Cradle to Cradle


Es ist den deutschen Regierungsparteien viel vorzuwerfen, es gibt reichlich Angriffsfläche bei ach so vielen Gesetzen. Aber manchmal kommt ein Gesetz daher, welches still und heimlich seine Wirkung erreicht, genau sein Ziel erfüllt und keiner merkt es so recht. Ich denke da gerade ans Dosen- und inzwischen auch Flaschenpfand.

Zielsetzung dieses Gesetzes war es, den Müll von den Straßen zu bekommen, die Belastung zu senken und tatsächlich ist dies gelungen. Als Jugendlicher weiß ich selbst noch sehr gut, dass ich von Straßenecke zu Straßenecke mit platt gemachten Dosen Fußball gespielt habe, wenn ich nicht gerade sowieso selber meine Cherry Coke zerquetscht habe um sie dann irgendwo unter ein Auto zu schießen, und liegen zu lassen. 
Der Dosenpfand hat die metallenen Belastungsstoffe von den Wegen und aus den Parkanlagen geholt und selbst wenn es Leute gibt, die auf ihre 25 Cent verzichten, sind mit Pfandsammlern Menschen unterwegs, die diesen Müll für uns einsammeln und entsorgen.

Zu gegeben, sie tun das nicht wirklich für uns. Natürlich tun sie das für sich selbst. Aber das ist auch vollkommen legitim so, denn während sie ihr eigenes Geld aufbessern, tun sie halt auch einen Dienst am Gesamtbild unserer Städte. Eine klassische Win-Win-Situation, wenn auch mit einem Haken: Die Gesundheit.

Leider haben nur wenige Städte in Deutschland schon darauf reagiert, aber einige Menschen sind schon auf dem richtigen Weg: Pfand gehört daneben! Flaschen und Dosen sollten niemals in Mülleimer geworfen werden, sondern als dankbare Geste für die Sammler unter oder neben Abfallbehälter gestellt werden. Wer möchte schon für seinen Dienst an der Gesellschaft gerne im Müll wühlen? Und den leisten sie uns wirklich im hohen Maße. Wer sein Pfand daneben stellt, spart Rentnern, Minijobbern, Jugendlichen und anderen Menschen die ihr Einkommen aufpolieren wollen den Griff in benutzte Taschentücher, Windeln, Essenreste und andere Ekelhaftigkeiten die wir noch so im Alltag als Nebenabfälle produzieren. Da würde ich euch inständig drum bitten, denn wirklich: Diese Menschen verbessern unser Stadtbild und sollten dafür nicht ihre Gesundheit riskieren müssen.

Im besten Fall hat eure Stadt es erlaubt Pfandkörbe an Laternen an zu bringen, die dann erlauben, dass auch ihr euch nicht zu tief bücken müsst und so alle gewinnen. Im nicht ganz so besten Fall, kämpfen Menschen in eurer Stadt dafür, genau solche Pfandkörbe möglich zu machen und im aufwändigsten Fall müsst ihr selbst mal eure Bezirks- und/oder Kommunalvertreter der Politik in die Pflicht nehmen. Sollte die Frage der Finanzierung da aufkommen, habe ich eine Empfehlung für euch: Wendet euch für die Produktion dieser Körbe an lokale/regionale Getränkehersteller. Die dürfen dann nochmal Werbung drauf drucken und am Ende gewinnen so ziemlich alle.

Wenn jetzt aber Pfand so gut funktioniert hat, so frage ich mich das auch sehr oft, warum hat Mensch in Deutschland eigentlich nicht auch auf andere Verpackungen Pfand erlassen? Ich weiß es nicht. In Teilen empfände ich es viel viel klüger und das Auftauchen von verpackungsfreien Supermärkten in Deutschland, in denen jeder für seine Einkäufe eigene Gefässe mitbringt und so selbst für hygienische Aspekte zuständig(er) ist, versichert mir, dass ich mit diesem Denkansatz nicht alleine bin.

Ich kann nicht fachlich beantworten, warum es so ist, aber ich glaube in der Bequemlichkeite der Kunden, dem Bedürfnis der Hersteller mit außergewöhnlichen Verpackungen zu werben und auch der Möglichkeit über veränderte Verpackungsgrößen die Kunden zu locken/zu betrügen ausreichende Verdächtige gefunden zu haben. Ergänzend sei da aber auch noch die Bequemlichkeit des schon existenten Einzelhandels zu nennen.

