Text: genau eine Sekunde
Die Länge einer Sekunde hat sich nicht geändert. Die Zeit wird nicht schneller. Die Welt wird nicht schneller. Ein Moment ist genau einen Moment lang. Bis wir versuchen zwei Momente in einen Moment zu bekommen. Drei Stunden in zwei. Fünf Tage in Vier. Zwei Handschläge in einen. Alle Umarmungen in eine Chatnachricht. Alles Lachen in nur eine Geschichte. Alle Tränen in ein Pinchen und dann runter den Magenbitter, aber durstig sind wir dann noch immer.
Die Zeit ist ein endloser Raum. Und Unendlichkeit braucht keine Geschwindigkeit. Aber wenn wir dann schneller als der Schall werden, dann hören wir ihn erst nachdem er passiert. Wenn wir schneller als das Licht werden, sehen wir die Vergangenheit vor uns, aber die Gegenwart gar nicht mehr. Erst wenn sie uns einholt. Wenn das Leben es nicht mehr kann, hält uns der Tod auf. Ein plötzlicher Anker. Wir können ihm nicht ausweichen, aber entscheiden wie schnell wir ihn sehen wollen.
"Werd langsamer", wünschte ich, dass meine Eltern es mir geraten hätten. "Live long and take ten years to remember" singen die Kings of Convenience. Der Geruch von Haaren. Der ganze Schmerz jeder Trennung und die Hoffnung die dahinter aus dem Ertrinken plötzlich die Lungen füllt. Die kleine Berührung deiner kleinen Hand in meiner. Der Schnitt beim Kochen. Der Geruch der Zwiebeln in der Butter. Warum sollte ich davon weglaufen wollen? Der Farbe beim Trocknen zu sehen. Den Worten beim Verhallen. Die Zeit ist nie schneller geworden, die Geduld unter den Füßen weggezogen.
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