Slamrückblick #3

oder: Es wird überall mit Wasser gekocht

Eigentlich war gar nicht vorgesehen, dass ich zu diesem Slam fahre. Der große Sebastian23 hatte mich aber herzlichst zu diesem Sondertermin des Herner Slams eingeladen und wenn der Meister ruft, dann steigt man natürlich in Zug und Bus.
Und die Hinfahrt im Bus war schon eine helle Freude. Da konnte auch die Verspätung der DB nichts dran ändern.
Stattfinden durfte der Slam, anstatt in den Flottmannhallen, wo er beheimatet ist, im Pfiffikus. So wie ich es verstanden habe ist das ein Kindertheaterhaus am Gysenbergpark in Herne. Dem entsprechend war alles niedlich klein. So klein, dass wir nicht von einer Bühne, sondern von einer Treppe aus vortrugen, was ich persönlich sehr toll fand.
Das Starterfeld stellte sich fast ausschließlich aus alten Bekannten zusammen, die alle hier nur zu oft erwähnt wurden (Sina Langner, Maschi, Johannes Floehr, Jan Möbus und weitere Halunken). Nur einen, den kannte ich noch nicht: Sven Golze aus Leverkusen.
Der junge Herr hat mich sehr beeindruckt, denn einen ernsten Text auf die Bühne zu bringen ist eine Sache, einen solide recherchierten ernsten Text noch eine andere, aber diesen auch noch mit absolut perfekter Vortragsweise zu veredeln, ist mindestens Wimbeldon. Auch wenn er an diesem Abend nicht gewonnen hat, Sven Golze war aus meiner Sicht der Sieger.
Nicht, dass die anderen schlecht gewesen wären: Bis auf mich; der sich mit dem trashigen Poetmon-Text ins Finale schummeln konnte, nach ganz bitterem Abstimmungsmarathon; waren alle anderen wirklich sehr gut.
Was man hätte schade finden können, ist die Tatsache, dass nur circa 30 Zuschauer da waren, aber ich fand es so viel schöner. Außerdem konnte ich so lernen, dass auch andere nur mit Wasser kochen. Mit Seb23 kann man einen Superhelden als Moderator haben, der unterhaltsam wirsch zu überzeugen wusste, trotzdem sitzt im Publikum nicht automatisch eine gesamte Justice League. Muss ja auch nicht. War auch so sehr schön.


oder: Ole Ole!

