Sandwich #001 - Das Basic



Die Legende ist einfach. Der Earl von Sandwich hat keine Zeit zum Essen, also lässt er sich seine Mahlzeit zwischen zwei Brotscheiben legen. Damals irgendein Rinderfilet. Gut, dass es an diesem Tag keine Suppe geben sollte.
Unabhängig von der Legende, gibt es aber einen feststehenden historischen Fakt: Ich habe keine Ahnung vom Kochen und Ernährung. Das hält mich aber nicht auf. Besonders hat es mir das Sandwich angetan, da es aus meiner Sicht eine Universalwaffe ist. Sandwich geht immer und gut. Sandwich kann Reste verwerten. Sandwich schläft nie. Sandwich ist für dich da, wenn du müde und betrunken bist. Sandwich kann süß, deftig, scharf und sogar auch crazy. Und alles gleichzeitig.

Foodblog hatten wir bisher auf dieser Seite noch nicht und ich habe wirklich keine Ahnung. Wer kluge Rezepte und Ideen haben will, sollte sich vermutlich woanders umgucken. Chefkoch.de, das Darknet für Lebensmittel ist da ein guter Anlaufpunkt. Wer weiter hier mitliest: Viel Glück, wenn ihr mit mir gemeinsam in die Tiefen der Sandwich-Technologie einsteigt, begonnen auf experimentellem Sandkasten-Niveau.

Okay, genug die Erwartungen nach unten geschraubt. Tatsächlich habe ich mir ein wenig Gedanken gemacht und sowas wie einen Plan entwickelt. Im Rahmen dieses Plans, ist unser erstes Sandwich das "Basic". Es ist so Standard, dass ich keine Zutat konkret benennen muss, sondern meine persönlichen Sandwich-Fachbegriffe einführe. Keine Sorge, alles bleibt sehr bodenständig und einfach, quasi "basic".

Sandwiches stellen sich aus verschiedenen Ebenen zusammen, was eine ihrer größten Stärken ist. Denn beim beherzten vollständigen Biss oder - für die eleganten Kniggerianer*Innen unter uns - dem abgeschnittenen Eckchen, kommen im Mund alle Zutaten gleichzeitig an. Der Architektur der Futterluke ist es aber geschuldet, dass wir nicht alles gleichzeitig schmecken. Beim Kauen kombinieren sich immer wieder unterschiedlich unsere Zutaten. Jeder Bissen ist anders. Das soll mir ein Schnitzel mit Bratkartoffeln mal vormachen.
Dazu kommen die unterschiedlichen Konsistenzen und Oberflächenbeschaffenheiten der Zutaten, welche auch taktil, also in der Berührung, unsere Sinne reizen. Ein gutes Sandwich bietet einen weiteren Erlebnishorizont, als jedes Andreas-Bourani-Album. Da ist auch viel mehr los im eigenen Kopf, wenn mensch ein Sandwich in sich aufnimmt.

Fundament
Am unteren und oberen Ende, so gebietet es die Tradition, aber auch die Architektur des Sandwiches, befinden sich die Fundamente. Fundamentale Fundament-Fundamentalisten schwören hier auf entkrustetes Weißbrot, welches zart angetoastet ist, aber modernere Übersetzungen des Konzeptes erlauben alles, was Halt gibt. Nicht nur seelisch, sondern auch den Zutaten, die da zwischen gehalten werden sollen. Wer gerne einen Kickflip auf seinem Sandwich machen möchte, sollte darauf achten, dass sowohl Boden als auch Dach der Konstruktion fest und griffig sind. Daher haben sich Backwaren wohl durchgesetzt. "Teig, der Zement des Kochs." Oder so.
Bei U-Boot-Sandwichen, also einem Sandwich, welches im Baguette zubereitet wird (Da Baguettes nur unter Wasser auftreten?), gilt das Baguette als Fundament. Warum sich eine Kette die U-Boot-Sandwiche verkauft, nach der U-Bahn benannt hat, ist historisch nicht überliefert und vielleicht einfach nur ein bisschen dumm.


