Winterschule Filmworkshop 2012 (Teil 1)
„Hast du Lust einen Video-Workshop zu geben?“ Jays Frage drang damals nur langsam in mein volles Bewusstsein. Zunächst kämpfte sie sich an den Gedanken und Bedenken zu Aufwand, Zeitmanagement, Umsetzbarkeit und Motivation vorbei, bevor ich mir all diese Dinge beantwortete. Ich kam jedoch nicht zu einem verbindlichen Ergebnis. Meine Antwort lautete daher: „Eventuell.“ „Zu wie viel Prozent?“ „80%.“
Ich hatte noch nie einen derartigen Workshop gegeben. Ich stand zwar schon vor 600 Menschen im Hörsaal und habe Vorträge gehalten. Nie ging es jedoch darum, gemeinsam ein vorzeigbares filmisches Ergebnis innerhalb nur eines Tages zu entwickeln, bei dem ich federführend verantwortlich sein sollte. Geschweige denn zugleich eine vergleichsweise große Menge Informationen und Kenntnisse über das Filmhandwerk zu vermitteln, zumindest, was das Entwickeln von verfilmbaren Geschichten angeht.
Allerdings war ich als Film-Fan sofort von dem Thema der gesamten 2012er-Winterschule angefixt: Making of. Ich stellte mir eine Art persönliches Heimspiel vor. Dennoch hegte ich Zweifel, dass der Workshop in der kurzen Zeit funktionieren könnte. Es wollten Grundlagen wie Handlungsverläufe, Charakterentwicklung sowie Möglichkeiten der Umsetzung vermittelt werden. Damit wäre es jedoch nicht getan gewesen: Dieses Wissen sollte noch am selben Tag zu einem filmischen Ergebnis führen.
Die Grundlagen filmischer Geschichten
Dennoch entschloss ich mich schließlich, diese Herausforderung gemeinsam mit meiner Partnerin Kira anzunehmen. Es galt nun, den Workshop vorzubereiten. Da Jay, Kira und ich gemeinsam als Workshopleiter fungieren würden, versuchten wir uns aufeinander abzustimmen und die Verantwortungsbereiche festzulegen.
Während Jay mehr auf das Erzählen von Geschichten und welche Dinge dies benötigt einging, sollten Kira und ich anhand verschiedener filmischer Beispiele die Möglichkeiten des Schnitts, bzw. wie das Streuen von Informationen eine Geschichte ändern kann, Charakterentwicklung und die Notwendigkeit von Konflikten, die die Handlung erst interessant werden lassen, erläutern.
Schon nach der ersten Besprechung wussten wir, dass wir mit dem einen offiziell zur Verfügung stehenden Tag nicht auskommen würden. Wir entschlossen uns daher, am Abend des Tages zuvor eine Einführung vorzuschieben und die ersten Grundlagen im „Filmemachen“ zu vermitteln. Dass wir uns mit dieser Herangehensweise bei den Teilnehmern nicht sonderlich beliebt machen würden, war uns bewusst. Genau deshalb wollten wir eine Einführung zusammenstellen, die es in sich hatte und unsere Begeisterung für das Medium Film auf die Teilnehmer übertragen sollte.
Die Auswahl von Praxisbeispielen
Jay überließ uns den Aufbau und die Inhalte für diesen Teil. Kira und ich waren uns ziemlich schnell einig darüber, dass wir viele Praxisbeispiele benötigen würden, um zum einen Begeisterung zu wecken, zum anderen aber auch die Techniken vermitteln zu können. Unsere Wahl fiel auf einen Zusammenschnitt der Filme, die 2012 erschienen waren. Ein schnelles, packendes, mit guter Musik und überraschenden Zusammenhängen gestaltetes Video.
Es war perfekt dazu geeignet, Schnitttechniken, Übergänge aber auch die Überbrückung von Zeit anhand filmischer Mittel zu verdeutlichen. Zugleich wollten wir darstellen, wie manipulativ der Filmschnitt sein kann und dass es von entscheidender Bedeutung ist, wann welche Information gestreut wird.
Pixar-Filme als optimale Grundlage
Es sollte jedoch nicht bei diesem Beispiel bleiben. Um die Bedeutung, Notwendigkeit und den Aufbau von Konflikten im Film zu verdeutlichen, wählten wir den Kurzfilm „Komfortzone“, an dem ich selbst beteiligt war. Der Pixar-Film „Oben“ diente uns gleich in zweifacher Hinsicht: Anhand der Sequenz, in der das Eheleben des Protagonisten dargestellt wird, konnten wir vermitteln, dass Filme ein audiovisuelles Medium sind und es keine ausschweifenden Dialoge benötigt, um eine Handlung voranzutreiben bzw. eine Geschichte zu erzählen.
Des Weiteren nutzten wir die an die zuvor beschriebene Sequenz anschließende Szene, in der der Protagonist seinen morgendlichen Ritualen nachgeht. Ein hervorragendes Beispiel dafür, wie der Charakter einer Figur allein durch dessen Handlungen, aber auch Settings und Aussehen vermittelt wird.
Mit allen diesen Beispielen konnten wir immer nur an der Oberfläche der jeweiligen Thematik kratzen, jedoch reichte dies zumindest aus, um die Grundlagen soweit zu verdeutlichen, dass wir unseren eigenen Film entwickeln und drehen konnten.
Wir wussten, was wir wollten und wie wir die Inhalte vermitteln wollen. Jetzt mussten nur noch die Teilnehmer mitziehen und sich auf unser Vorhaben einlassen.
Nach dem Zusammenschnitt als Einstieg würde ich auch schon die ganze Nacht durchmachen!
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