Irgendwie besser: Schuhe

Nachhaltigkeit hat oft etwas mit einkaufen zu tun. Was wir kaufen, beeinflusst unser Leben, das der Verkäufer, Händler, Produzenten und Angestellten. Es beeinflusst die Umwelt, die Flüsse, Seen, die Atmosphäre. Einkaufen ist politisch. Man kann sich keine Gedanken machen und ist dennoch mit politischer Haltung unterwegs: Der Egal-Haltung, eine der gefährlichsten überhaupt. Dass wir in einem kapitalistischen System leben, kann man gut finden oder ablehnen, aber es hat einen großen Vorteil: Die Konsumenten habe große Macht. Nicht nur jeder BWL-Ersti weiß: Angebot und Nachfrage beinflussen den Markt. Ein Label, wie das bekannte Faitrade-Ying-und-Yang in blau, grün und schwarz konnte nur so groß werden, weil die Produkte, die es schmückt, gekauft werden; und das obwohl es preisgünstigere Alternativen gibt. Tee, Kaffee und Schokolade sind nicht das ganze Problem. Es geht um so ziemlich alles, was nicht hier, also in den westlichen Industrienationen angebaut und produziert wird.

Es ist Sommer. Ich brauche neue Schuhe. Oder ich glaube, welche zu brauchen. Ich bin nicht sicher, ob ich sie wirklich nötig habe, doch das wäre ein anderes Thema. Also: Es ist Sommer, ich möchte neue Schuhe kaufen, weil ich glaube, sie zu brauchen.
Das Problem mit Schuhen fängt, wie bei jeder anderen Kleidung, mit der Produktion an. Die Fabriken, die meist in Asien stehen, nutzen bei der Herstellung von Kleidung und Schuhen giftige Chemikalien, die häufig ungefiltert in die heimischen Flüsse gelangen und das Wasser vergiften. Die Chemikalien finden sich in der Kleidung des Konsumenten wider (deshalb neue Kleidung immer erstmal waschen!). Laut der Umweltschutzorganisation Greenpeace gelten zwei Drittel der chinesischen Flüsse und Seen als verschmutzt.

Nach einer Studie von Greenpeace waren 58 Prozent der 18 bis 29-Jährigen noch nie beim Schuster. Schuhe sind ein Wegwerfprodukt geworden, dass sich beliebig austauschen lässt. Durch die günstigen Preise neigen Konsumenten dazu, viele günstige Schuhe zu kaufen, statt wenige teure.

Es gibt viele Alternativen, die nachhaltiger sind. Es drängen sich zwei wichtige Bereiche auf: Wie sind die Bedingungen für die Arbeitnehmer, gibt es faire Bezahlung? Gibt es Arbeitsschutz? Sind die Materialen ökologisch oder werden giftige Chemikalien genutzt? Gerade große Firmen wie Adidas oder Nike stehen immer wieder wegen giftiger Chemikalien in der Kritik von Umweltschützern. Und das, obwohl deren Produkte nicht mal günstig sind.
Eine gute Übersicht über faire und ökologische Alternativen bietet das Portal utopia.de.
Ich habe mich für Schuhe von Toms [1] entschieden. Sie werden in Argentinien, China, Äthiopien, Haiti, Indien und Kenia hergestellt, haben also im Transport eine hohe CO2-Bilanz.  Dafür werden die Angestellten fair bezahlt. Die Schuhe sind  aus natürlichem Hanf, Bio-Baumwolle oder recyceltem Polyester hergestellt, einige Modelle sind vegan. Die Schuhkartons sind zu 80 Prozent aus recyceltem Papier. Was mich am meisten überzeugt hat: Für jedes gekaufte Paar Toms geht ein Paar an ein Kind in Not. Dieses One for One Prinzip von Firmengründer Blake Mycoskie soll das Bewusstsein für die Armut in manchen Regionen dieser Welt stärken und gleichzeitig bewusst und aktiv etwas dagegen tun. Außerdem bieten viele große Schuhgeschäfte Toms an, sodass ich sie nicht im Internet bestellen musste und wenigstens einen Transportweg (CO2-Bilanz!) gespart habe (natürlich nur solange man nicht mit dem Auto in die Stadt fährt).
Foto: Fatima Talalini

Wem faire und ökologische Marken zu teuer sind, kann auf Second Hand zurückgreifen oder vorhandene Schuhe zum Schuster bringen. Neue Absätze kosten um die zehn, neue Sohlen um die dreißig Euro.

Will man die CO2-Bilanz möglichst gering halten, empfiehlt sich die Suche nach lokalen Produzenten und kleinen Manufakturen. Für meinen aktuell studentischen Geldbeutel kommt das leider nicht in Frage.

Nachprüfen, ob die Schuhe, die ich gekauft habe, wirklich all das umsetzen, was die Firma verspricht (und womit sie wirbt) kann ich letztendlich nicht. Auf der Internetseite finden sich Bilder von glücklichen Kindern mit ihren Schuhen. Es gibt Labels für Kleidung, ein einheitliches habe ich bisher nicht gefunden. Dieses Stück Restvertrauen muss ich also aufbringen, wann immer ich nachhaltig einkaufen gehe. Ich finde, das ist ein Vertrauen, dass sich lohnt. Zumindest für die, die noch ein bisschen länger was von dieser Welt haben wollen.

Dieser Blogeintrag ist Teil der Serie Irgendwie besser. Den ersten Eintrag findest du hier.

Recherchequellen:
  •  http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/das-junge-politik-lexikon/161081/fairer-handel
  • https://www.greenpeace.de/files/publications/20151123_greenpeace_modekonsum_flyer.pdf
  • https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/detox_fs_discounter_final20102014_0.pdf
  • https://utopia.de/bestenlisten/schuhe/
  • https://utopia.de/produkt/toms/

  1. [1] Ich habe lange überlegt, ob ich die Firma nennen soll, deren Schuhe ich gekauft habe. Ich möchte keine Werbung machen, sondern einen Erlebnisbericht darüber schreiben, wie ich über Nachhaltigkeit nachdenke, was ich darüber herausfinde und wie ich schließlich mit diesem Wissen umgehe, also wie ich handel. Ich erzähle, was ich wann warum tue, lasse, kauf, ändere. Um dies vollständig und ehrlich zu tun, möchte ich offen darüber sprechen, was ich kaufe. Daher auch der Firmenname.

Kommentare

  1. Die Faktoren von Angebot und Nachfrage sind für ein nachhaltiges Leben sehr wichtig. Die Tatsache, dass es fairtrade überhaupt in den Läden gibt und inzwischen sogar die Produkte mit diesem Label nicht nur im Reformhaus, ist ja einer steigenden Nachfrage geschuldet.

    Medien-Guerilla haben durch aktive Beeinflussung der Nachfrage es geschafft, dass Reebok CO2freie Schuhe produziert. Aktivisten von verschiedenen Organisationen sind privat immer wieder in Schuhgeschäfte gegangen und haben nach diesen Schuhen gefragt, wissend, dass sie nicht existieren. Die hohe Nachfrage hat dann Reebok erreicht und Folgen gezeigt.

    Die Entwicklung mit fairtrade, vegi und veganen Produkten im Supermarkt ist nicht unähnlich. Inzwischen werben einige Produkte damit, dass sie vegan sind. Das kommt daher, dass es hier neue wachsende Märkte zu erschließen gibt.

    Selbst wer also nicht auf seinen Kapitalismus verzichten möchte, kann seine Strukturen so nutzen, dass er sich verändert.

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