Stupid Game: Revive


"ACH JA! SICHEEEER!" Jeder Spieler hat diesen Satz, wenn das Spiel ihn bescheißt. Wenn die künstliche Intelligenz ihre Künstlichkeit ausnutzt. Dieser Satz, den wir rufen, wenn wir schlagartig realisieren, dass die Programmierer da ein heftiges Bullshit-System gebaut haben, welches eine massive Schwachstelle im Gameplay bietet. Dieser Satz, den wir unserem Controller im Wegfliegen hinterher brüllen, weil wir unsere Unfähigkeit mit Unfairness des Spiels verwechseln und deshalb selber Unfair werden. Dieser Moment, wo aus einem perfekten Spiel ein dummes Spiel wird. STUPID GAME!

Spielwelten haben vieles. Geschichte, Systeme, Regeln, Aussehen, Charaktere und ihre eigene Logik. Komischerweise ist die Logik manchmal ein Exklusivrecht, welches dem Spieler vorbehalten ist. Denn in extrem vielen Videospielen gilt: "Wenn du und ich das Gleiche tun, ist es lange nicht dasselbe."

Situation 1:
Die Soldaten der Lost Legion greifen die Plattform in der Mitte des Raumes an, darauf ist Handsome Jack, bei dem wir uns erstmal daran gewöhnen müssen, dass er in diesem Borderlands der Gute sein soll. Die Soldaten stürmen seine Position und treten ihn kaputt. Auftritt fetziger krasser Typ: Der Spieler nimmt die Soldaten ins Visier. Und tatsächlich ist die erste Welle schnell weggekämpft. Darauf verändert sich die Mission zu: "Belebe Jack wieder!" Das ist mit einem Tastendruck recht schnell gemacht, aber kaum steht er, kommt die Lost Legion mit dem zweiten Schwung Soldaten. Und einem Luftschiff, dass mich mit Raketen weggrillt. Ich liege also nun zu Jacks Füßen und der vollständige Tod rückt mit einem Timer näher. Sollte ich vorher wiederbelebt werden, kann ich es abwinden.

Situation 2:
Die Soldaten von Shin-Ra bieten normalerweise für meinen Trupp aus Vincent Valentine, Tifa Lockheart und Cloud Strife keine Herausforderung. Aber weil ich gerade einen heftigen Kampf hinter mir habe, ist Cloud mit seiner Lebensenergie ganz schön am Ende. Dummerweise hat er eine Fähigkeit per Marteria ausgestattet, die ihn andere Figuren beschützen lässt, die angegriffen werden. Und so wirft er sich vor Vincent und sackt unmotiviert zusammen.
Ich kann zwei Aktionen gleichzeitig auf den Weg bringen, daher lasse ich meine offensive Tifa einen der Soldaten, quasi als Rache aus dem Leben boxen, während Vincent mit einer Phönixfeder Cloud wieder zurückbringt. Der dann zwar noch etwas angeschlagen ist, aber wieder kampffähig. Der besiegte Soldat der Feinde hat sich einfach dematerialisiert und seine Kollegen schauen ihm traurig hinterher.

Mal abgesehen davon, dass der Ärger scheinbar immer mit Soldaten anfängt, zeigen sich sowohl in Borderlands als auch Final Fantasy 7 die Ungleichmäßigkeiten im Logikkontinuum in gleicher sehr sehr unzufriedenstellender Art. Wiederbelebung ist ein Spielerprivileg. Wer zum Spieler gehört hat Glück: Der Spieler trägt scheinbar den Lebensfunken in sich, der es erlaubt andere wieder zurück ins Geschehen zu heben.

Kaum legt sich der Spieler aber mal selbst hin, geht die Spiellogik den Bach runter. Warum hat Handsome Jack mich damals nicht gerettet? Und warum können in einer Welt, in der es ein Item gibt, welches das Blut wieder pulsieren lässt, nicht auch die Feinde ihre Freunde wiederbeleben?

Sowieso liebes dummes Final Fantasy: Wer außer dem Spieler kauft den bitte all die Phönixfedern in den Geschäften, wenn sie sowieso sonst keiner benutzt?

Die Antwort auf das warum ist im Falle der Feinde einfach: Wie schrecklich wäre es, wenn die Gegner auch ständig wieder auf stehen könnten? Manche kleineren Kämpfe konnten plötzlich länger werden, nur weil der andere Trupp einfach nicht kleiner wird. Ein Vorteil, der dem Spieler vorbehalten bleibt. Ein Vorteil, der ganz massiv ein Ungleichgewicht in alle Kämpfe bringt. Meist gleichen Spiele das dann dadurch aus, dass Gegner Dinge beherrschen, die dafür der Spieler nicht kann. Aber nichts davon steht im Verhältnis zur gefühlten Unsterblichkeit.

Echt mal, liebes dämmliches Final Fantasy: Hätte Aeris nicht gerettet werden können? Viele Tode sind sinnlos, aber dieser ganz besonders.

Mich persönlich nervt aber in Truppbezogenen Spielen noch viel mehr, wenn ich meine K.I.-Kameraden aus der Verletzung heben kann, so bald ich aber den Nullpunkt der Lebensenergie erreiche, direkt ein GameOver-Bildschirm aufprangt. Wieso kann ich den bitte nicht auch von den anderen gerettet werden? Was haben die nicht, was ich habe? Vorallem, wenn das Spiel sonst in allen Teilen große Gelichberechtigung und -Befähigung vorgaukelt.

Wirklich, ihr Stupid-Games: Es ist ja nicht so, als wäre es unmöglich. In Infinite Undiscovery zum Beispiel, läuft ein Timer herunter und in dieser Zeit können die anderen Truppmitglieder die Hauptfigur wiederbeleben. Besser aber noch: Der Spieler kann selbst die Steuerung einer der Nebenfiguren übernehmen und sich damit wiederbeleben.
Und? War das sooo schwer? Nein.

Unsterbliche Hauptfiguren gegen fragile NPCs, welche nicht die gleichen Optionen besitzen. Das sollte dringend der Vergangenheit angehören. Einfach auch, weil es JEDE Spielwelt unplausibel macht. Und das sollten sie nicht sein. Gut, es trifft nicht alle Spiele-Genres gleichmäßig, aber wenn Strategie-Spiele, Sport-Spiele und auch Beat'em-Ups damit gut zu recht kommen, dass alle am Spiel beteiligten Parteien die gleichen Optionen haben, warum sollte es nicht auch Möglichkeiten für Rollenspiele oder andere Story-schwere Titel geben?

Liebe Spielemacher, repariert das! Denn sonst ist euer Spiel möglicherweise ein Stupid Game!

Was es zu perfekten Spielen braucht:


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