Artist's Circles

Ein Mythos auf den wir gerne reinfallen ist die Idee vom einsamen Genie. Die Erzählung, dass eine Person alleine hinter einer Innovation oder Idee stand. Wir setzen einzelne Personen in eine Art Held*innen-Geschichte ein und übergehen dabei oft komplett, wer das Umfeld dieser Menschen war und auch, was der Zeitgeist war. 

Zum einen: Hinter jeder großen Erfindung stand ein Team oder eine Art der Gruppe. Und sehr viele Erfindungen wurden durch Zufall gemacht und nicht immer durch die sterile intellektuelle Forschung. Warum ist für uns wichtig? Weil das bedeutet, dass wir in Wirklichkeit in Kontakt mit einem Umfeld sein müssen, dass unsere Ideen voran bringt durch gute Unterstützung und hilfreiche Herausforderung. Zum anderen bedeutet es, dass wir immer weiter forschen dürfen, auch wenn wir noch kein Ergebnis sehen. Und ja, kreative Arbeit ist auch Forschung. Innerhalb unserer Kunst, der Welt und uns. 

Welche Rolle spielt der Zeitgeist? Wir kennen oft Erfinder*innen großer Innovationen namentlich, was wir oft nicht lernen und erfahren, wieviele Menschen im selben Zeitalter an ähnlichen Ideen arbeiten und in ähnliche Richtung denken. Denn zum einen ist es sehr sehr unwahrscheinlich, dass nur eine Person auf der Welt an nur einem Ort auf die Idee gekommen ist Steine als Werkzeug zu nutzen. Zum anderen kennen wir die Geschichten und Inspirationen oft nicht. So kennen wir oft den Herrn Otto als Erfinder des Verbrennermotors, haben von Lenoir oder Wankel aber nie gehört. Und auch nicht von all den anderen, die uns die Geschichte möglicherweise unterschlagen hat. 

Warum ist das für uns wichtig? Weil es bedeutet, dass es nicht unüblich ist, sondern eher normal, dass viele Menschen zu ähnlicher Zeit auf ähnliche Ideen haben. Und so können wir uns entspannen wenn jemand etwas umsetzt, an das wir auch schon gedacht haben oder es ähnlich gemacht haben. Herzlichen Glückwunsch, du bist Teil einer Bewegung! Vielleicht begründet ihr gerade ein Genre? Oder bringt eine Innovation und einen Wandel mit. Aber schütze dich davor zu denken, dass dir jemand etwas "gestohlen" hätte. Das führt nirgendwo hin außer in Frust. (Habe ich für dich getestet, macht nur graue Haare)

Wenn wir wollen, können wir versuchen uns mit denen die ähnliche Ideen haben zu verbinden. Das kann das schaffen, was z.B. Julia Cameron als "Artist's Circle" bezeichnet. Ein Umfeld in dem gleichgesinnte ihre Forschung teilen, damit ihr Energien mischen und ganz neue Durchbrüche schaffen. Und etwas, was wir nämlich übersehen bei dem Gespräch über "Genie" in der Kunst. Viele Künstler*innen hatten Kontakt zu anderen großen ihrer Zeit. Sie haben sich gepusht, "beklaut"*, ausgetauscht (z.B. Briefe zwischen Göthe und Schiller), herausgefordert und dadurch weiter entwickelt. Gelegenheiten, die alleine in der stillen Kammer nicht aufkommen. 

Schafft und pflegt euch gute Kreise, in denen ihr gut sprechen und lernen könnt. Das ist Teil des Handwerks, egal welches Handwerk. 

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* Was den Begriff des "Klauens" in der Kunst betrifft, empfehle ich uneingeschränkt "Steal like an artist" von Austin Kleon als Lektüre. Darin wird über gutes sauberes nehmen (und geben) in der Kunst und als Künstler*in gesprochen.

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