Wenn wir eine echte Redaktion wären
"So. Damit hätten wir alle Artikel für die nächsten Tage besprochen und da wir sonst keine Punkte auf der Tagesordnung haben, wäre die Frage, ob jemand von euch noch was ergänzen möchte?", sage ich, stauche, wie in Filmen zig mal zu sehen, meine Papiere zusammen und schaue in den Raum.
Während der Hartmann nur den Kopf schüttelt, schaut Stephan nicht aus seinem Laptop auf. Dabei fängt er einfach an zu reden, als würde er es aus dem Gerät ablesen:
"Ich möchte mal unseren Untertitel Irgendjemandes Magazin werden wir schon sein zur Diskussion stellen. Wollen wir den so behalten? Könnten wir uns Anpassungen vorstellen?
Ich habe noch keinen Gegenvorschlag und möchte auch den generalistischen Ansatz beibehalten. Aber vielleicht täte eine leichte Umformulierung gut - oder eben etwas neues. Wenn ihr aber sagt, ihr möchtet das so und nicht anders belassen, kann ich auch damit sehr gut leben."
Ich schaue interessiert und der Hartmann ist in einer neutralen Position eingefroren, was entweder bedeutet, dass er gerade nichts zu sagen hat oder die Götter des Metals höchstpersönlich in einer meditativen Phasenverschiebung zu ihm sprechen. Da seine Augen aber nicht Feuer- oder Blutfarben einnehmen, schätze ich, dass er in den Stand-By-Modus heruntergefahren ist.
"Klar können wir darüber nachdenken.", sage ich überzeugend überzeugt, wobei ich mich innerlich ein wenig sträube, war ich auf den alten Slogan doch recht stolz. War ja auch meine Idee. Aber, um den Anschein zu halten, ich wäre immer für alle Vorschläge offen, stelle ich mich der Diskussion. "Es war halt irgendwie witzig, dass der Slogan uns so pauschal beschrieben hat und mit unserer Themenvielfalt stimmt er ja auch, aber andererseits wirkt es auch so, als wäre es uns egal, ob wir gelesen werden. Das sendet möglicherweise das falsche Signal."
"Okay.", sagt Stephan und der Hartmann, bei dem ich immernoch nicht erkennen kann, ob er beteiligt ist oder im Wach-Koma, spricht an uns allen vorbei: "Es müsste halt nur besser sein als vorher." Das mit dem besser ist ja so eine höchstgradig subjektive Geschichte und mir irgendwie zu unpräzise, daher gehe ich auf diese selbstbetrachtende Ebene, auf der ich in einem kleinen Häuschen meine Freizeit verbringe:
"Damit wir wissen, was besser zu uns passt, müssten wir halt wissen, wie wir als Magazin so sind."
Hach, das könnte so auch direkt in einem Glückkeks stehen. Ich bin ja ach so ein tiefsinniger Philosoph.
"Okay.", sagt Stephan und der Hartmann deutet mir mit einem gefälligen Nicken, dass ich weiter reden soll. Was recht herrisch klingt, aber nur heißt, dass er gerade auch nichts zu sagen hat.
"Irgendwie sind wir ja langsam. Wenn was Neues in der Welt passiert oder ein tolles Video auftaucht, dann machen wir ja fast schon aus Trotz nichts darüber. Dafür machen wir was über Sachen, die vielleicht schon älter sind, aber immer noch wichtig. Also wenn sie den Mainstream überlebt haben. Aber mit langsam und relevant lässt sich jetzt kein allzu fetziger Slogan bauen."
"Okay.", sagt Stephan und der Hartmann, der sich jetzt denkenderweise in den Bart fasst, hat sich was überlegt: "Wir sind bärtig." Und dann grinst er sehr breit. "Alles was ich geschrieben habe, hatte irgendwie mit Bärten zu tun. Ich finde, unser Slogan könnte auch bärtig sein. Und hart. So wie Metal. Magazin für Härte und Bärte. Ich würde es bei so einem Slogan lesen!"
