Perfect Game: Die passive Kooperation aus Dragon's Dogma

Irgendwie ist es so eine zwiespältige Sache mit der Kooperation in Videospielen: In manchen Titeln würde es sich aufdrängen sie gemeinsam zu bewältigen - Die Spiele um die Super Mario Brüder z.B. haben recht lange gebraucht, bis die Beiden wirklich zusammen gearbeitet haben (Super Mario World auf dem SNES) - Und trotzdem ist das gemeinsame Spiel kein Standard. Schon gar nicht an einer Konsole. Gut, MMOs haben dem Kooperativen ganz neue Ebenen eröffnet und auch Couch-Coop wurde spätestens seit Gears of War wieder extrem salonfähig.

Zu recht. Kooperatives Spielen ist toll. Es macht einfach Spaß, weil es ein geteiltes soziales Erlebnis ist. Sonst würde es keine Fun-Clans geben und sonst wäre das Internet nicht voll mit unterschiedlich festen Zusammenschlüssen von SpielerInnen um den ganzen Globus, die sich am digitalen Lagerfeuer über das Erlebte in Foren austauschen.
Außerdem senken Weggefährten den Schwierigkeitsgrad mancher Passagen, weil der begleitende Spieler die eigenen Fertigkeiten verstärkt oder ausgleicht. Sie können Rollen einnehmen, zu denen wir selbst nicht im Stande sind oder haben die selbe Passage bereits selber bewältigt und haben daher mehr Wissen, als wir es haben.

Aber leider sind unsere Co-Op-Partner nicht immer parat wie ein Besen in der Abstellkammer, weil sie zu dieser unangenehmen Eigenart neigen, auch ein Leben zu haben. Was tun, wenn das Bedürfnis nach Kooperation steht, aber keiner da ist zum Kooperieren?

Teil 3: Die passive Kooperation aus Dragon's Dogma

Bevor ich in den nächsten Mechanismus einsteige, möchte ich eines hier klarstellen: Nichts und kein Mechanismus wird es ersetzen können, mit seinen Freunden, Brudis, Homies - oder wie auch immer ihr es bei euch nennen mögt - zusammen zu spielen. Das soziale Erlebnis kann nicht ersetzt werden und das ist auch vollkommen gut so.
Ich betrachte die Kooperation im Folgenden von einer rein spielmechanischen Seite.

Und das Spiel, welches einen tollen Ansatz geboten hat zum Thema Kooperation, ist Dragon's Dogma. Ich erwarte nicht, dass es bekannt genug ist, um unerklärt darüber reden zu können, daher einmal die entscheidenen Eckdaten:

Erschienen auf Playstation 3 und XBox360, ist es ein Action-Adventure, dass sich aufgrund des Tempos und des Kampfsystems schnell verdächtig machte, auf dem Erfolg von Dark Souls mit reiten zu wollen. Der Schwierigkeitsgrad war auch hier durchaus fordern gestaltet, das Gamedesign aber eine halb-offene Welt, die mit ihren Abenteuern die Geschichte um einen Auserwählten erzählen wollte, der natürlich ausziehen muss, eine heraufstrebende Bedrohung zu besiegen. Business as usual.

Eine Sache machte Dragon's Dogma aber sehr besonders. Im Spiel nennt sich diese Sache der "Rift". Wir würden diesen Teil vermutlich "Das Internet" nennen, aber so zynisch wollen wir heute mal nicht sein. Der Rift ist ein Riss zwischen Welten, in dem besondere Menschen leben, die sich mit so genannten Riftsteinen beschwören lassen. Diese fungierten als eine Art zweite Währung, dazu später mehr. Der Auserwählte, den sich der Spieler in einem Editor selber zu recht basteln durfte, bekommt den Anspruch auf Seelenverwandten aus dem Rift. Auch diesen darf der Spieler dann in Aussehen und Klasse festlegen, dann auch ausrüsten und so weiter und so fort.

Dieser Gefährte steht dem Spieler immer zur Seite, in Kämpfen aber auch außerhalb von Kämpfen ist er/sie hilfreich. Diese Figur lernt nämlich Dinge über Gegner und Umgebungen, so dass sie bald Hinweise auf Schätze, Gerüchte und Schwachstellen von Feinden gibt. Auch Fluchtwege und Warnungen können zum Kenntniss Repoirtoire dieser Figur gehören. Sehr nützlich. Von nichts kommt aber nichts und so ist der BFF nicht von Anfang an allwissend, sondern muss erst selbst diese Dinge erfahren und erlernen.

