Sicher unsicher
Mit einer Freundin schreibe ich über Sicherheit. Darüber "sich sicher zu sein". Und dann denke ich, dass das auch eine wichtiges Thema für Künstler*innen ist. Denn für Projekte und Jobs müssen wir einen Grad an Sicherheit haben. Oder Ausstrahlen. Und das ist noch lange nicht das selbe. Denn diese Freundin von mir, die mich im Moment nicht so oft sieht und nur per Chat erlebt, hat den Eindruck ich wäre recht unsicher. Ich selbst erlebe mich aber als sicher. Woran liegt das?
Nach Außen benenne ich meine Ängste, meine Probleme, meine Hindernisse und was mir nicht leicht fällt. Die habe ich für mich ganz gut erforscht und tue das jeden Tag. Deshalb bin ich mir damit recht sicher. Ich kenne mich oft gut in mir aus. Ich weiß was bei mir los ist. Ich kann sagen was mir fehlt, wenn ich richtig präsent bin weiß ich auch recht schnell, was ich brauche damit es mir besser gehen kann oder ich voran komme. Gesellschaftlich erlernt ist aber ein anderes Bild von Sicherheit: Keine Angst, nie Fehler machen, immer Perfektion, alles immer im Griff. Vielleicht liegt es daran, dass ich über Stoizismus gelesen habe, oder daran, dass ich in den letzten Jahren daran gearbeitet habe, mein Ego zu fixen. Vielleicht auch an den vielen Büchern übers kreativ sein die alle im Kern das selbe sagen: Du weißt nicht so viel wie du gerne würdest, Perfektion ist weg sobald sie erreicht wurde, du lebst vom Üben und von den Fehler. Und Angst, wenn du sie gut betreust und nicht zu laut drehst in dir selbst, ist eine gute Warnung dafür, dass du dir einer Grenze in dir selbst nahe kommst.
Also nehme ich es wie mit dem Zitat, von dem niemand sicher weiß von wem es kommt: "Ich weiß, dass ich nichts weiß." und ich bin mir sicher, dass ich mir nicht sicher bin. Da ist immer eine Fenster, dass ich falsch liegen könnte, dass mir Informationen fehlen, dass ich eine Lage falsch gelesen habe. Ich kann es nicht alles wissen, nicht alles im Griff haben. Aber ich kann sagen, dass ich unsicher bin. Denn wenn ich jemanden auffangen soll, dann ist es besser schon beim Üben zu sagen, dass ich noch Hilfe brauche, damit ich später dann zuverlässig helfen kann. Dass ich überhaupt Übung brauche. Ich mache das alles hier vielleicht auch zum ersten Mal. Und selbst wenn nicht, dann mache ich das vielleicht zum ersten Mal mit dir. Oder an diesem Ort. Oder in diesem Alter. Oder eben unter meinen aktuellen Vorraussetzungen. Aber ich kann dir sicher sagen, was mich unsicher macht. Und dann können wir das bearbeiten. Und ich glaube, dass ist dann die wahre Sicherheit.
Auf meiner letzten Arbeit habe ich, mit neuem Wissen über mich selbst, zum ersten Mal Anpassungen erfragt und Verhaltensweisen und Hindernisse von mir erklärt. Und auch wenn ich Angst hatte, was ich auch benannt habe, dass ich zu viel fordere, wurde ein gutes offenes Gespräch geführt, was das bedeutet und was gleichzeitig mein Arbeitgeber von mir fordert. Nach diesem Gespräch gab es aber nie wieder Probleme, weil Beide Seiten sich miteinander sicher waren. Und sich sicher waren, dass sie weitere Unsicherheiten besprechen können. Und das ist Sicherheit.
Es ist unrealistisch, dass nie etwas schief gehen wird. Aber es ist realistisch zu beobachten wann etwas schief gehen könnte und dann einzugreifen oder gute Nachsorge zu betreiben, damit es besser werden kann.
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