Vorbilder
Ein kluger Mensch hat mal ein kluges
Buch geschrieben und mich damit auf den Gedanken gebracht, dass ich
Ziele und Mentoren brauche. So einfach hat er es damals nicht
erklärt, aber es ist die kürzeste mögliche Zusammenfassung. Von
meinen Mentoren möchte ich euch erzählen. Viele liegen im privaten
Bereich, viele sind Trainer und Coaches in sehr spezifischen
Lebensbereichen, aber alle sind großartig und ich finde ja, dass
wenn mensch Gutes teilt, es sich nicht dividiert, sondern
multipliziert. Soll heißen: Vielleicht ist einer meiner Mentoren ja
auch für euch ein nützlicher Coach. Und hier liegt natürlich eine
kantsche Leistung meinerseits vor: Ich erzähle euch von meinen
Vorbildern, weil ich es gerne hören würde, wie ihr mir von euren
Vorbildern erzählt. So handeln, dass es ein Beispiel für andere
sein könnte. Und so.
Joseph Campbell
Regel Nummer Eins im Vorbilder-Club:
Über die Person muss du gar nicht so viel wissen, wenn du ihre
Inhalte verstehst. Campbell hat Religionen und Mythen erforscht, viel
mehr weiß ich auch nicht. Auf Fotos sieht er wie ein echt netter Typ
aus, aber Belege hätte ich dafür nicht.
Er hat den Monomythos begründet, einen
Nachweis einer gemeinschaftlichen Erzählstruktur aller Geschichten,
die Menschen jemals erzählt haben. In dieser Untersuchung lassen
sich dann bestimmte Rollen und Ereignisse ableiten, die für jede
Geschichte gut und nützlich sind. Kommen diese Bausteine nicht in
einer Geschichte vor, erscheint sie uns auch direkt nicht mehr so
attraktiv, unterhaltsam oder was auch immer für euch eine Geschichte
"gut" macht. Ursprünglich hatte ich sein Buch "Der
Heros in tausend Gestalten" gelesen, um meine schreiberischen
und erzählerischen Qualitäten zu schulen, was auch super mit seinem
Werk geht, aber er bietet noch mehr an.
Eine wichtige Parallele untersucht
Campbell allerdings nicht so intensiv, was vielleicht der Tatsache
geschuldet ist, dass er nicht im Zeitalter der Ratgeberbücher
aufgewachsen ist: In unserem eigenen Leben sind wir selbst der/die
Held*in oder wer es weniger pathetisch haben möchte: Der/Die
Aktuer*in. Das bedeutete für mich, dass wenn ich mein eigenes Leben
gut(-erzählt) empfinden möchte, ich es auf die Anwesenheit von
Campbells Rollen untersuchen muss, um festzustellen, woran es mir
eventuell fehlt.
Wer die Tiefen seiner These erreichen
will, darf sich selber in den dicken plausiblen Ausführungen
austoben, hier ein ganz kurzer verkürzter Ausschnitt: Für eine gute
Geschichte braucht es einen Protagonisten, der durch
einen Herold bzw. Ein Ereignis aufgerufen wird, aktiv
zu werden. Ein Mentor bzw.
Lehrer werden ihm helfen Fertigkeiten zu entwickeln, die ihn über
seine bisherige - menschliche – Stärke hinaus heben. So kann er
dann die diversen Wächter
bzw. Herausforderungen bezwingen, die sich ihm auf seinem Weg einen
großen Schatten
zu besiegen, stellen. Der Schatten muss natürlich keine Person sein,
sondern kann auch einfach ein Problem sein, dass mensch in der Welt
lösen will. Es gibt noch ein paar mehr Rollen, die jetzt gerade aber
nicht so wichtig sind und die er auch als optional ansieht.
Nach dem ich seine These für mich an vielen Geschichten die ich
kannte beweisen konnte, fing ich an mein Leben danach zu bewerten.
Schatten, Herold, Protagonist, Wächter schien ich alles zu haben,
aber dann wurde mir klar, dass mir die Mentoren fehlten. Es gab nicht
ausreichend Impulse, die meine Fertigkeiten und damit mich so
vergrößern konnten, dass ich Erfolg hätte haben können. Und bei
einigen, die sich darum bemüht hatten, für mich Mentoren zu sein,
hatte ich es nicht zugelassen. Diese Erkenntnis erlaubte mir neue
Zugänge. Wenn ich jetzt mit dem Storytelling meines Lebens nicht
zufrieden bin, gibt es immer den Campbell-Check. Auch wenn er das
damals vielleicht anders gedacht hatte.
Der ehemalige Torwart ist in erster Linie für seinen einfach zu
kritisierenden und schwer ernstzunehmenden Charakter bekannt.