Während der Spieler Zugriff auf Neun Klassen bekommt im Verlauf des Spiels, können die Begleiter allerdings nur die "reinen Klassen" Kämpfer, Magier und Schütze lernen. Die Hybriden bleiben dem Helden überlassen. Irgendwas muss ihn/sie ja zum Auserwählten machen.


Jetzt ist die Truppe mit dem einen Begleiter aber auch noch nicht vollständig. Es gibt einen dritten Platz, der von einem weiteren Mitstreiter ausgefüllt werden kann. Und auch dieser kommt aus dem Rift und kann dort aus einer Auswahl von Charakteren engagiert werden. Das sieht nach fiesem Fleischbasar aus, wenn sich die Kämpfer da aufreihen und tatsächlich wird das Thema dieser Sklaverei auch in der Story behandelt, aber das ist hier gerade nicht wichtig. (Kurz: Menschenhandel ist natürlich doof.)
Es gibt aber eine Besonderheit an dieser Auswahl an Kämpfern: Es handelt sich dabei um die erstellten Begleiter von anderen Spielern. Meine Nummer Drei im Kampf ist also die Nummer Zwei eines anderen Spielers.

Mit allen Vorzügen: Rüstung, Wissen, Fertigkeiten etc. Sogar die Verbrauchs- und Nutzgegenstände brachten diese Leiharbeiter mit. Und wie das meist mit guten Leuten von außerhalb ist, die für die Arbeit wo hin kommen, brachten sie ihr nützliches Wissen auch noch denen bei, die schon da sind. Meine Nummer Zwei lernte also von der Nummer Zwei eines anderen Spielers.

Natürlich gab es auch Nachteile bzw. Haken: Der Gast konnte nicht in der Stufe steigen. Jeder verdiente Erfahrungspunkt wurde sorgfältig unverdaut ignoriert.
Und: Sollte der Spieler sich am Riftstein - Die Portale zum Rift - dafür entscheiden, einen Begleiter zu engagieren, der über seiner eigenen Stufe liegt, wird eine einmalige Gebühr Riftsteine fällig. Diese kommt dann dem anderen Spieler zu Gute. Sollte mensch aber mit dem Spieler auf der jeweiligen Konsole befreundet sein, bezahlt der Netzbetreiber die Gebühr. Soll heißen: Die Begleiter meiner Freunde kann ich immer gratis ausleihen, er bekommt aber trotzdem einen Sold dafür.

Die Möglichkeiten dieses Systems waren für mich sehr aufregend. Riftsteine waren eine seltene Währung in Dragon's Dogma und der einfachste Weg sie zu verdienen, war tatsächlich, wenn der eigene Begleiter ausgeliehen wurde. Also bemühte ich mich als Spieler nicht nur darum eine starke Spielfigur zu haben, sondern auch einen Begleiter, der möglichst nützlich ist. Und cool aussieht. Denn auch sowas ist wichtig bei einer Ausleihe. Ein bißchen traurig, aber wahr.

Tatsächlich war meine Expertin für Ressourcenabbau und Handgemenge auch so sehr beliebt, besonders bei einer Mitspielerin, die das Spiel parallel zu mir angefangen hatte. Daraus entwickelte sich ein interessantes PingPong-Spiel, denn bald, als ich merkte, dass meine Truppe nur aus Haudraufs bestand, lieh ich mir ihren Begleiter aus, um einen adäquaten Heiler und Magier in meine Truppe zu leihen. Was mir erlaubt hat besser voran zu kommen und damit meine Begleiterin wieder für die andere Truppe besser aufzustellen. Win-Win-Situation nennt mensch sowas ja neudeutsch.

