Mit Hund


Du: "Und? Wie ist es denn jetzt so mit Hund?"
Ich: "Unglaublich.
Ich habe schon so viel gelernt. Zum Beispiel, dass jede Beziehung auch auch Macht beruht. Macht, die wir über andere haben. Das wirst du mir jetzt erst nicht glauben, aber hör mir mal zu. So ein Welpe zum Beispiel hat recht schnell eine breite Auswahl an Möglichkeiten. Er kann laufen, beißen, bellen und trägt außerdem seine Instinkte in sich. So kann er seinen Unmut äußern und sich beschweren, so bald etwas nicht so läuft, wie er es sich vorstellt. Und das tut er auch, so bald er es für nötig erachet.

Aber er kennt die Welt noch nicht. Er weiß so vieles nicht. Und da er Hierachien und Strukturen erst noch lernen muss, geht er vorsichtshalber davon aus, dass er selbst der jenige ist, der sich immer und jeder Zeit frei entscheiden darf. Daraus entsteht dann manchmal falsche Fürsorge für seine Vertrauten, bei und mit denen er aufgewachsen ist. Das mag sozialmotiviert sein, ist aber auch gesunder Egoismus. Natürlich will er sein Rudel, aber auch die Hand die ihn füttert schützen: Er profitiert ja davon. Dass bedeutet dann aber auch, dass wenn ein Mitglied des Rudels sich einer möglichen Gefahrenquelle aussetzt, dass er selbst im Rahmen all seiner Möglichkeiten warnt, streitet und beißt. Auch wenn es nur etwas unbekanntes wie ein Staubsauger ist.



Der Egoismus und diese Eigenschaften kommen aber auch dann zu tragen, wenn es um Aufmerksamkeit und Liebe geht. Da sich unser kleines Wesen als Mittelpunkt der Welt versteht, wird mit jedem Abzug derer die er liebt auch sofort Unmut bekundet. Wenn die Bezugsperson den Raum verlässt, dann ist das ein untragbarer Zustand. Vorallem, da er nicht die Erlaubnis gegeben hat und es nicht seine Entscheidung war, wer denn jetzt da geht und bleibt.

Damit er sich aber entspannen kann, wird das kleine einzelne Wesen auf seinen Platz in der Ordnung verwiesen. Und der liegt unter seinem Menschen. Eine gleichberechtigte Platzierung nebeneinander ist nicht möglich, da die Interessen von Mensch und Tier einfach zu verschieden sind. Da spielen die Instinkte auch eine Rolle. Dass der Hund kein Futter sammeln und einen Unterschlupf finden muss, ist ihm bei unterschiedlichen Sprachen schwer zu vermitteln.

Anfänglich ist menschselbst dabei in einem massiven inneren Konflikt, denn das Verhältnis soll natürlich liebevoll sein und nicht autoritär. Aber die Instinkte des Tieres sind aufs Überleben gepolt, während der Mensch schon in einer Sicherheit angekommen ist, die ihm diese Instinkte abgetragen hat. Der Mensch hat andere emotionale Ziele, zum Beispiel nicht einsam zu sein oder geliebt zu werden. Und daher sollen diese Dinge die Beziehung zwischen Mensch und Tier prägen.

Das geht aber nicht immer, denn so wie der Hund laut wird um seine Bezugsgruppe vor Gefahren zu schützen, muss auch der Mensch einen weiteren Katalog an Optionen haben, seinen Bezug vor Gefahren zu schützen, der einfach nur mit Belohnung und Hinlieben zu leisten ist. Dieser Interessenkonflikt muss erst einmal bewußt gemacht und ausgetragen werden.

Wenn du dich dann mit Eltern in deinem Umfeld unterhälst und dich möglicherweise auch an deine Kindheit erinnerst, erfährst du schnell, dass aber nicht nur zwischen Mensch und Tier dieses Verhältnis so ist, sondern auch zwischen Menschen und ihren Kindern. Wieviele Babies beginnen zu schreien, wenn die Mutter den Raum verlässt, nur um ihre Macht aus zu üben und sie zurück zu rufen? Wieviele Eltern nutzen ihre Macht und entwickeln Strategien dieses Verhalten zu unterbinden?

