Ohnmacht

Autor: Sam
Verfasst: Winterschule 2009

Ohmacht

Der schwarz-vermummte Mensch schlägt ihm mit einem schweren Gegenstand. Erst auf den Bauch und auf die arme, dann auch ins Gesicht. Der Mensch schlägt um sich, der getroffene sackt zusammen, fällt hin, fällt in Ohnmacht.

Es ist warm, irgendwann im Sommer.
Jeans und Kapu, unauffällig. Ein Feuerzeug hat er auch mit. So bewaffnet fährt er in die Stadt. Keine besondere Stadt, nicht sehr groß, nicht sehr klein, halt ein ganz normale Stadt. Doch heute herrscht Ausnahmezustand, die Menschen sind sauer, sie sind sauer auf die Ohnmacht gegenüber der Ungerechtigkeit. Es gibt eine Großdemo, so gegen alles, ist ja eh irgendwie in mit den Demos. Wie gesagt, es ist warm, die Stimmung ist aufgeheizt.

Die Demo zieht los, er mittendrin, Nach 10 Minuten fängt die Polizei an , die Leute einzukesseln. Die sind jetzt noch mehr sauer als vorher,  wegen der Polizei, klar.
Es gibt Pfeffersprayeinsatz und den Schlagstock ins Gesicht, ein Demonstrant wird ohnmächtig. Aber auch viele Andere fühlen Ohnmacht, sie fühlen Ohnmacht, wenn ihnen schwer bewaffnete Menschen mit breitem Grinsen gegenüberstehen, sie fühlen Ohnmacht, wenn riesige Wasserwerfer aufgefahren werden, sie fühlen Ohnmacht, wenn der Protest in Tränengas erstickt.

Die Polizei deeskaliert nun mit Wasserwerfern und 140 Festnahmen, ein Journalist muss dran glauben, na ja, nur einer, man habe seinen Presseausweis nicht bemerkt.

Er steht ganz vorne, ein kurzer Blick zur Seite, alles okay. Auf einmal stürmt der Mob los, bleibt aber kurz vor der Polizei stehen, reine Provokation. Doch die Polizei findet das gar nicht lustig. Der schwarz vermummte USK-Polizist schlägt ihm mit einem Knüppel. Erst auf den Bauch und auf die Arme, dann auch ins Gesicht. Der Polizist schlägt weiter um sich, der Getroffene sackt zusammen, fällt hin, fällt in Ohnmacht.

Anmerkung:
Dieser Text ist im Rahmen des "Poetry-Slam"-Workshop auf der Winterschule 2009 entstanden und gehört mit all seinen Rechten dem Autor. Der auf den sich der "Poetry-Slam"-Workshop bezog hieß "Schützen wir die Polizei" und hat Gewalt durch und gegen die Polizei beleuchtet und diskutiert.
Dies ist der Dritte von Sieben Texten die ich veröffentlichen werde. Ich möchte mich nocheinmal bei meinen Teilnehmern für die Erlaubnis bedanken die Texte zu veröffentlichen und mich nochmal für eure tolle Arbeit bedanken. Ich bin stolz auf euch.

Kommentare

  1. Wie du mir vorausgesagt hast, finde ich diese Texte sehr interessant und habe wohl wirklich was auf der Winterschule verpasst.

    Dieser Text zeigt genau das Bild, was uns von Demos im Fernsehen präsentiert wird. Die Straßenschlachten, da hält jede Kamera ganz genau drauf. Auch wenn daran wenn's hoch kommt 10% der Demoteilnehmer noch dabei sind.

    Die wirkliche Botschaft und Auszüge aus Reden und Veröffentlichungen von der Demo hört man da nichts. Ich befürchte hier wird nur jedes Mal das Extrem offenbart, was viele Menschen bestimmt abschreckt auf die Straße zu gehen.

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  2. Das ist ganz gut möglich, aber ich habe da verschiedene Ansichten zu:

    Die Teilnehmer des Workshops wollten da natürlich auch ihre Erfahrungen verarbeiten und ihre Meinungen betonen. Worum es genau auf welcher Demo ging ist nicht ganz so entscheidend dafür.

    Natürlich kann es sein, dass diese Texte in der Masse abschreckend wirken, aber ich sehe da meine Leser so kritisch, dass alle erkennen, dass dies nur eine Seite der Münze ist.

    Wenn dir diese Darstellung nicht gefällt, dann sehe ich dich da als Bleistift-Batallions-Mitglied auch in der Gelegenheit, eine eigene Version zu schreiben bzw. eine Gegendarstellung zu schreiben. Kommt es dazu, dann schick sie mir und ich veröffentliche sie entsprechend oder verlinke sie auch. ;)

    Das du auf der winterschule etwas verpasst hast steht außer Frage. :D

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  3. Ich wollte nicht den Text an sich kritisieren. Ich meinte da eher das geschaffene Bild von "linken" Demos in der Öffentlichkeit.

    Dass es leider häufig zu dieser Eskalation, gewollt oder nicht, kommt entspricht der Realität und gibt dieser Text auch gut wieder. Deshalb verlang ich auch eine bessere Wiedergabe von Demos in den Medien und nicht von diesem Text.

    Aber wo du grade vom Batallion redest, ich erwarte noch die angekündigte Steilvorlage von dir.

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  4. Man darf natürlich auch nie vergessen, dass kreatives Schreiben immer irrational und emotional ist. Und wir haben uns 3 Tage mit hammerharten Fällen von rechtswidriger Polizeigewalt befasst. Da kriegt man schon mal so nen Hals.
    Ich hab aber auch manchmal gedacht, dass mein Text zu hart ist, aber eigentlich spiegelt er reele Fälle wieder und ich denke außerdem, dass die "andere Realität" der Polizeiseite in Presse und Gesellschaft schon genug Verständnis findet.

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