Pressekonferenz


Die Pressekonferenz kam jetzt in die spannende Phase, denn nach der offiziellen Vorstellung des Neuen, war nun die Möglichkeit für die Journalisten Fragen zu stellen. Der Pressesprecher erklärte dafür also:
„So weit also alle grundlegenden Informationen zu unserer neuen Verpflichtung, jetzt besteht die Möglichkeit Fragen zu stellen. Bitte warten Sie, bis ich sie aufrufe und, auch wenn ich weiß, dass es manchen von Ihnen schwer fällt, bleiben sie doch bitte auf einer fairen Basis.“
Dann schaute er in den Raum, in dem die hungrigen Löwen warteten, dass die Beute auch nur eine falsche Zuckung machte. Auf der Liste stand an vorderster Stelle ein Mann von einem Lokalblatt.
„Herr Krumwitzer vom Abendblatt, ihr erste Frage bitte!“

Der Herr erhob sich und sah aus, wie aus dem Journalistenkatalog. Genauso sahen sie alle im Bodensatz des Journalismus aus. Erst mit dem Aufstieg zu einem überregionalen Blatt oder in ein besseres Ressort durften sie auch mal ein Jackett oder ordentliche Schuhe tragen. So waren ein kariertes Hemd, Jeans und schwarze Turnschuhe der Standard.
„Danke. Der Transfer den sie heute bekannt gegeben haben, war ja lange vorher gesagt worden und von den Anhängern auch größtenteils herbei gesehnt. Meine Frage wäre, ob es denn jetzt auch noch auf anderen Positionen Veränderungen geben soll?“
Das war keine Frage für den neuen Transfer, der eh ein wenig dümmlich in die Luft schaute. Du konntest vielleicht international zu den Besten gehören, aber wenn du kein Typ für die Konferenz bist, bist du kein Typ für die Konferenz. Da kannst du dann auch schon mal schön blöd gucken. Die Fotografen freuen sich natürlich. Die haben lieber ein besonders dämliches, als immer die gleichen Fotos.
„Natürlich schauen wir uns weiter nach sinnvollen möglichen Investitionen auf dem Markt um, aber wir vertrauen auch darauf, dass eine Neuverpflichtung bei unseren eigenen Talenten den Ehrgeiz weiter weckt. Wir sind im letzten Jahr nicht da ausgekommen, wo wir sein wollten und daher mussten wir jetzt aktiv werden.“
Da Zeit kostbar ist, lies der Pressesprecher ein wenig mehr Dynamik aufkommen und zeigte direkt auf den nächsten Journalisten, der seine Frage stellen durfte.
„Elias Charnow hat im letzten Jahr die meiste Zeit auf dieser Position verbracht. War er nicht gut genug, um ihren Zielsetzungen gerecht zu werden? Was hat er zur Neuverpflichtung gesagt?“
„Zu sagen, dass Charnow nicht gut genug gewesen wäre, würde seiner Leistung nicht gerecht werden. Wir fanden nur, dass wir mit Kirschmeier einen ganz anderen Typen ins Spiel bringen und so viel flexibler auf unsere Konkurrenz reagieren können.“
„Aber Charnow hat schon auf Twitter seinen Unmut geäußert. Er findet, dass auf ganz anderen Positionen was getan werden müsste.“
Journalisten die Wiederworte geben, sind immer ein Problem. Das hängt davon ab, wie cool die Befragten sind. Wenn sie richtig cool waren, konnten noch so viele „Funkenfragen“ nichts ausrichten, war aber schon eine gewisse Grundhitze vorhanden, konnte eben ein Funke ein Feuer oder schlimmer noch eine Explosion verursachen. Der Pressesprecher wurde ausreichend nervös und betrachtete genau seine beiden Anvertrauten.
„Mit einem Transfer auf der eigenen Position ist nie einer richtig glücklich, aber auf die Gefühlslage jedes Einzelnen können wir da auch nicht Rücksicht nehmen. Wir haben sowohl mit Charnow als auch Kirschmeier eine Planung und die soll uns im besten Fall wieder an die Spitze bringen.“
Der Personalleiter schlug sich gerade nicht so richtig gut. Die Antworten waren alle ein wenig zu glatt. Es gibt immer verschiedene Fraktionen, die mit einer PK bedient werden sollen: Die Anhänger, die Journalisten, die Mannschaft. Jede wollte auf bestimmte Fragen aber gegensätzliche Dinge hören. So Teflon-Antworten, an denen nichts haftet sind aber problematisch. Der Pressesprecher ging ein Risiko ein und nahm die Journalistin von der Boulevardpresse dran. Meist stellen die unnötige Fragen, die aber einen Lacher provozieren. Manchmal brachten sie aber die Explosion.
„Herr Esmach, sie sind jetzt seit drei Jahren personeller Leiter. Anfangs lief es sehr gut für sie, aber nach dem Aufstieg blieben die Erfolge aus. Ist die Verpflichtung von Herrn Kirschmeier vielleicht auch ein Versuch ihre eigene Haut zu retten?“
Esmach war leider bekannt für einige Ausbrüche und hätte er jetzt was sagen können, wäre einer zu verhindern gewesen, aber leider setzte die junge Dame mit diabolischem Grinsen nach:
„Immerhin sind die Aktionäre sehr unzufrieden, da sie in der Tabelle an der Böse weit abgesackt sind im letzten Jahr. Jetzt stellen sie in der Finanzbuchhaltung einen internationalen Star ein, wobei die Aktionäre lieber gesehen hätten, das Geld für die eigenen Talente und ihre Ausbildung zu nutzen. Das wirkt schon so, als wären sie in Panik geraten.“
Die Katastrophe nahm ihren Lauf:
„Passen sie mal auf Fräulein, ich mache diesen Job vielleicht erst seit ein paar Jahren hier, aber ich habe von der Pike auf alles gelernt. Ich selbst war mal einer der besten Finanzbuchhalter und habe immerhin damals mit Deutschland auch die Exportweltmeisterschaft geholt. Ich erkenne ein Talent und mit Kirschmeier, auch wenn die Aktionäre ihn nicht wollten, weil er von unseren internationalen Rivalen ist, werden sie am Ende des Jahres alle sehen, das wir wieder an der Spitze mitspielen. Und dann wird ihnen ihre lächerliche Scheißfrage so erbärmlich vorkommen, weil sie einfach falsch lagen. Wir sind kein krümmeliges Unternehmen aus der Mittelschicht, die um ihre Lizenzen bangen müssen, wir sind ein Traditionsbetrieb und jeder muss und kann immer damit rechnen, dass wir alles leisten.“
Theoretisch ganz gut gebrüllt, aber der beleidigende Ton wird es dann später in der Zeitung zerreißen. Da wird stehen, dass die Vertriebsgruppe offensichtlich große Angst vor dem Abstieg hat, da sie so nervös auf eine harmlose Frage reagiert.
Esmach wollte die Pressekonferenz beendet haben, Kirschmeier starrte immer noch die Löcher eines Trottels in den Raum. Unvorstellbar, dass er so ein Zahlen- und Finanz-Genie sein sollte.

