Ein weiterer Blick auf Noah

Noah

Für die Zeit nach der Zeremonie war ein Raum gemietet worden. Es gab Kaffee und Kuchen und Limo für die Kinder. Zu Anfang zog eine unangenehme Stille durch den Raum, aber die Kinder ignorierten diese und begannen ein wenig zu spielen und sie war verflogen. Ein paar Leute hatten sich lange nicht mehr gesehen, andere sprachen sich gegenseitig Beileid aus. Zwischen all diesen Leuten sah ich ein besonders trauriges Kind stehen. Ein kleines Mädchen in einem schwarzen Kleid, die in die Hose ihres Vaters heulte und ab und zu durch den Raum sah, um dann wieder an zu fangen zu heulen. Es war nicht eines dieser Heulen von Kindern die nicht bekommen was sie wollen, oder auch kein Heulen um Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich glaube sie heulte weil sie erkannte dass dieses Ereignis sie vom Kopf her viele Jahre altern lassen würde. Überhaupt, würden die Bilder vielleicht nie ihr Bewusstsein verlassen.

Die kleine Emily konnte mir nicht mal in die Augen sehen als ich zu ihr kam um sie zu begrüßen. Sie wechselte nur von dem Hosenbein ihres Vaters zu meinem und heulte es an. Ihr Vater reichte mir die Hand und versuchte sie währenddessen zu beschwichtigen. „Es ist doch halb so schlimm Süße und jetzt lass Herr Feldkamp doch wieder los.“ – „Ach, lassen sie sie ruhig. Wenn es ihr doch gut tut.“, gab ich zurück und erwiderte den Händedruck von Emilys Vater. Ich ging in die Knie um Emily anzusehen. Kurz hörte sie auf zu heulen. Sie hatte grüne Augen, die fernab von dem üblichen zauberhaften Glanz in Kinderaugen waren. Mit einer Hand suchte ich aus meinem Jackett ein Taschentuch. Dasselbe mit dem ich meiner Frau die Tränen abgewischt hatte, kurz bevor wir auf den Friedhof gegangen waren. Ich gab es Emily und sagte ihr ganz leise: „Mach dass du hübsch bist, Noah kann dich immer noch sehen.“

Ihre Tränen stoppten regelrecht auf ihrem Gesicht. Flüsternd und stotternd fragte sie: „Sieht er uns jetzt gerade?“ Ich nickte nur und schob meinen Zeigefinger vor den Mund: „Aber, pscht!“