Im Spiel wurden diese Synergie-Effekte auch schön dargestellt, auffällig dann, wenn die Begleiter anfingen sich aus zu tauschen, in angenehm dynamischen und plausiblen Gesprächen:
Meine Zwei: "Wir sollten umkehren, unsere Vorräte brauchen sich auf."
Geliehender: "Hinter dem Hügel liegt eine Festung mit Händlern."
Meine Zwei: "Das ist gut zu wissen."
Und tatsächlich erinnerte mich meine Zwei in Zukunft an diese Festung, sollte es notwendig sein. Besser aber noch: Auch ich lernte Dinge von diesem Begleiter, die mir das Spiel erleichterten. Gerade Ratschläge zu Schwächen von Gegnern waren gern gehört.

Es war eine passive Kooperation, aber trotzdem eine lebhafte. So speicherte ich mir nützliche Begleiter und griff gerne wieder auf sie zurück. Andere Spieler genossen bei mir einen guten Ruf, ohne dass ich sie überhaupt kannte. Dazu kam aber der nicht zu unterschätzende Faktor, dass ich viele Aspekte von Kooperation auch genießen konnte, ohne das jemand neben mir auf dem Sofa oder in direkt Verbindung mit mir zusammen spielte.

Ein System, welches, gerade mir neuerlichen Technologien wie der Datenspeicherung in einem Cloudspeicher, ich mir auch in anderen Spielen gut vorstellen könnte. Natürlich wäre nicht überall eine weitere Währung als Spielmechanik plausibel, aber warum sollte ich nicht in einem Rennspiel den Drivatar  eines anderen als zweiten Fahrer engagieren können, um meinen Rennstall zu ergänzen? Statt eines flachen Bots in einem Shooter, der nur nach meinen Befehlen handelt, nehme ich doch lieber eine Figur mit, welche die Moves eines Freundes drauf hat. Wie gerne würde ich kleine Beträge bezahlen, um bei Destiny meinen Trupp mit den Figuren meiner Freunde auf zu füllen, wenn sich online keine passenden Spieler anbieten.

Natürlich handelt es sich bei so einer passiven Kooperation auch um eine K.I. und nicht um einen echten Spieler, aber die Wirkung, welche eine einfach Beteiligung eines Freundes zeigt, ist nicht zu verachten. Immerhin spreche ich seit Forza Motorsport mit den oben erwähnten Drivataren meine Freunde als Fahrer in die Rennen schickt, immer mal wieder darüber, wenn mir Hermann einen Sieg abgeluchst hat oder ich mit seiner K.I.-Version einen spektakulären Crash hatte. Warum also nicht in Rollenspielen den anderen als Support einladen können, auch wenn er gerade nicht da ist? Warum nicht bei Sportspielen den anderen als Spieler ins Team einkaufen können und sich mit seinem Spielstil bereichern?

Vorallem, wenn auch der andere dadurch entlohnt wird, der gerade nicht aktiv ist. Die aufgebrachte Spielzeit bekommt so auch einen steigenden Mehrwert. Glaubt mir, es hatte was sehr befriedigendes, wenn mein Begleiter beim nächsten Start des Spieles mit Sold und Gastgeschenken von seinen Aktivitäten an der Seite von anderen Spielern zurückkehrte.

Die passive Kooperation aus Dragon's Dogma, die gehört bei mir ins perfekte Spiel.



Alle Bauteile fürs perfekte Spiel:

Kommentare

  1. Hört sich nach einem wirklich sehr guten System an, besonders für ein Rollenspiel. Und wie du sagtest, fehlen einem in so manchem Spiel mal fähige Begleiter, da nicht jeder zur gleichen Zeit spielen kann. Ich hab bisher Dragons Dogma nicht selbst gespielt, muss ich dann wohl mal nachholen.

    Vielleicht können wir ja auch das Perfect Game Thema um Videos ergänzen. Wir nehmen einfach ein kurzes Beispiel/Erklärvideo bei Gelegenheit auf - zusammen oder alleine.

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    1. Dragon's Dogma war wirklich gut. Auch wenn ich es nie ganz beendet habe, hat es echt Spaß gemacht.

      Das mit den Videos klingt auch nicht uninteressant. Müssten wir mal schauen, wie wir es einfügen.

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  2. Hier ein "Mea Culpa":
    Es kann nicht nur ein Begleiter von anderen Spieler ausgeliehen werden, sondern sogar zwei. Die Gesamttruppe besteht also aus vier Personen. Ändert inhaltlich nicht so viel am Mechanismus, war aber klar zu stellen.

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