Aufbautraining I

Nachdem ich schon einen kleinen Satz Dehnübungen fürs Schreiben präsentiert habe, möchte ich heute eine erweiterte Übungsmethode vorstellen, die bei mir selbst zur Zeit auch zum Einsatz kommt.
Leider ist sie fast nur für Gedichte geeignet, aber im besten Fall hilft sie auch den aktiven Wortschatz etwas zu verstärken oder zu verbessern. Ich nenne dieses Aufbautraining die

Reimsperre
Wie der Name es schon vermuten lässt, wird bei der Reimsperre das Reimen eingeschränkt oder verboten. Aber warum sollte man das tun?
Wenn man regelmäßiger Gedichte schreibt kann es dazu kommen, dass man im Laufe eines oder auch mehrerer Gedichte merkt, dass man häufig die selben oder ähnliche Reimpaare verwendet. Um die Vielfältigkeit zu verbessern, möchte man das aber vermutlich verhindern, so dass nicht alle Gedichte gleich klingen. Wie genau die Reimsperre eingesetzt wird erkläre ich in den unten angegeben Stufen.
Ich selbst habe es beim Schreiben der "Ikaruga"-Gedichte immer wieder gemerkt, wie schwer es mir manchmal gefallen ist die Sprache vielfältiger und bunter zu verwenden. Mit regelmäßigen Wiederholungen als Stilmittel schien es mir dann besonders schwer, mich von eingefahrenen sprachlichen Pfaden zu entfernen.
Deshalb habe ich mir die Reimsperre überlegt.
Ich bin vermutlich nicht der Erste, der sie verwendet und habe sie bestimmt auch nicht erfunden; die meisten erfahrenen Schreiber verwenden sie vermutlich auch schon unbewußt.
Die Reimsperre lässt sich auch sehr gut mir dem "Wortspeicher" verwenden, denn ich in den Dehnübungen schon vorgestellt hatte.
Da die eigene Wahrnehmung der eigenen Mängel beim Reimen an verschiedenen Punkten festgemacht werden kann, habe ich die Reimsperre in verschieden Stufen eingeteilt, die verschiedene Zwecke erfüllen.

Stufe 1:
Beim Schreiben eines einzigen Gedichtes schreibt man jedes Reimpaar, welches bereits verwendet wurde nocheinmal seperat auf (oder markiert es sich entsprechend) und darf genau dieses nicht noch einmal verwenden. Als Beispiel verwende ich eine Strophe aus dem "Orangenes Gold"-Text, der als Übungstext mit der Reimsperre entstanden ist:
"Doch heute geht es nur um eines,
Denn Gemüse gibt es ziemlich viel.
Vielleicht ist dieses Gedicht nicht so deines,
Liegt dann vermutlich an dem Stil."
In diesem Fall sind die Reimpaare also "eines"-"deines" und "viel"-"Stil". Diese Paare schreibt man also seperat raus. Bei Stufe 1 ist dabei zu bemerken, dass man "eines" zum Beispiel immer noch mit "keines","meines" usw. reimen könnte. Es geht immer  nur um ganz genau ein Reimpaar.

Stufe 2:
Auf der zweiten Stufe darf kein Reimwort mehrfach verwendet werden. Habe ich also bereits ein Wort verwendet, z.B. "Baum", reime ich regeulär einmal darauf im Rahmen des Gedichtes, aber verwende dann weder das Ursorungswort noch irgendein Wort, das sich darauf reimen würde, z.B. "Schaum", "Raum", "kaum" usw. Wichtig ist dabei, dass dieses Wort nicht für das vollständige Gedicht gesperrt ist, sondern wirklich lediglich auf den Reimpositionen nicht mehr auftreten darf.
In meinem Beispieltext wäre "Möhren" so ein Wort. In der vierten Strophe liegt dieses Wort auf einer Reimposition am Versende und in der letzen Strophe im letzten Vers taucht es erneut auf, aber halt nicht auf der selben Position.

Stufe 3:
Die dritte Stufe ist meiner Meinung nach die Weitreichenste, denn während sich Stufe 1 & 2 auf ein einziges Gedicht beziehen, erstellt man auf dieser Stufe eine Sperrliste, die über mehrere Gedichte hinaus geht. Ob man dabei Reimpaare oder Reimworte sperrt, ist einem selbst überlassen und auch der Frage geschuldet, wie schwer man es sich machen möchte. Denn wenn die ersten Gedichte bestimmt noch leicht von der Hand gehen, macht eine größere Sperrliste natürlich auch eine größere (aber durchaus motivierende) Herausforderung aus. 
Zusätzlich kann man Stufe 3 aber auch sehr gut rückwirkend einsetzen: Man nimmt sich seine älteren Gedichte oder auch eine bestimmte thematische Auswahl und sammelt nachträglich die Reimpaare/-Wörter hinaus, die man sperren möchte, um sich abschließend an einen neuen Text zu setzen.

Die Reimsperre ist entgegen den "Dehnübungen" nicht besonders gut geeignet um den kreativen Prozess in Gang zu bringen, aber durchaus eine sinnvolle Methode, meiner Meinung nach, um die Qualität seiner eigenen Gedichte zu verbessern, oder auch zu überprüfen.

Ich werde mich an einer Reimsperre der dritten Stufe versuchen in den nächsten Tagen, brauche allerdings noch ein Oberthema. Für Vorschläge bin ich immer offen. Solltest du auch Lust haben an dieser Herausforderung teilzunehmen, dann mach doch einfach mit und gib mir Bescheid.

Kommentare

  1. Anonym11.3.11

    interessante und gute idee/vorhaben von Dir, diese Seite/Blog..

    ich nehm die anregung begeistert mit, ist mir bei mir selbst auch aufgefallen, das ich so meine "lieblingsworte" habe..

    hast du schon ein oberthema?

    gruss,Carsten

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  2. Hallo Carsten,
    schön das du den Weg zu diesem Blog gefunden hast.

    Lieblingsworte zu haben ist natürlich auch gar nicht schlimm. Da muss man, finde ich, ja immer selbst beurteilen ob man etwas verändern möchte an seinem Stil.

    Ich habe noch kein Oberthema, habe aber, arbeitsbedingt, auch noch keine Zeit gehabt anzufangen. Jetzt spontan könnte ich mir gut vorstellen etwas zum Themenfeld "Schule" zu machen.

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  3. Interessanter Ansatz. Werde das bei Gelegenheit mal im Selbstversuch testen. :)

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  4. Ich bin ja sowieso eher ein Gegner von Reimen - deshalb habe ich dieses Problem nicht so sehr. Und wenn ich doch einmal Reime verwenden, dann habe ich meist eh mein kleines Reim-Lexikon bei mir =)

    Ist aber eine interessante Möglichkeit, sich vielleicht wieder an halb vergessene Wörter zu erinnern!

    lg, Cara

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  5. An den Imperator:
    Gerne, ich bin auf Ergebnisse gespannt.

    An Cara:
    Weniger auf Reime zu stehen ist natürlich eine andere Sache. Ein Reimlexikon zu haben ist meiner Meinung nach ja purer Luxus (Was nicht schlimm heißen soll, sondern nur das ich ein wenig neidisch bin).

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  6. Der Luxus hat mich 16,90 gekostet =)
    Und es ist schon spannend zu sehen, wie Gedichte sich verändern können, wenn man so ein Lexikon neben sich liegen hat...

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