"Okaaaay.", sagt Stephan und sucht deutlich irritiert meinen Blick um zu schauen, wie ich die Idee finde. Ich habe dem Hartmann aber gar nicht richtig zu gehört, da ich selber daran grübel, hier heute wieder die beste Idee zu haben. "Denn unser sind viele.", sage ich und erkläre: "Sowohl bei den Themen als auch den Autoren haben wie eine große Vielfalt. Das können wir doch mal betonen." Stephan, von Hartmanns fragwürdigem Vorschlag in die Diskussion gezogen, erkennt: "Den Slogan kenne ich doch irgendwo her?"
"Ist aus dem Shadowman-Videospiel und Comic.", schicke ich als Fachwissen vorne weg, um davon abzulenken, wo das Zitat wirklich her ist. "Ich finde, das erfasst es aber gut. Wir veröffentlichen ja auch recht viel, damit passt es doch wirklich super.", lenke ich weiter ab, aber Stephan murmelt weiter vor sich hin: "Irgendwoher kenne ich das schon." Der Hartmann nickt, allerdings weder Stephan noch dem Slogan zu, sondern um mir wenigstens in ein paar Punkten Recht zu geben: "Wir haben schon viele Themen und Beiträge, aber wir sind doch nur drei Autoren. So viele sind das doch gar nicht!"
"Okay.", sagt Stephan, der recherchiert hat, woher er das Zitat kennt. "Können wir nicht machen! Einen Satz aus der Bibel der einen Dämon beschreibt der Schweine über die Klippe treibt, würde wohl das falsche Bild vermitteln. Außerdem ist mir das zu polarisierend." Ich weiß, dass er recht hat, fasse aber nochmal nach: "Aber polarisierend ist doch schön frech, oder?" Hartmann und Stephan schütteln die Köpfe. Jeder den eigenen. Ich werde ein wenig ungeduldig und schaue Stephan streng an. Ich sage es nicht laut, aber ich denke: "Dann mach doch einen besseren Vorschlag!"
"Okay.", sagt Stephan und überlegt. Ich habe schon Angst gehabt, das wäre sein Vorschlag. "Okay." Das wäre auch wahr, wir sind okay. Aber als Slogan wäre das nicht genug. "Ein Slogan fällt mir jetzt nicht ein, aber einige unserer Eigenheiten: Multimedial, eigen, differenziert, literarisch, audiovisuell, selbstbestimmt." Empfinde ich alles als passende Vokabeln, die aber nicht in einen Slogan passen. Einige dieser Worte müssten wir mit Inhalt füllen und das ist mir zu umständlich. Der Hartmann schreibt die Begriffe auf einen Zettel und schaut plötzlich, als wären ihm Tür und Tor zu jeglichem Wissen der Welt geöffnet worden. "Wenn man die Buchstaben als Abkürzung nehmen würde, gäbe das M.E.D.L.A.S. und das klingt doch so, als wären wir für Metal-Leute! Finde ich gut!" Verdrehen könnte schon gar nicht mehr beschreiben, was ich mit meinen Augen mache und Stephan zuckt in freudige Ablehung ein wenig auf einem Auge.
"Vielleicht sollten wir diesen Punkt später nochmal aufgnehmen oder sogar unsere Leser fragen, was wohl ein guter Slogan für uns wäre? Das führt hier doch gerade zu nichts mehr.", halte ich fest und der Hartmann nickt einsichtig. Stephan klappt seinen Laptop zu, schaut erst den Hartmann und dann mich an und schließt die Sitzung mit einem weisen Ausspruch:
"Okay."
Den Vorschlag vom Hartmann find ich super, passt ab leider nicht zu euch. Stephans Vokabeln sind zwar inhaltlich richtig, aber das klingt so sehr nach Werbeagentur ohne eigenes Profil. Einfach zu nichtssagend.
AntwortenLöschenKann heute leider nur meckern, ohne nen eigenen Vorschlag zu bringen.
Nennen wir es mal nicht meckern, sondern Kritik. Du gibst uns ja recht, dass es gut war, keinen der oben genannten Slogans zu wählen. Auch wenn ein großer Teil dieser Geschichte Fiktion ist. ;)
LöschenFiktion ist doch immer gut.
Löschen