Und wenn du dir dann natürlich die Frage stellst, ob das Verhältnis zwischen Bürgern und Staat genauso geprägt ist, dann eröffnen sich dir ganz neue Denkansätze. Denn es ist wirklich nicht unähnlich. Wir sind vielleicht keine Welpen, aber der Staat ist älter als jeder von uns. Aber ähnlich so manchem Herrchen oder Frauchen hat er oftmals keine einheitliche Linie. So fällt es denn immer wieder neu nachkommenden Generationen schwer immer sofort zu erkennen, warum er Dinge tut, wie er sie tut. Was natürlich leichter wäre – ebenfalls wie beim Verhältnis zwischen Mensch und Hund – Wenn beide Seiten wenigstens die selbe Sprache sprechen würden. Was sie aber nicht tun.

Der Staat, egal wie liebevoll – Oder in seinen Worten, sozial – er auch sein mag, kann sich nur durch Regeln und Verbote durchsetzen, aber er gibt uns die Sicherheit, dass er uns das Futter in den Napf legt. Dafür müssen wir aber einen gewissen Gehorsam zeigen. Aber selbst wenn wir das nicht tun, kommen wir zwar in den Zwinger, aber Futter gibt es weiterhin. Da ist erst zu erkennen, wie liebevoll er wirklich ist, denn er gibt seine Welpen nicht auf.

Das wir, die aber die Welt aus einem anderen Winkel und mit anderen Gefahren erleben dann oft bellen und laut geben, wenn wir glauben, dass er sich gerade in Gefahr begibt, ist nicht überraschend. Aber es fällt unserem Staat dann vielleicht schwer die Diagnose zu stellen, warum wir jetzt laut werden, weil er unsere Sprache nicht versteht und unseren Blickwinkel nicht kennt.

Aber auch in einer anderen Sache habe ich einiges begriffen. Es geht ja immer das Vorurteil, dass ja bitte alle die in diesem Land leben unsere Sprache können sollten, um eine Berechtigung zu haben, um hier zu sein. Wenn du aber anfängst dich mit einem Hund zu beschäftigen, der ja gewisserweise auch seine eigene Kultur hat, dann liest du Bücher, gehst zu Kursen und bemühst dich, obwohl ihr niemals die selbe Sprache sprechen werdet, trotzdem Kommunikationswege zu finden, die es euch erlauben euch über Dinge zu verständigen. Dabei lernt der Hund dann deine und du seine Sprache. Wenn du aber ledigliche einfordern würdest, dass der Hund deine Sprache zu lernen hätte, von sich aus und ohne Zutun, dann wäre natürlich klar, dass das so nicht funktioniert.

Natürlich möchte ich nicht Mitbürger mit Hunden gleichsetzen, aber dieses Verhältnis mit dem Tier und der Sprache lässt dich ins Denken kommen. Es geht ja nicht nur um uns und Menschen mit einem Zuwanderungshintergrund, es geht ja auch um die Frage, ob wir mit unseren Mitmenschen immer die selbe Sprache sprechen und ob wir uns nicht mehr bemühen müssten zu verstehen, was in deren persönlichen Kultur wofür steht. Das gilt nämlich bei Hund und Mensch in gleicherweise: Nicht jedes Schwanzwedeln bedeutet das selbe.

Es ist also die Frage, ob wir mit unseren Freunden, Arbeitskollegen oder anderen regelmäßigen Kontakten wirklich immer sicher im selben sprahlichen Code angekommen sind, oder ob wir schon lange nur noch vom anderen fordern unsere Sprache zu verstehen."

Du: "Jan, ich wollte eigentlich nur wissen, ob es schön ist mit einem Hund?"

Ich: "Wie? Was? Achso! Ja, schön ist es!"

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