Strategisch ungünstige Positionen für Veranstaltungen, die nicht Fussball-Gucken sind, sind ja immer ganz in der Nähe von Spielterminen der einheimischen Fussballspielvereinigung. Unmittelbar vor dem Spiel gegen Italien also einen Slam zu platzieren ist vielleicht nicht die beste Wahl.
Dafür war das Starterfeld fast vollständig allererste Wahl: Sandra Kozok, frische Saison-Dritte bei unserem Slam, Sushi da Slamfisch, Andy Strauß, Tobi Katze, Lisa Schöyen und Zerrin Blumenkind. Wie ich mich in dieses Feld mogeln konnte wird ein Mysterium bleiben.
Andy Strauß, der sich auf der Bühne meist als absoluter Performance-Berserker präsentierte, durfte ich hier zum ersten Mal treffen. Entsprechend war ich sehr gespannt. Auch auf das "Neben-der-Bühne". Für jemanden, der so abgefahrenes Zeug in Worte stellen kann, war er angenehm bodenständig, wirkte fast schon spießig. Ich war überascht. Auf der Bühne ließ er mit einem sensationellen Auftritt aber keine Fragen offen: Bei uns Künstlern. Überraschenderweise schied er in der Vorrunde aus.
Tobi Katze, in den ich ja ein bißchen verliebt bin, hat sich von mir bei der Textwahl beraten lassen und das hat sich vielleicht auch gelohnt, denn er machte sich mit seinem "Deutsche Bahn-Text", wie ihn jeder Slammer haben muss, auf den Weg ins Finale.
Sandra Kozok, die als Radiomoderatorin ein farbenfrohes Spektrum an Stimmlagen beherrscht, nutzte wieder all ihre Fertigkeiten und ging von der verletzten Ex, über die wütende junge Frau bis zur absoluten Verrückten, in ihrem Text "Love Monday", mit dem sie ins Finale einzog. 
Sandra ist eine, die ich aktuell den "Naturtalenten" zuordne. Beatrice Wypchol oder auch Oscar Malinowksi hatte ich ja dieser Kategorie auch schon einsortiert. Diese Künstler sind alle ganz starke Performer, höchstgradig sympathisch und gewinnen (zu recht) auf vielen Slams und wenn nicht, dann sind sie mindestens auf dem Treppchen. Was mich dann nur etwas sorgt, dass ich sehr oft die selben Texte von Ihnen höre, mit wenig Variation. Ich hoffe, dass die aktuellen Naturtalente bald neuen Schreibstoff abliefern und ihr Niveau halten können.
Sushi bot wieder einen Freestyle, bei üblich hoher Qualität, leider auch üblichen Themen, aber das scheint mir bestimmt nur so, da ich ihn im Laufe dieser Saison überdurchschnittlich oft habe auftreten sehen. Auch er setzte sich ins Finale ab.
Lisa Schöyen konnte leider nicht ins Finale, brachte aber eine gute Leistung. Textlich hat sie mich leider nicht erreichen können, was aber lediglich am Thema und nicht der sprachlichen Qualität lag. Da wurde nämlich gute Lyrik geboten.
Zerrin konnte sich mit einer guten Performance, die überraschenderweise auch nicht beim Publikum ankam noch vor mich setzen im Ranking, ich wurde Letzter. Teilweise berechtigt, denn ich verhaspelte mich oft, war nicht textsicher und meine sehr gute Laune vermochte es nicht, den Sprung ins Publikum zu schaffen. Aber das war nicht zum ersten Mal mein Problem. Hat mich aber andererseits nicht gestört, denn ich hatte so oder so Spaß an den guten Künstlern.
Ein Löwe in der Manege, Sushi da Slamfisch
Nur an einem hatte ich keinen Spaß und seinen Namen habe ich aus Personenschutzgründen vorsichtshalber wieder vergessen. Sollte er das hier lesen, wird er ja wissen wer er war. Als Tipps: Du warst der Lokalmatador, warst du doch der einzige Schüler im Starterfeld, der diese Schule besucht hat. Und du warst das Arschloch.
Nach dem klar war, dass Zerrin die zweitschlechteste Punktzahl an diesem Abend abgegeben hatte, gingst du ans Mikrofon und moderiertest dich mit den Worten an: "Mein Text wird mindestens so unterhaltsam wie der meiner Vorgängerin."
So weit, so unspektakulär. Das kann ja erstmal heißen, dass dir der Text davor ganz gut gefallen hat. Klang zwar nicht so, kann aber sein. Ändert aber nichts daran, dass Zerrin auf die Anmoderation hin erstmal das Zelt verlassen hat. Zu Beginn der Pause habe ich dich darauf angesprochen, wollte wissen wie du das gemeint hast und habe dich darauf hingewiesen, dass du die Sache vielleicht mit Zerrin klären solltest. "Klar, ich geh sofort raus und entschuldige mich.", hast du gesagt. Und hier bist du für mich zum Arschloch geworden: Du bist sofort rausgegangen uuuuuuuund
hast dich zu deinen Leuten gesetzt. Bis zum Ende des Slams hast du kein Wort mit Zerrin gesprochen. Ich bin ehrlich froh, dass du kein Teil unserer Szene bist. Auch innerhalb dieser gibt es ungehobelte Klötze, aber du warst bisher mein persönlicher König dieser Unart.
Zu dem waren deine Texte zwar okay, aber wenn ich an Herrn Strauß oder auch Lisa denke, verstehe ich nicht, wieso du im Finale warst. Wenn ich aber einblende, dass es dein Heimspiel war, weiß ich genau, warum du da warst. Meine, wenig subtil versteckte Meinung: Sehr unverdient.
Zum Glück hat dann Sandra Kozok den Sieg eingesammelt.
Ein weiterer, kleinerer Dämpfer des Slams war die Moderation, die etwas lustlos und stimmungsbefreit daher kam. Vielleicht im nächsten Jahr Sushi, oder einen anderen Erfahrenen, als Co-Moderator eines Schülers einsetzen, um da das Niveau zu verbessern.
Heimspieler und Moderation mal ausgeblendet, war es aber ein schöner Nachmittag, da gerade das Zelt als Spielort viel hergegeben hat.


