Moment mal, war Captain America 2 etwa ein kritischer Film?


Ein paar Wochen sind vergangen, seit dem ich den zweiten Captain America-Film gesehen habe. Ich war ganz zufrieden. Mindestens gutes Popcorn-Kino, die Spannung war in Ordnung und auch wenn ich so einen patriotischen Superhelden immer albern finde - Ich mag den Cap auch überhaupt nicht - Hat es mich dann doch nicht genug gestört, um den Film schlecht zu finden.

Ganz im Gegenteil: Ausgerechnet die Faktoren, die mir im vorraus schon als Kritikpunkte erschienen, waren nachher Highlights im Film. Dieser Falcon, der neue Sidekick für den Cap deutete sich als echt blöde Figur mit nutzlosen Fertigkeiten an, aber ich habe mich sehr über ihn amüsiert, weil er immer wieder aus dem typischen Schema F eines solchen Film heraus gefallen ist. Stellenweise kam es mir so vor, als würden die zynischen Kommentare die sonst so Meckerfritzen wie ich vor der Leinwand machen, von ihm im Film gemacht. Für mich eine der besten Nebenfiguren in einem Film, seit langer Zeit.

Aber, so irgendwann als jemand mit dem Snowden-Thema um die Ecke bog, plöppte der Film in meinen Gedächtnis wieder auf, zusammen mit einer kuriosen Erkenntnis:

Ausgerechnet Captain America, war ein Film, der aktuelle Handhabungen des amerikanischen Staates kritisiert. Und vermutlich ist dieser hier auch nur als Sinnbild zu sehen.
Ein entscheidenes Element der Geschichte - Wer vorm Sehen des Films nichts darüber wissen möchte, sollte hier aufhören zu lesen - ist nämlich die Entwicklung rund um Überwachung. Da existiert mit S.H.I.E.L.D. eine Behörde, die über Satellitensysteme schon große Teile der Welt überwacht und nun einen Algorythmus zur Hand bekommt (von ehemaligen Feinden entwickelt), der schon im vorraus berechnet, wer eine Bedrohung ist. Mit Hilfe dreier Luftschlachtschiffe soll die Möglichkeit bestehen, aus der Luft heraus jede dieser potentiellen Gefahrenquellen zu eliminieren.
Das die Superbehörde von Menschen mit eigenen Absichten unterwandert ist, die diese Technologie für ihre Zwecke nutzen und jeder Kontrolle entgehen, ist für mich die Kirsche auf dem Sahnehäubchen.

Was da nach abgedrehter Fiktion klingt, ist eigentlich ein recht realistisches Szenario, wie es mit Behörden wie der NSA weiter gehen könnte. Gut, dass mit den Helicarriern ist nicht unbedingt so wahrscheinlich, aber sowohl bewaffnete Flugdrohnen, als auch Algorhytmen die Verbrechen vorhersagen wollen, gibt es bereits. Ganz zu schweigen von eben dieser Behörde, die aktuell weder zu greifen noch anzugreifen ist.

Ich will da jetzt weder in die Überwachungsstaatszukunftvisions-Trompete blasen, das besondere ist für mich eigentlich, mit welcher Selbstverständlichkeit hier ein eben solcher Überwachungsstaat als Feindbild definiert wird. An keiner Stelle des Filmes bürgt einer der Helden wirklich für die systematische Kontrolle aller Bürger. Alle wichtigen guten Hauptfiguren stehen mit einer Natürlichkeit dagegen, die so eigentlich wünschenswert wäre. Ja, für mich sogar so überfordernd war, dass ich erst mit Verspätung realisiert habe, wie gesellschaftskritisch dieser Film doch war.

Ich finde Captain America als Figur blöd, aber ich muss sagen, dieses Stück lupenreines Popcornkino, das an der Oberfläche inhaltlich unglaublich flach wirkt, ist es nicht. Vielleicht wird deshalb auch nie klar in Worten eine Situation unsere Lebensrealität erwähnt oder groß über Datenschutz diskutiert: Stille Wasser sind tief.

Ich bin ja selbst überrascht und ich wette, ihr werdet nur wenige Rezensionen finden, die dem Film sowas bescheinigen. Die anderen stürzen sich wohl eher auf die brachiale Action, die leicht billigen Sprüche oder einschlägige Kamerafahrten, die Scarlett Johanssons Körper in Szene setzen (was auch ein wenig bllig ist), aber auch wenn das alles im Film vorkommt, bleibt bei mir der Eindruck, dass es sich hier um einen politischen Film handelt.

Ein politischer Film, der keine Vorkenntnisse erfordert und ein so angenehmes Einstiegsniveau hat, dass er meines Erachtens sogar zum Schulfilm geeignet wäre. Seht ihr ihn als einen großen Teil der Marvel-Filmreihen und möglicherweise als Vorschau auf einen neuen Avengers-Film, ich werde ihn neben die Gesellschafts- und Polit-kritischen Streifen einsortieren.

Kommentare

  1. Ja war er! (um deine Eingangsfrage zu beantworten)
    Und er war auch nicht gerade all zu zimperlich. Klar für etwas Sci-Fi und Übertreibung ist gesorgt...ist ja auch Captain America (den ich übrigens gerne mag, allerdings mehr wegen guter Comics und seiner grundweg positiven Einstellung). Ich mochte den Film gerade wegen des unerwarteten Tiefgangs und Story-Twists.

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