Transfermarkt.de, die schon lange nicht mehr nur über Fussball schrieben, würden in ihrem Wirtschaftsressort schon mögliche Nachfolger diskutieren, auch wenn Esmachs Entlassung intern noch gar nicht thematisiert wurde. Nicht offiziell.
Aber so läuft das inzwischen. Angestellte werden eigentlich kaum mehr entlassen, Personalleiter und Jobtrainer um so öfter.

Zur selben Zeit, anderswo:

Andre de la Fuerte da Silva, den die Fans irgendwann „Silvinho“ getauft haben packt alleine in der Kabine seine Sachen ein. In der Tür der Mannschaftsumkleide taucht der Kapitän auf, sein Kollege Thomas Bertstauber. „Es tut mir so leid.“, sagt er und schaut wirklich betroffen. Andre, der wirklich traurig ist, schaut ihn mit einem freundschaftlichen Lächeln an: „Ist ja nichte deine Schuld. Ich wusste ja nicht, eure Liga so anders. Ich hätte werden müssen misstrauisch bei erste Abmahnung.“ - „Ich habe noch versucht beim Trainer ein gutes Wort ein zu legen, aber da war nichts zu machen.“

Seitdem die Fussballvereine heraus gefunden hatten, dass in der freien Wirtschaft bei Misserfolg ja nie der Chef sondern immer die Angestellten gefeuert werden, hatte sich die Fussballbundesliga rapide verändert. Trainerwechsel gab es nur noch, wegen Erziehungsurlaub und selbst dann gab es nur eine Vertretung bis der Trainer zurück ist. Spieler dagegen wurden nur noch abgemahnt und dann auch entlassen. Natürlich haben sich plötzlich in den Vereinen Betriebsräte gegründet, aber den leistungsbezogenen Kündigungen war damit nicht bei zu kommen.
Besonders perfide sind die saisonalen Entlassungen, wegen schlechter Auftragslage, wenn gerade Sommerpause ist.

Wann damals die Firmen dann angefangen haben das Transfersystem zu übernehmen ist nicht so eindeutig geklärt, aber das war für Andre de la Fuerte da Silva egal. Er musste jetzt schauen, dass er, so in der laufenden Saison einen neuen Job fand. Ohne deutschen Pass war er nämlich nur begrenzt aufenthaltsberechtigt und seine Unterstützungsansprüche würden kaum für die Villa reichen, die er von seinem Spielergehalt unterhielt. Und dann finde mal was, wenn du als Arbeitskraft auf dem Transfermarkt landest.

Kommentare

  1. Ich habe gelacht! ^^

    Ja das waren noch Zeiten wo Fußballer nebenbei noch arbeiten mussten. :D

    Allerdings finde ich es denoch Mumpitz, das der Chef alleinig immer den schwarzen Peter zugeschoben bekommt. Wenn man die Gewalt über ne Gurkentruppe hat, kann man daraus nur schwerlich ein Rudel Schnitzel machen. Gurke bleibt Gurke und wird höchstens noch zur Zuccini. ^^

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    1. Das freut mich.

      Das sollte ja der Scherz am Ganzen sein. In der normalen Wirtschaft wird ja eigentlich nur seltens der Chef entlassen, im Profi-Fussball aber immer. Verdammt, jetzt erkläre ich schon meine Witze, so schwach sind die. :D

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    2. Ich habe den Witz schon verstanden und nur meinen Unmut über die Situation nachmal mit eigenen Worten kund getan. ^^

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