Ehrgeizig, Motiviert und pontentiell einer Anstalt entlaufen.
Irgendwann hat er heimlich schreiben gelernt und ebenfalls ein Buch
in die Welt hinaus gelassen. "Ich – Erfolg kommt von Innen"
heißt es. Hab ich gelesen, hat mir nützliche kleinere Handgriffe
gezeigt, die jetzt hier gerade die vollständige Reproduktion nicht
wert sind. Auch hier eine kürzest Version: Kenn dich selbst.
Der Olli auf dem Platz war ein Charakter, der für einige deutliche
Eigenschaften stand. Spieler hatten Angst vor ihm. Jeder wusste, dass
sich an diesem Mann ein Spiel entscheiden kann. Seine Energie ging
über seinen Körper hinaus, meist über seinen Mund, füllte dann
aber seine Mitspieler mit an. Er war sich seines Jobs und seiner
Rolle bewußt. Er war Sportler in einem Wettkampf und hatte Publikum,
daher war er auch irgendwie Unterhalter. Seiner Macht und Wirkung
über sein Umfeld war er sich bewußt. Als er die Banane gegessen
hat, die ihm während des Spiels auf den Platz geworfen wurde, war
das eine sehr bewußte Entscheidung von ihm. Er hat polarisiert, aber
seine Sportart ist ja auch Polar. Keiner geht ins Stadion, um das
beste Unentschieden des Jahres zu sehen.
Nicht nur, dass er in seinem Kampfgeist uneinholbar war, in seinem
Buch erklärt er, wie bestimmte Emotionen nutzbar und abrufbar
gemacht werden können – Ohne zu einem Soziopathen oder Roboter zu
werden – dadurch aber auch mögliche Niederlagen in Siege
umzuwandeln. Und nicht nur im sportlichen. Olli hat mir damit
Techniken eingepflanzt, die mich jetzt nach außen immer wie einen
unverwüstlichen Energieklotz aussehen lassen. Auch ich bin oft ein
Mannschaftskapitän, eine Rolle die ich gerne einnehme, und wann
immer ich motivieren muss – egal ob mich oder andere – rufe ich
mir Oliver Kahn ab. Auftragen, polieren quasi.
Der Held von Metro City hat mit zwei Kumpels zusammen die Mad Gear
Gang verdroschen. Bevor ihr Suchmaschinen nach Belegen für diese
spektakuläre Geschichte durchsucht, will ich euch sagen, dass er
Figur in Videospielen ist. Seine Geschichte nimmt aber einen Twist,
denn nach dem er die Stadt gerettet hat, kann er nicht aufhören zu
kämpfen. Jeder noch so kleine Kriminelle wird von Travers platt
gemacht, nur in seiner Außenwirkung macht er inzwischen denen Angst,
die er beschützen will. Selbst aus dem Gefängnis bricht er immer
wieder aus, weil er sich ohne den Kampf langweilt und sich ausgehöhlt
und leer fühlt. Wenn er dann zufrieden ist, geht er immer wieder
selbst zurück ins Gefängnis, wissend, dass er nicht mehr mit der
Gesellschaft überein kommen wird, die er selbst beschützt.
Ich sehe Travers nicht unbedingt als Vorbild, sein Handeln nicht als
erstrebenswert, aber seine Geschichte ist beispielhaft. Auch ich
stehe oft für andere ein und "kämpfe". Selten körperlich,
aber öfters so engagiert, dass ich durchaus danach gesundheitlich
angeschlagen sein kann. Ähnlich wie Cody übersehe auch ich immer
wieder, dass ich nicht alleine für alle anderen Menschen zuständig
bin. Es ist eines meiner Entwicklungsziele, nicht an Stelle anderer
zu kämpfen, sondern sie unterstützend zu bemächtigen. Cody macht
das nicht und wird dafür einsam und ausgegrenzt. Eine Perspektive
als Spätfolge, die wir alle eigentlich kennen: Der Idealist, der so
stark für seine Überzeugung einsteht, dass obwohl er recht hat, ihn
oder sie alle ablehnen. Feminist*Innen, Veganer*Innen und so weiter,
die Beispiel sind allgegenwärtig.
Seinen Enthusiasmus teile ich, ein ungebrochener Kampfgeist ist
vorbildhaft, aber wie dieser ausgelebt wird, das hat eine Bedeutung.
Nicht alles was inhaltlich richtig ist, fühlt sich für die Menschen
richtig an, oft, weil es nicht ihr eigener Kampf ist. Cody erinnert
mich daran, ist Vorbild und Mahnmal in einem. Dafür bin ich "ihm"
als Figur eines Videospieles dankbar.
