mit dem Therapeuten vereinbaren.


Im realen Leben, und da kann ich natürlich auch nur für die Situation hier in Deutschland sprechen, ist es fast unmöglich einen Therapieplatz zu bekommen. Wenn man sich irgendwann, doch dazu durchgerungen hat sich endlich Hilfe zu suchen, was ein unheimlich schwieriger Schritt ist, ruft man erwartungsvoll Therapeuten an, die einem alle mitteilen müssen, dass sie „zurzeit leider keinen Therapieplatz frei haben und auch die Warteliste schon voll ist.“ Man ist so sehr von seinem Alltag überfordert, dass alltägliche Dinge, wie Aufstehen, Duschen oder zur Uni/Arbeit gehen, plötzlich die anstrengendsten Dinge der Welt werden. Und manchmal gehen sie einfach nicht. Das mag blöd klingen, man kommt sich ja selbst ziemlich blöd vor, aber so ist es nun mal. Einen Therapeuten anzurufen und einen Termin zu vereinbaren wird also zu einem Ding der Unmöglichkeit, weil es zu anstrengend und Kräfteraubend ist neben dem gewöhnlichem Alltag, der einem schon kaum machbar erscheint.  

Alles in Allem beeindruckte mich aber die Vielzahl an „Symptomen“ und Gefühlen, die das Spiel einbezieht. Es macht deutlich das Depressionen mehr sind als „nur mal ein bisschen traurig“ zu sein. Es zeigt die Unfähigkeit zu arbeiten oder körperliche Symptome, wie Zähneknirschen und Schlafprobleme. Es bildet ein detailtreues Bild von Depressionen mit vielen seiner Facetten ab.





Ich kann das Spiel nur empfehlen. Es ist sicher nichts für Jeden, aber mir hat es (bis jetzt) tatsächlich Spaß gemacht. Einfach weil es so "intensiv" ist. Das Spiel gibt es kostenlos (!) bei Steam.


Kommentare

Vielleicht auch spannend: