Angst

Es gibt so ein paar menschliche Grundemotionen. Welche das sind, da herrscht so eine gemischte Einigkeit drüber. Mit Traurigkeit, Ärger, Freude und Angst sind die meiste Modelle fein, dann gibt es aber eben Modelle wo noch andere dazu kommen, wie zum Beispiel Scham. 

Diese Emotionen sind krass. Sie wirken stark auf unser Erleben, unser System und wie wir Leben erleben. Rund um jede Emotion gibt es zig Redewendungen und Hilfstipps und natürlich auch immer wieder Aussagen, dass die Emotionen ja valide sein, was auch immer das bedeuten mag. 

Was sie sicher sind, ist echt. Wir reagieren körperlich auf das Auftreten von Emotionen, da führt kein Weg dran vorbei. Was sie nicht sicher sind, ist für alle Menschen gleich. So ist es kaum möglich einheitliche Beschreibungen zu finden. Etwas, was ich wichtig finde. 

Denn hier taucht ein Zwiespalt auf. Zum einen sind Emotionen eine gemeinschaftliche menschliche Erfahrung. Wir alle haben sie, wir alle haben ein vergleichbares Spektrum und Erlebnisse mit ihnen gemacht. Gleichzeitig müssen wir anerkennen, dass keine zwei Menschen sie auf gleiche Art durchleben. Unsere Biographie und unser Narrativ wirken zu stark an. Und zwei gleiche Leben, die gibt es eben nicht. 

Ich habe oft Angst zuletzt und ich würde sie am liebsten bekämpfen. Oder unterdrücken. Oder ausschalten. So, wie es männlichen Personen meiner Generation (und auch folgenden) kulturell und auch von Eltern vorgelebt und beigebracht wurde. Ich durfte aber lernen, durch Anreize in Therapie und Passagen in Alexi Pappas Buch "Bravey", dass die Emotion selbst nicht bekämpft werden kann. Und während sie da ist, ist sie einfach da. So funktionieren sie. Ein bisschen wie das Wetter: Selbst wenn wir Werkzeuge dafür haben, vollständig präzise vorhersagen können wir es nicht. Und warum 18 Grad sich an einem Tag kalt und am andren warm anfühlen, dass können wir nicht sicher sagen. 

Was aber sicher gesagt werden kann, dass sich, so wie wir Menschen funktionieren, erst das Handeln ändern muss, dann ändert sich irgendwann unser Gehirn und erst dann verändern sich auch unsere Emotionen. Angst ist heftig und für mich oft lähmend. Besonders, weil bei mir damit oft ein übermässiges Worst Case Denken einher geht. 
Seit ich aber weiß, dass das handeln zu erst kommt, versuche ich wenigstens etwas zu tun, nachdem ich aber auch einen Moment das Gefühl eben auch gefühlt habe. 

Eine These von mir, die im Freundeskreis hängen geblieben ist, lautet "Angst ist auch immer ein Mangel an Informationen". Das haben wir mal erdiskutiert, noch bevor ich selbst oft Angst gefühlt habe und diese Dinge wusste. Aber somit konnte ich mir damals ableiten, was zu tun sein könnte: Fragen stellen, die mir Informationen geben, über das, was mir Angst macht. Und mit etwas Übung, ging es dann auch. 

Wieviele große abstrakte Worte, hat Angst nur ein Gegenteil: keine Angst haben. Das ist dauerhaft nicht realistisch und vermutlich auch nicht gesund, aber erinnert euch bitte gerne daran, wenn euch starke Emotionen ereilen, dass nach dem fühlen der Gefühle wieder neue Handlungen kommen dürfen, die dann auch neue Emotionen auslösen können. Und wenn eben die immer gleichen Handlungen nichts verändern, dann wird es Zeit sich etwas neues zu überlegen. 

Anmerkung: Solltet ihr euren Emotionen nicht mehr standhalten können und spüren, dass ihr darunter leidet, dann zieht eine Therapie und/oder andere professionelle Hilfe in Betracht. Ein Besuch bei Hausärzt*in kann da äußerst sinnvoll sein, denn da Emotionen körperlich sind, kann es auch körperliche Gründe für starke Emotionen geben. 

Kommentare

  1. Anonym15.7.23

    Wir (das gesamtgesellschaftliche, große WIR) melden viel zu selten zurück, wenn Impulse von jemandem richtig gut für uns sind... Oder wenn man sich gefühlte Ewigkeiten später an etwas erinnert, das hilfreich ist. Warum eigentlich? Ich merke gerade, wie schade ich finde, dass wir uns nicht viel häufiger Rückmeldung zu solchen Punkten geben. Auch öffentlich sichtbar, weil es ansteckend sein kann und darf.

    Dieses Thema hier begleitet mich jetzt seit einem guten halben Jahr dauerhaft... Und ich musste häufiger darüber sprechen, ausprobieren, an mir selbst und alten Gewohnheiten scheitern, weitermachen, mich aktiv dazu entscheiden, alte Regeln zu verlernen, neues zu testen und über Ängste (mehr oder weniger) offen zu sprechen. Jedes Mal mit gutem und hilfreichem Ergebnis und dafür mag ich Danke sagen. Einfach, weil die meisten dieser Impulse von dir kamen. Im Blog, persönlich, durch Empfehlungen wie Rich Roll, der wieder ganz neue Zugänge für mich gebracht hat. "Mood follows action" begleitet mich seither täglich und hilft mir in unterschiedlichsten Situationen als Reminder, dass ich selbst in der Hand habe, wie ich mich fühlen möchte. Auch "What we feed will gow" von Beth Pickens hallt immer mal wieder nach. Ebenfalls eine Empfehlung von dir, für die ich dankbar bin. Und das musste ich gerade mal sehr geballt loswerden. Zu teilen, was dich weiterbringt, trägt sich weiter als direkt sichtbar ist. Aber vielleicht ändern WIR (s.o.) das ja einfach schrittweise und nachhaltig. :)

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    1. Sehr gerne. Ich mag gerne Impulse setzen, die eben auch langfristig Bedeutung haben.

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