"Das klingt für mich wie auswendig gelernt und so redet man
nicht mit Menschen!", hat eine sehr gute Freundin mir im
Widerspruch gesagt, als ich ihr von den klugen Ansätzen Rosenbergs
erzählt hatte. Sie hatte recht. Was er über gewaltfreie
Kommunikation erklärt, über den Fokus auf Bedürfnisse, auf neue
Zugänge für Gespräche, das habe ich anfangs wie ein Experiment an
meinen Mitmenschen erprobt und ihnen damit ihre Menschlichkeit schon
ein wenig entzogen. Ich brauchte das, um seine Lehren von dem Kopf
ins Herz wandern zu lassen. Denn inzwischen "verwende" ich
Rosenberg nicht mehr, sondern habe ihn zum Teil meiner Haltung als
Mensch werden lassen.
Marshall Rosenberg hat sich Gedanken darüber gemacht, warum unsere
Kommunikation oft nicht zu Ergebnissen führt, die für alle
Beteiligten zufriedenstellend sind. Während wir schnell zu dem
Schluss kommen, dass unser gegenüber uns "einfach nicht
versteht", findet Rosenberg, dass das daran liegt, dass unser
gegenüber das auch gar nicht können kann, weil wir nicht klar
sagen, worum es uns eigentlich geht.
Er führt alles zurück auf unsere Bedürfnisse, welche er klar von
unseren Emotionen trennt. Aus sehr gutem Grund. Unsere Bedürfnisse
als Mensch lassen sich sehr deutlich an einem Baby beobachten:
Hunger, Zärtlichkeit, Sozialer Kontakt, Ruhe. Die sichtbaren
Emotionen eines Babys, wenn diese Bedürfnisse nicht erfüllt sind,
sind aber meist die gleichen: Schreien. Als erwachsene Menschen sind
wir oft darauf erpicht, uns dringend über unsere Gefühle zu
unterhalten. Obwohl diese bei gleichem Bedürfnis, grundverschieden
sein können. Ein Beispiel: Wenn ich hungrig bin werde ich sehr
energisch und unruhig, meine Freundin aber eher grumpig und leise.
Wenn wir uns jetzt über unsere Emotionen austauschen, wissen wir wie
es dem anderen geht, stehen aber trotzdem beide an ganz verschiedenen
Punkten, die schwer zu vereinbaren sind. Wenn wir aber beide
herausfinden, dass wir nur etwas essen müssten, um wieder glücklich
zu sein, könnten wir unsere misslaunen mit dem gleichen Prozess
beheben.
Natürlich ist es nicht immer einfach in sich hinein zu horchen, was
denn gerade das Bedürfnis ist, aber Rosenberg gibt auch Anleitung
und Hinweise, wie sich dieser Unklarheit zu nähern ist: "Was
müsste sich jetzt ändern, damit es dir besser geht?" Eine
simple Frage, die oft die Handlungen in Aussicht stellt, die helfen
würden.
Anfangs war ich mir auch sicher, dass das so nicht funktionieren
kann, aber im Laufe meiner Experimentierfreude habe ich mich selbst
vom Gegenteil überzeugen können. Mein Herz vom Gegenteil überzeugen
können. Und Rosenberg ist damit ein wichtiger Bestandteil eines
Prozesses, der zur Folge hat, dass ich aktuell so glücklich wie
selten zu vor in meinem Leben bin, weil ich ein weiteres nützliches
Analyse-Werkzeug und Lösungsstrategien bekommen habe.
Rosenberg selbst ist damit vielleicht gar nicht mein Vorbild, aber er
hat's erdacht, ich finde es nur respektvoll, ihm diesen Platz in
meiner Mentorengallerie einzuräumen.
So weit mein erster Schwung Vorbilder, jetzt will ich natürlich von
euch hören, wer euch vorwärts gebracht hat und euch in der Spur
hält. Legt los!
ich war mal so frei das ganze als eigenen Blogeintrag zu verfassen:
AntwortenLöschenhttp://moechtegernheld.blogspot.de/2016/07/vorbilder.html
Ich kommentiere das dann mal drüben bei dir.
LöschenFritz Bauer. Ich glaube, selten hat es einen Mann gegeben, der gradliniger und integerer war als er. So eine unfassbare Energie der aufrichtigen Abscheu und Kritik habe ich nie wieder gesehen. Ganz großes Vorbild für mich, was den Einstand für Überzeugungen angeht.
AntwortenLöschenDanke fürs Teilen. Ich werde ihn mir mal anschauen.
LöschenInteressant! Werde ich mir mal zu Gemüte führen.
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