Quelle:
http://www.verbraucherportal-bw.de
Ja schon die Pfandautomaten in Supermärkten gelten ja als – nervliche und zeitliche – Mehrbelastung bei den Mitarbeitern, aber auch bei den Kunden, was auch ganz deutlich am Verhalten der Geschäfte liegt. Hier mal ein paar Verbrauchertipps für die, die ihr Pfand gerne und regelmäßig selbst zurück bringen:
  • Gequetschte Flaschen und Dosen können von den Scannern nicht eingelesen werden. Lieber alles ganz lassen.
  • So lange eine Behältnis das Deutsche Pfandgut Zeichen hat, müssen Supermärkte diese annehmen, egal ob das dazugehörige Produkt im selben Laden zu kaufen war.
  • Bei Glasflaschen ist das nochmal was anderes, da muss nur angenommen werden, was auch angeboten wird.
  • Am besten geht mensch direkt in den Getränkemarkt für die Abgabe. Die sind oftmals schneller als die Automaten, haben aber auch mehr Lagerkapazitäten und erfordern nicht, dass ein Mitarbeiter gerufen werden muss.

Wenn diese Dinge jetzt also auch noch für andere Verpackungen wichtig wären, würden unzählige Automaten in den Supermärkten stehen. Es ist schwierig die Zukunft der Verpackungssituation vorher zu sehen. Fakt ist: Es gibt genug Verpackungsmüll auf der Welt, dass alleine der in den Ozeanen angesammelte Müll schon eine eigenen Insel gebildet hat.

"Was können wir denn jetzt tun?", fragen sich viele und auch Herr Braungart, ein Chemiker und der Herr McDonough, ein Architekt haben sich diese Frage gestellt und sie waren nicht damit zufrieden, sich einfach nur vor zu stellen, Supermärkte ohne Verpackungen zu haben, wobei sie sich aber in ihrer Idee schon auch mit Pfand beschäftigt haben.

Ihre Idee ist, Cradle to Cradle. Ein Produktions- und Konsum-Konzept. Übersetzt heißt es "von der Wiege in die Wiege" und stellt die Frage, warum wir uns soviele Geräte bei technischer Weiterentwicklung neuanschaffen, sowieso, warum der Erwerb von etwas neuem auch immer gleich mit weiterem Ressourcenverbrauch verknüpft sein muss.
Wenn neue Technologien etwas fortschrittlicher gestalten, wollen wir Kunden davon natürlich auch profitieren. Ein gutes Beispiel dafür sind die Flachbildschirme zu HD-Ready zu Full-HD zu 3D-Bewegungen im Fernsehbereich. Alleine diese beschriebene Kurve würde vier Geräte benötigen. Dabei hat sich aber nie die Technik des Chassis verändert, sondern die Platinen, Installationen im Inneren des Gerätes. Warum also nicht nur diese austauschen?

Im System Cradle to Cradle werden aus Altgeräten neue geschaffen, in dem alles funktionale behalten wird und die zu erneuernden Komponenten ausgetauscht werden. Oberflächlich betrachtet entspricht dieses System also schon unseren Getränken, wo die Formen behalten, aber die Inhalte erneuert werden.
McDonough und Braungart sind aber der Überzeugung, auch Fernseher, Computer, Fahrzeuge und so weiter könnten von einem modulareren Aufbau profitieren, in dem einzelne Komponenten dann ausgetauscht werden, wenn der Kunde dafür investieren möchte. Damit aber nicht lange Wartezeiten für den Kunden entstehen, werden die Chassis genormt. So können Altgeräte beim Hersteller modernisiert werden, beim "Neukauf" wird das eigene Gerät abgegeben und sofort gegen eine überarbeitete Version eingetauscht. Das dabei eingegangende Modell kann dann in der Werkstatt auf gerüstet werden.

Die Theorie klingt dabei natürlich immer einfacher, als es dann die sorgfältige Durchführung in der Realität machen würde, aber reizvoll ist das System trotzdem. Dem entgegen stehen nur wir Menschen mit unserem Individualisierungsdrang. Möchte wir, dass alle Autos gleichaussehen? Nein. Wir wollen unsere eigenen Produkte, die uns helfen uns selbst als Charaktere zu definieren. Cradle to Cradle wäre da eine gegenläufige Entwicklung. Auch wenn sogar mehrere verschiedene Chassis möglich wären, würden wir uns vermutlich nicht zufrieden geben.

