Rezension: Casper - XOXO

Das Cover
Caspers Album "XOXO" ist vielleicht das, worauf viele Jugendliche lange Zeit gewartet haben. Denn er schafft es mit seinen deutschsprachigen Hiphoptexten einen Nerv zu treffen, wenn er über Auflehnung, Revolution und Sehnsucht singt.
Schon mit der ersten Videoveröffentlichung zu seinem Album, dass die beiden Lieder "Der Druck steigt" und "Blut sehen" verknüpft (siehe unten), wurde ganz deutlich worauf der junge Bielefelder mit seinem Album hinaus will. "Wir holen zurück was uns gehört!" wird zur Parole für Caspers Protest.
Aber wogegen er protestieren will, dass wird dann leider auf dem ganzen Album nicht klar. 

In den weiteren Texten steht Casper immer irgendwo zwischen Biografischem und Kritischem, was sich beides aber nie unangenehm oder aufdringlich äußert, sondern in guterzählten Geschichten zeigt. Sprachlich sind die Texte dabei erstaunlich einfach gebaut, vielleicht aber gerade deshalb so eindringlich.
Sehnsucht und Hoffnung sind dabei meist die tragenden Stimmungen, ohne aber allzu kitschig zu werden. Gerade wenn er vom Verlust eines Freundes erzählt und sich Zukunftsängste in seinen Worten abzeichnen, dann mag das schon berühren, dann kann man sich schon mit den Texten identifizieren.
Erfreulicherweise kommt das ganze Album ohne das verwenden irgendwelcher Hiphopbegriffe aus; man muss sich nicht in irgendeiner Szene auskennen, um Casper hören zu können. Sowieso geht Caspers Album leicht ins Ohr, aber nur schwer wieder aus dem Gedächtnis.

"Und es brennt
Im Zweifel für den Zweifel zu stehen.
Die Stadt brennt,
Teil der Lösung oder Teil des Problems?
Die Stadt brennt,
Gibt eh nicht mehr viel zu verlier'n,
doch wir war'n hier, verdammt,
Wir war’n hier!"
aus: Blut sehen (Album Version)



Musikalisch steht man Rockmusik sehr nahe, mit starken Gitarren- und Schlagzeugeinsätzen und ganz ohne typische DJ-Elemente des Hiphop. Auch Caspers rauhe Stimme, die oft mehr ins Gröllen umschlägt, deutet von dieser Verbindung.
Caspers Album gefällt mir sehr gut, ist seit längerem mal wieder ein besseres Hiphopalbum. Aufgrund der Texte, die scheinbar einer Generation "No Future" auf den Leib geschneidert sind, kann ich gut verstehen, dass dieses Album bei der Veröffentlichung direkt auf Platz Eins der Albumcharts geschnellt ist. Es schien im ersten Moment, als hätte Casper die Hymnen der missverstandenen Jugendlichen geschrieben.
Deshalb hat es mich auch nur wenig überrascht, dass bei seinem Auftritt bei BochumTotal, das Publikum äußerst jung aussah und klang. Im lauten Chor wurden die Refrains mitgegröllt und Casper mit heftigem Applaus überschüttet, obwohl sein Auftritt gar nicht mal so stark war. 
Eine uneingeschränkte Kaufempfehlung von meiner Seite, auch wenn man kein Jugendlicher mehr ist.

Kommentare

  1. Jede Generation betrachtet sich als eine "No Future"-Generation, Jay. Diese ist allerdings etwas poppiger geworden.

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  2. Albert30.9.11

    "Leitfiguren auf davon. Sind nicht schön sind nicht reich" wenn man sich die heutige Arbeitswelt oder auch den Umgang von Menschen untereinander (z.B.: im Supermarkt) anguckt, kann man schon sehr gut verstehen warum dies so viele Jugendliche anspricht. Die nicht wissen wohin oder die wenn sie bei ALDI an der Kasse sitzen von den Kunden mies behandelt werden (vom Chef brauch man gar nicht reden), obwohl sie ihr bestes gegeben. Viele können sich halt nur darüber profilieren indem sie andere fertig machen. Von der Oberflächlichkeit mancher Menschen will ich erst gar nicht anfangen zu reden, da ich mich sonst nur wieder aufrege.

    Gute Rezension.

    Only my 2 cents.

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