Rezension: Who the Fuck Is Kafka

In Rom treffen sie sich das erste Mal. Lizzie Doron, israelische Schrifstellerin aus Tel Aviv, und Nadim Abu Heni, Journalist und Fotograf aus Ost-Jerusalem. Eine Friedenskonferenz fernab der Heimat soll für Dialog sorgen, vielleicht sogar für Frieden. "Eine Vereinigung von Träumern", nennt Lizzie Doron sie insgeheim und wagt kaum zu hoffen. Schließlich ist es nicht ihre erste Friedenskonferenz. Sie kennt die Abläufe, es wird erzählt, es wird gegessen, man diskutiert und schließlich fahren alle wieder nach Hause - wo der Krieg weitergeht.

Nadim ist den Repressalien der israelischen Soldaten ausgesetzt, wird ständig kontrolliert, muss sich an öffentlichen Orten bis auf die Unterwäsche ausziehen. Er hat einen israelischen Pass. Aber er ist Araber.

Ich traf Nadim am Eingang zu Muallems Café. Er stand neben seinem Wagen, räumte die Sitze leer und nahm die Hand der Fatima ab, die am Spiegel hing.
Ich lachte. "Bist du unter die Autowäscher gegangten?"
"Nein, ich beseitige Spuren, die mich verraten könnten", antwortete er und erzählte, dass man ihm beim letzten Mal, als er eine arabische Zeitung auf der Rückbank seines Wagen liegen ließ, die Scheiben zerschlagen hatte. "Wenigstens haben sie nichts gestohlen", sagte er, wie üblich optimistisch. (Lizzie Doron: Who the Fuck Is Kafka, S. 235)
Lizzie Doron is Schriftstellerin. Sie hat Freunde bei Anschlägen der Hamas verloren, der Terror ist allgegenwärtig. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Freundschaft - trotz aller Vorurteile. Schonungslos werfen sich die beiden alle angestauten Fragen und Vorwürfe entgegen. Warum besetzt ihr mein Land? Warum bringt ihr Unschuldige um? Warum beschneidet ihr meine Rechte? Warum unterdrückt ihr eure Frauen? 

Schon wieder ein Roman über Krieg und Frieden? Ein Roman über Konflikte und Vorurteile, über die Sehnsucht nach Verständigung und die Unfähigkeit, die eigenen Feindbilder beiseite zu legen.
Lizzie Dorons "Who the Fuck is Kafka" ist eine Mischung aus Dokumentation und Fiktion über den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern, der dem Leser keine leichte Stellung liefert. Es gibt keinen Helden, kein gut, kein böse.  Man hat gerade das Gefühl zu wissen, wer der Böse ist - dann wendet sich das Blatt.

Lizzie trägt den Holocaust im Gepäck, Nadim den 48er-Krieg. Welches Trauma wiegt schwerer?
Ein Roman mit bitterbösen Dialogen, schwarzem Humor und einem letzten Rest Hoffnung auf Frieden. Ein Plädoyer für den Dialog und ein absoluter Lesegenuss.


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