Zu dem müssten die Produktionen unzähliger Großkonzerne umgestellt werden, auf eine Re- und Up-Cycling-Fertigung, was im ersten Moment natürlich großen Ressourcen Aufwand bedeuten würde.

Trotzdem sollten wir dieses Konzept und diese Idee nicht aus dem Blick verlieren, da sie Potential bietet. Potential, das wir dringend benötigen, denn die Müllhalden und Verwertungsstellen beklagen sich regelmäßig über ansteigende Belastungen. Die Tatsache, dass unser outgesourcterMüll in anderen Ländern sich anhäuft und Menschen Städte auf diesen Quecksilbergräbern leben, sollte uns da nur noch dringlicher dazu bringen, einen Weg zu suchen, wie wir mehr Material länger verwenden können.



Da Jenny gerade zeitlich stark gebunden ist, springe ich hier - hoffentlich - hilfreich zur Seite, die Welt ein wenig zu verändern. Jenny ist im neuen Jahr dann wieder für euch da, zwei Monate lang heißt es jetzt also JAYnny verändert die Welt.

Kommentare

  1. Hurra ich bin ein Weltretter...ich baue meine Computer selber. ;)
    Und das würden viel mehr Menschen machen, wenn die Thematik nicht so kompliziert wäre.
    Es ist ein durchaus interessanter Ansatz aber die Umsetzung...omg.

    Das eigenständige Auseinandersetzen mit der Technik wäre nötig damit der Kunde dem Verkäufer, Re-Seller oder wie sie sich ja jetzt schon schimpfen auch sagen kann, was er denn will. Und tut er es nicht, rollen die Dollarzeichen durch die Verkäuferaugen.
    Meiner Meinung nach scheitert der Ansatz an der mangelnden Kompetenz auf beiden Seiten der Konsumfront.

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    1. Das ist in jedem Fall ein nicht zu unterschätzender Faktor. Der Kunde müsste halt auch reflektiert damit um gehen, was er denn wirklich braucht und nicht nur, was die Werbung ihm suggeriert, dass er es bräuchte.

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  2. Das Dosenpfand habe ich auch immer als sehr, sehr positiv wahrgenommen. Damit ist tatsächlich eine Müllquelle von unseren Straßen verschwunden. Die Pfandsammler dagegen sehe ich etwas anders. Ich will nicht soweit gehen, sie als "nützlichen" Teil einer Gesellschaft zu sehen, die mir den Müll vor der Nase wegräumt, weil es schlimm ist, dass hierzulande, in einem so reichen Land wie Deutschland, überhaupt Menschen Flaschen sammeln gehen müssen. Aber gut, ich will auch keine Umverteilungsdiskussion anstoßen. Das können andere besser.
    Die Pfandautomaten in den Supermärkten sind leider noch ein Graus. Die sind fehleranfällig und der ganze Prozess um die Dinger ist zumeist sehr dürftig: Wenn mal wieder eine krude Fehlermeldung angezeigt wird, steht man sich oft erst mal vor dem piepsenden Ding die Füße in den Bauch, bis sich mal ein Mitarbeiter erbarmt, den Fehler zu beheben. Die Schlangen vor den Automaten, die bspw. bei uns im Edeka den kompletten Eingang blockieren, sind Ausdruck dieses, sagen wir mal, durchaus vorhandenen Optimierungspotenzials. ;-)

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    1. Umverteilungsdiskussionen sind schwierig und möchte ich auch nicht anberaumen, aber ich sehe das halt auch nicht als ein "sammeln müssen", sondern auch als ein "sammeln können". Tatäschlich halte ich mir das auch als Option offen, sollten mal dürre Wochen auf mich zu kommen.

      Die Pfandautomaten sind auch ein Graus und eine Erfindung des Irrglaubens, dass Automatisierung alles schneller machen würde. Ich war mal selber "Leergutjunge" im Getränkemarkt und hätte jeden Automaten jederzeit in Geschindigkeit und Zuverlässigkeit überboten. Daher rate ich auch davon ab Pfand im Supermarkt zurück zu geben. Leider ist es nur oft nicht anders möglich.

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