großes und kleines Schreiben

Vorne weg: Alles worum es gleich ist auch auf andere Aktivitäten anwendbar. Und es geht um eine Sache, auf die ich selbst noch regelmäßig reinfallen. Der Beitrag heute ist also für mich auch eine Übung in Selfawareness. 

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Eine Messengernachricht würde ich unter einem Roman einordnen und eine wissenschaftliche Hausarbeit - auch wenn ich es nicht gerne zugebe - über einem kurzen Gedicht. Beim Lesen würde ich aber das Gedicht aktuell höher einstufen, als die Hausarbeit. Wäre es eine Abschlussarbeit, könnte das anders aussehen. 

Irgendwo zwischen Kultur, Gesellschaft, Umfeld und eigenen Haltungen müssen die Gründe dafür liegen, warum wir bestimmten Aktivitäten verschiedene Wertungen geben. Und so passiert es uns kreativen und künstlerischen Menschen schon mal, dass wir sagen "ich will immer schreiben", aber nicht jedes Schreiben gleich behandeln. Wenn wir dann an einem Tag vielleicht mehrere hundert Worte an unsere Freund*innen in Chats schicken, zählt es nicht soviel, wie wenn wir die selbe Menge in unsere Romanidee stecken. Und eine dreizeilige Notiz im Smartphone finden wir albern, während wir uns freuen einen witzigen Gedanken in genau einen Tweet gearbeitet bekommen zu haben. 

Beim Lesen fällt es mir auch auf, auch bei mir selbst. Bücher lesen ist natürlich super cool, jeden Tag online viele Artikel zu lesen kann da nicht mit halten. Egal ob wir da vielleicht sogar mehr lesen, mehr behalten und es uns mehr gibt. Wir geben einer neutralen Handlung bestimmte Werte. Woher das genau kommt, ist mir nicht möglich zu sagen. Ich schätze das hat viel mit der Kultur zu tun in der mensch aufwächst und lebt, sicher aber auch mit der eigenen Lebensgeschichte. 

Egal was es ist, so wie die selbst darüber sprechen, verschieben wir aber auch unsere Wahrnehmungen über uns selbst. Weil wenn ich eben online Artikel fresse mit hoher Begeisterung, dann aber laut sage, dass ich ja nicht lese und das nicht gut kann, dann ist das auf einer Ebene einfach eine falsche Aussage. 

Für mich nehme ich mir vor, immer mehr die Qualitäten getrennt von der Aktivität zu sehen. Denn auch wenn es dann manchmal "nur" Tagebuch ist bzw. Morning Pages, ich schreibe jeden Tag. Und das sagen zu können, macht mich stolz. Und die Vorstellung, wieviele Worte ich pro Tag insgesamt in Chats, Gedichte, Geschichten, Blogposts, Notizen, Tagebuch, Emails und weiteres stecke, macht mich zu einem unfassbar fleißigen Schreiber, wo ich eben sonst vielleicht gesagt hätte "ich schreibe nicht". 

Die Qualitäten dürfen ja dann auftauchen, wenn wir in die Details sehen. Weil ja, vielleicht sind meine Chats keine Kunst, aber wenn wir bei körperlicher Gesundheit auch zählen lassen mehr Schritte am Tag zu machen um den Körper etwas Gutes zu tun und dafür mal eine Haltestelle nicht Bahn fahren um den Körper an Bewegung zu gewöhnen, dann kann schleichend die Zahl der Worte erhöhen unseren künstlerischen "Körper" auf größere Leistungen vorbereiten. 

Und wenn ich Worte schreibe, kann das durch jede andere kleinste mögliche Einheit deiner Kunstform oder Aktivität ersetzt werden. Ich für meinen Teil mag mich weiter vom Denken in "großem" und "kleinen" schreiben trennen. Denn das befreit und lässt uns vielleicht auch Kunst sehen, wo wir selbst nicht merken, dass wir welche machen. 


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