10.07.2012 Pretty Poetry Slam in Düsseldorf
oder: "Ist das nicht der mit den Drogentexten?"

Der Termin ist ziemlich überraschend aufgekommen, nicht nur für mich, sondern grundsätzlich. Spontan hatte man in Düsseldorf beschlossen die Sommerpause wird vollkommen überbewertet. Dann hatte man beschlossen, einer der Heimslammer könnte für den Abend die Moderation übernehmen. Dann hatte man beschlossen, der ursprüngliche Moderator könnte ja auch einen Startplatz im Feld übernehmen. Und dann kam natürlich einiges anders.
Ich hatte mich freiwillig gemeldet, denn ich hatte Lust auf Slam und Urlaub hatte ich auch und dann mochte ich auch noch das Pretty Vacant, von daher war das eine ganz runde Sache.
Wer so teilnimmt wusste ich bis zu meiner Ankunft in Düsseldorf nicht, war aber sehr erfreut einige bekannte Gesichter zu sehen, auch eines, das ich schon lange nicht mehr gesehen hatte:  Hank Zerbolesch.
Der Herr war mir mal in Moers begegnet, so lange her, dass selbst er sich nicht erinnerte und dann war er auch mal bei uns auf dem Slam. Immer mit Texten über Drogen. Ich habe ihn versucht zu beraten - was Texte angeht - und dabei kamen wir aber ins reden. Über ihn und seine Drogentexte. Dieser Absatz des Slamrückblicks soll wenig subtil darauf hinweisen, dass, ach, irgendwas mit Drogen halt. Der Zerbo schreibt viel drüber und macht gute Texte daraus. Guckt euch seinen Blog an Punkt
Vorsicht! An dieser Stelle des Rückblicks folgt eine Inception!
Auf dem Slam (Ebene 1), hat der Zerbolesch mir dann erzählt, dass auf dem Weg zu einem anderen Slam (Ebene 2), er mit einigen anderen Slammern meine Slamrückblicke (Ebene 3) gelesen hat, was mich sehr überrascht hat, aber auch vielleicht ein bißchen ehrt. Und jetzt schreibe ich darüber in meinem neuen Slamrückblick (Ebene 4) um mir selbst Relevanz vor zu täuschen.

Kick, zurück nach Düsseldorf.
Im Starterfeld hatten sich zwei Damen untergebracht, Jana und Annika (Es tut mir leid, wenn ich mir die falschen Namen gemerkt habe), die mit sympathischen Texten gestartet sind. Und gestartet sind sie in der Tat, denn eigener Aussage nach waren sie noch nicht so slamerfahren. Gut so! Deshalb waren sie auch textlich nicht so verbraucht. Thematisch mit "Warum ich schreibe" und "Männer sind wie Mountainbikes" vielleicht nicht unbedingt das Frischeste, aber sehr hörenswert.
Die dritte Dame im Starterfeld war Zerrin, die in Düsseldorf ihre persönliche Bestwertung einfahren konnte, die erfolgreichste Dame des Abends war aber Sira Busch aus Horn, die mit netter Schulhofpäarchen-Thematik ins Finale einzog. Im Anschluß des Slams hatte sie sogar eigene Groupies. Beeindruckend.
Zum Sieg reichte es da aber nicht, den strich sich Sven Golze ein, was für mich seinen zweiten Platz in Herne ausglich. Auch heute hatte er es nämlich durchaus verdient. Fehlerfreie Performance, starke Inhalte.
Nur der Zerbolesch, (Ist das nicht der mit den Drogentexten?) vermochte Sven an diesem Abend die Stirn zu bieten. Ebenfalls mit fehlerfreier starker Performance. Aus der Zuschauerposition ein sehr dankbarer Abend.
Auch der Ersatzmoderatorenpraktikant Bernard Hoffmeister vermochte zu gefallen, wenn auch er nicht ganz so sprühte wie sein "Ausbilder" Denis Seyfarth. Der hatte sich im letzten Schritt doch noch davor drücken können als Slammer teil zu nehmen. Vielleicht zum Glück aller Anwesenden, aber eigentlich glaube ich eher, dass der Herr ganz schön gefetzt hätte.

So, wenn mir jetzt nicht wieder Termine vor die Linse springen, sollte meine Saison nun eigentlich vorbei sein. Irgendwo in der Garage meines Blogs bastele ich auch an einer Art Saisonabschlussrückblick, aber der darf noch einige Tage auf sich warten lassen.

Kommentare

  1. Ganz ehrlich.... Letzter zu werden und trotzdem zu sagen, du hast Spaß gehabt zeugt von wahrer Größe. Solche Künstler braucht das Land. ;)

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    1. Naja. Gegen einen Kontrahenten nachtreten ist nicht gerade "groß".

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