Mörtel
Klar, wenn wir beim Brot vom Fundament sprechen, dann müssen wir bei Saucen und Aufstrichen vom Mörtel sprechen. "Mörtel aufs Brot" klingt komisch, schmeckt aber fantastisch und ohne geht es kaum.Von der klassischen Brotzeit-Entscheidung, mit Butter oder Margarine zu arbeiten, über Frischkäse, bis hin zu selbst gebrauten alchemistischen Erzeugnissen wie hauseigener Sauce, ist hier ebenfalls alles erlaubt.
Bis auf echten Mörtel. Auch wenn er im Ruf steht, für immer satt zu machen, wir wollen zwar kleben, aber nur Brot und Zutaten aneinander.
Außerdem hat unser Mörtel nicht die Aufgabe, satt zu machen. Es handelt sich um eine flexible Schicht, die sowohl Stabilität bieten kann, bestehende Geschmäcker des Sandwiches unterstützen oder kritisieren kann. Da im Sandwich Mörtel häufig zweimal zum Einsatz kommt, können diese Schichten sogar in allen denkbaren Verhältnissen zueinander stehen, in dem wir zwei verschiedene Mörtel verwenden. Wie eine neue Figur in einer Soap-Opera, nur halt deutlich authentischer.

Plot
Wann immer eine Geschichte interessant wird, hat das mit dem Plot zu tun! Wann immer eine Geschichte nicht mehr plausibel ist, hat das mit einem Loch im Plot zu tun! Kein Belag auf einem Sandwich? Die Dramaturgie funktioniert nicht mehr! Die Reise des Helden fällt aus, weil kein Widerstand, kein Konflikt, kein Held, keine Handlung da ist.
Für Mörtel und Fundament tut es mir leid, aber auch schon bei der Schöpfung des Sandwiches waren diese nur Statisten. Und ganz im Ernst: Entkrustetes Weißbrot wird nie einen Academy Award für die beste unterstützende Rolle bekommen. Aber ein guter Belag? Bacon zum Beispiel - Kevin Bacon, hat einen Golden Globe! Was für ein Belag!
Der Plot eines Sandwiches kann alles sein, außer Fundement und Mörtel. Sonst könnte ja alles alles sein und das wird mir hier dann viel zu philosophisch. Besonders wichtig für den Plot sollte aber sein, dass er auch aus eigener Kraft im Mittelpunkt stehen kann. Er hat Charisma, Ausstrahlung und Geschmack. Hach, Geschmack. Stellt euch bitte einmal hin und sagt laut: "Geschmack!" Direkt werdet ihr vor dem geistigen Auge haben, was auf eurem Sandwich liegen sollte.

Ein Beispiel. Fundament: Angeröstetes Toastbrot, Mörtel: Kräuterfrischkäse, Plot: Spiegelei und Bacon, Herausforderung: Gebratene Pilze, Schmuck: Eisbergsalat


Mit Fundament, Mörtel und Plot könnt ihr schon wirklich ein solides Sandwich bauen. Bis jetzt ist das Sandwich aber noch nicht ausreichend von dem Butterbrot, der Bemme, der Knifte, der Stulle oder der Donge -kein Scherz- zu unterscheiden. Dafür braucht es mehr.

Herausfordung
Es war still in Sandwich-County. Es hatte sich herum gesprochen, das Sheriff Plot ein unfassbar guter Schütze war und mit seiner geschmacklichen eisernen Hand nicht nur für Ordnung im Brot gesorgt hatte. Das Leben in Sandwich-County wurde alltäglich und langweilig, es kam kaum mehr zu Aufregung. Es lebten gute Zutaten hier, aber seit sie sich nicht mehr beweisen brauchten, wirkten sie fad. Doch eines Tages kam eine Unruhe zwischen den Brotscheiben auf. Tasty McTasteface war auf dem Weg und er wollte den Sheriff in einem Duell in seine Schranken weisen. Aufgeregt hibbelten alle Zutaten auf und ab. Endlich kam wieder Schwung in die Hütte.
Ein gutes Sandwich braucht keine Herausforderung. Herausforderungen sind ein Gegenspieler, eine Aufgabe für den Plot, dabei dem Plot zum Verwechseln ähnlich. Eine Herausforderung ist selbst ein starker Belag, der auch alleine seine geschmackliche Berechtigung hätte. Und wenn solche Schwergewichte aufeinander treffen, muss die Hierachie neu ausdiskutiert werden. Am besten im eigenen Mund und in mehreren bissigen Runden.


