Friend in Need #3 - LOL

Superhelden sind kaum-besiegbare mächtige und weise Wesen, die über allen weltlichen Problemen stehen. Was uns als normale Menschen zurücklässt, überkommen sie und unterscheiden sich so von uns. So die Theorie. In Wirklichkeit sind Superhelden wie kleine Kinder. Und wenn einer von ihnen ein Spielzeug hat, dass der andere nicht hat, kommen Neid, Missgunst und Schreierei auf. Weise Wesen? Als ob!

Nachdem Batman in meiner Küche gekracht war, kam ein wenig der Alltag zurück in mein Leben, aber wirklich nur ein wenig. Batman hatte mir zugesichert, sich um das Dach und meine Küche zu kümmern. Noch am selben Tag nach unserem gemeinsamen Frühstück erfuhr ich, dass ein gewisser Bruce Wayne aus Gotham Immobilien in New York gekauft hatte und unser Block dazu gehört.

Ich schaute mir Wayne in Suchmaschinen an und ekelte mich direkt über den neuen Besitzer. Dieser stinkreiche Snob und Playboy stand für so einiges, was ich verabscheute. Es gab immerhin gute Gründe, weshalb ich mein Medizinstudium abgebrochen hatte. Zu viel Geld ruiniert den Charakter, und wenn dann nichts zum Ruinieren da ist, wird es besonders schlimm. Wenn er jetzt durch Batman dazu gebracht wurde unser Haus zu kaufen, war mir schon klar, warum der dunkle Ritter so dringend neue Freunde braucht.

Ich scherte mich nicht weiter um diesen Kerl und konzentrierte mich lieber darauf, mich für die Arbeit fit zu machen. Mein Knie schmerzte nicht mehr so schlimm, wie kurz nach der Batarangattacke, aber immernoch genug, dass es bei der Arbeit stören würde. Batman hatte mir auch eine Sprühflasche da gelassen: "Anti-Knie-Schmerz-Spray" stand drauf, aber das Etikett hatte er selbst geschrieben. Es war das umgedrehte Markenschild einer Bierflasche, das er auf eine meiner Deoflaschen geklebt hatte.

Im halb verpennten Kopf benutzte ich es aber trotzdem. Wenn mein Knie schon weh tut, soll es wenigstens gut riechen.

Was erzählte ich eigentlich auf der Arbeit? Alle wussten, dass ich keinen besonderen Sport machte und so manche Ausrede würden die mir nicht abkaufen. Außerdem wissen so ziemlich alle, dass ich ja den romantischen Abend mit Alexandra machen wollte, den ich, wir mir jetzt klar wurde, auch immer noch nachholen musste. Also, was sollte ich den anderen erzählen? Für mich schwierig auf zu lösen. Ich probierte wieder "W.W.B.D?" Also: What would Batman do?

Keine Ahnung. Ich war New Yorker und ich hatte mir nie eine dieser Batman-Dokumentationen von Christopher Nolan angesehen. Der hat da immer irgendwie auch seine eigene innere Dunkelheit auf den unbekannten Ritter geworfen. Und was Batman so in privaten Problemen wie Krankheit machen würde war schwer ein zu schätzen, kannte man ihn ja quasi nur "beruflich".

Aber das war vielleicht die Sache: Er machte seinen Job, auch wenn er von seinen Feinden zerlegt worden war und konterte jede Anmerkung mit einem lockeren Spruch. Naja, versuchen konnte ich diesen Batman-Weg ja.

Hätte ich mir mal seine Nummer geben lassen, hätte ich ihn jetzt fragen können. Aber ich fragte meine nächsthöhere Kompetenz in solchen Fragen und schrieb Alexandra eine Nachricht: "Was soll ich eigentlich auf der Arbeit wegen meinem Knie sagen?" Noch während ich mich in eine Hose quälte, klingelte sie schon zurück: "Sag, die sollten erstmal den Anderen sehen. ;) Aber was sagst wegen dem Dach?"

Ich hatte keine Ahnung. Noch bevor ich mir wieder die Batmanfrage stellen konnte, bekam ich eine Nachricht von einem unbekannten Absender ohne Nummer auf mein Handy: "Keine Sorge. Ich habe ja schon mit Bruce Wayne alles geklärt. Er zahlt oft für meine Missgeschicke. LOL" Ja, Batman schrieb LOL in seinen Nachrichten, hier hätte ich zum ersten Mal merken können, dass unsere Superhelden nicht in jeder Hinsicht unfehlbar sind. Allerdings sehr auf den Punkt. Die Zeit über Batmans Nachrichten-Stil nach zu denken hatte ich nämlich nicht besonders lange, da es an meiner Tür klopfte.

"Guten Tag Herr Fin, Hausmeisterlicher Dienst, Wayne Industries! Wir kommen um das..." und dann schaute der Mann, der mir seinen Ausweis fast schon ins Gesicht geschlagen hatte, auf sein Klemmbrett: "Sonnendach, die Türkamera und die neue Alarmanlage zu installieren." Öhm. Das sagte ich dann auch so: "Öhm." Der Trupp aus circa Zehn Leuten grinste mich an wie die Sieben Zwerge im Schneewitchen-Disney-Film, eine Sekunde bevor sie ihr "Hey Ho"-Lied singen und ich hätte schwören können, einer von ihnen hatte auch schon dafür Luft geholt.

"Ja, ähm, gut.", sagte ich und schloß meine Hose. "Ich muss aber jetzt gleich zur Arbeit." Doch der Frontmann der fröhlichen Handwerkergesellen versicherte mir: "Keine Sorge, das wissen wir! Wir werden auch den ganzen restlichen Tag brauchen."

Erst als ich zur Arbeit fuhr, dachte ich darüber nach, das dieses "das wissen wir!" mir vielleicht auch Sorgen hätte bereiten sollen. Ich kam mir ein wenig vor, als hätte Batman auf seiner Facebookseite Fotos und Videos vom vorherigen Abend geteilt und nur ich wusste nicht bescheid. Tatsächlich schaute ich bei Facebook nach, aber es gab nur Fanseiten von irgendwelchen Teenagern. Hatten Superhelden ihr eigenes Facebook?

Hier kann ich schon sagen: Nein, aber einige wissen trotzdem ganz gut, was dein aktueller Status ist.

Damals bemerkte ich sie nicht, die verschiedenen Personen, mit Sonnenbrillen und Knopf im Ohr. Ich hatte sie nicht als meine Verfolger begriffen. Nein, später sollte ich sogar erfahren, dass ich eine von ihnen freundlich angelächelt habe, als ihr etwas herunter gefallen war. Dass der jungen unerfahrenden Agentin ihre Pistole heruntergefallen war, hatte ich nicht gesehen. Ich dachte, es wäre ihr Handy gewesen. Und ich habe wirklich keinen einzigen von Ihnen erkannt oder erahnt. Selbst der eine Agent, der die gesamten Mittagsstunden im Restaurant saß hatte bei mir keinen Verdacht erweckt. Sowas würde mir heute nicht mehr passieren. Alle anderen Manager und Arbeiter gingen ein und aus, er blieb sitzen.