Schmuck

Es geht alles um das Bling Bling und Ching Ching! Das ist im Sandwich-Game nicht anders, als in jeder anderen Kunstform der Pop-Kultur. Es ist eines wenn du Talent hast, aber wenn du dabei klug, gut, attraktiv, krass und selbstbewusst aussiehst, multipliziert das die anderen Eindrücke. Wir wollen ja hier auch nicht nur Brote schmieren, zwischen durch soll ein bißchen Magie passieren. Magie erkennt mensch ja auch am besten am Glitzer. Unser Glitzer sind Kräuter, Gewürze, kleine Handgriffe. Es gilt dabei häufig: "Weniger ist mehr.", sonst kann der Schmuck auch schnell zur Herausforderung werden.
Das ist nicht schlimm, müssen wir aber im Blick haben. Wenn nämlich zu viel auf unserem Sandwich los ist, dann verpassen wir vielleicht etwas. Unerfreulich, wenn mensch dann für 40€ echte handgeschöpftes rotes Hawaiisalz (vgl. Tobi Katze) kauft, mit dem während des ganzen Transportes zum lokalen Gewürzfeinhandel wertschätzend gesprochen wurde, nur damit es dann entweder von einem unmotivierten Käse aus dem Discounter ausgeschaltet wird oder auch schade, wenn wir uns beim Biss ins Sandwich vorkommen, als hätten wir vom hawaiianischen Strand genascht.


Fundament, Mörtel, Plot, Herausforderung und Schmuck sind meine Fachbegriffe für die Sandwiches. Was fehlt? Was sind eure Favoriten? Schreibt es ruhig in die Kommentare!

So Freund*Innen, jetzt haben wir doch eine ordentliche Grundlage um uns in Zukunft hier im Blog mal ordentlich über Sandwiches zu unterhalten.

Kommentare

  1. Anonym11.7.17

    Hervorragend!

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    1. Ich hoffe, dass ich diesen Standard halten kann!

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  2. Anonym11.7.17

    Ja, der erste Kommentar ist nun mal eingegangen, aber mehr als einfach brilliant verfasst, bin auch ich nicht in der Lage beizusteuern, obwohl allein die Mühe, die hier gemacht wurde,so ausführlich die Erkenntnisse uns mitzuteilen und uns das Innenleben so schmackhaft schon fast auf dem Servierteller zuzubereiten, phantasievoll,ideenreich,grenzt schon an ein kulinarisches Meisterstück und ist schon mal eine Bewunderung und Hochachtung wert, wem immer auch dieses Sandwich gelten soll, der oder diejenige kann sich glücklich schaetzen,aber ich denke auch eine Stulle, eine Butterbemme würde bei dieser Legende diesselbe Wirkung erzielen. Hochachtungsvoll, mit freundlichen Grüßen A 1

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    1. Danke. Freut mich, dass die Schreibweise appetitlich ist!

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  3. Anonym18.7.17

    Ja, nach der von Ihnen hervorragenden Grundlage zur Vorlage eines appetitanregendes Sandwiches, ist der Wunsch nach einer Unterhaltung, Diskusion bisher noch nicht zu Stande gekommen,doch ihren Dank über die appetitliche Schreibweise, die sie haben zukommen lassen,hat mich geehrt, bin aber leider sehr oft in der Synonymsprache überfordert, so dass ich der Sache immer Dank des Internets sofort auf der Spur bin, also jede für mich nicht geläufige Schreibweise,nach schaue, was ich mir mittlerweile zum Hobby gemacht habe, und es wundert mich jedes Mal auf's Neue, welche viele Bedeutungen ein Wort haben kann, wenn ich kurz das Wort appetitlich eingebe, so folgen diese Bedeutungen: einladende abwechslungsreiche anreizende,anziehende, appetitanregende, delikate, gutriechende, knusprige, kross, krâftig im Geschmack, kõstliche, saubere, schmackhaft verführerische, verlockende, willkommene, wohlschmeckende und ganz am Ende noch östereichische, naja Schreibweise,ist doch faszinierend, welche Bedeutungen dies eine kleine Wörtchen hat,bin immer wieder beeindruckt von der schönen Schreibweise, die doch der höheren Schreibkunst angesiedelt ist,und ich sehr bewundere.M.Frdl.Grüßen A1

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