Warum ich Detektiv bin - Teil 2

Autor: Jay
Verfasst: Juli 2009

Teil 1


Warum ich Detektiv bin - Teil 2

Kleiderhaken mussten wirklich der absolute Renner sein. In der Parkplatz-Bar war richtig was los. Es waren bestimmt 30 Gäste da. Driver hatte sogar eine Bedienung. Vorher hatte ich hier nie eine gesehen. Das ich sie nicht gesehen habe, bedeutet allerdings nicht eindeutig, dass sie nicht da war. Detektive haben selektive Sinne. Man nimmt nur wahr, was für einen wichtig ist. Oder was einem der Whisky halt gerade so erlaubt wahr zu nehmen.
"MacGuire! Ich dachte schon sie wären gestorben!" So etwas hört man natürlich immer gerne über sich selbst. Nur "Sie schulden mir noch Geld." wäre noch schlechter gewesen, allerdings auch viel wahrscheinlicher. Ich wartete seit einiger Zeit auf den Tag, an dem mir jemand sagt: "Schön dich zu sehen Peter, ich schulde dir noch Geld."
Ich setzte mich auf "meinen" Platz und bestellte einen Kleiderhaken. Auch auf Drivers Hinweis, die Wasserwaagen wären auch sehr gut, änderte ich meine Bestellung nicht. "Lieber erstmal einen Kleiderhaken. Eine Wasserwaage direkt am Anfang ist mir zu heftig." Ich hatte außer einem letzten Schluck Whisky ja zu Hause nichts "gefrühstückt".
Ich erklärte Driver meine Lage, bezüglich meines Büros. Er hörte so gut zu, wie ein Wirt der heute das Geschäft seines Lebens witterte halt nur zu hören konnte: gar nicht. Ich erzählte es ihm trotzdem. Mir war mal nach reden. Vielleicht war das aber auch mal wieder der Alkohol schuld. Nein, Alkohol macht so was nicht, ausgeschlossen. "Alkohol ist nicht böse." schrieb ich auf eine der Seiten von Bob.
Als meine Geschichte vom Schießstand und japanischen Rückhohlbändern zu Ende war, blätterte ich bei meinem vierten Kleiderhaken etwas in Bob rum. Auf der Seite, auf der mein Sofa abgebildet war blieb mein Blick etwas verliebt hängen. Dass mich jemand von der Seite Ansprach merkte ich erst gar nicht.
"Mac? Peter MacGuire?" - "Hm." - "Bist du es Mac?" Die Stimme kam mir bekannt vor. Aber sie lag ganz weit hinten in meinen Erinnerungen, direkt hinter dem Tag an dem ich zu Hause rausgeflogen bin. Als ich meine Augen wieder von dem Sofa trennen konnte, wendete ich mich um.
Plötzlich wurde ich umarmt. Zumindest teils. "Du bist es ja wirklich. Peter MacGuire. Ich glaube es nicht. Wie lange ist es her? Wann waren wir zusammen im Community College?" - "Rob? Bist du das?"
Robert Magpie. Der Schatten meiner gesamten Schullaufbahn. Naja, eigentlich war ich sein Schatten. Er war immer klug und hatte eine erstaunliche Kombinationsgabe. Ich war nicht unbedingt beliebt, als Gefolge des Klassenbesten. Aber die Hosen hoch gezogen haben sie immer nur ihm. Als ich reflexartig zu seiner Hose gucke, kämpfe ich um meine Coolness. Robert fehlt ein Arm.
"Auch einen Kleiderhaken, Rob?" - "Nein, danke. Ich trinke nicht." Mir war unklar wie das funktionieren sollte. "Was machst du hier? Du bist ja damals verschwunden. War das nach der Berufsberatung?" - "Ja Mac. Genau danach. Du erinnerst dich also." All diese Freude mich wieder zu sehen in Robs Gesicht war wie weggewischt. Keiner hatte damals heraus gefunden wo Magpie hin gegangen war.

Ich erinnere mich noch ziemlich genau an diesen Tag. Ich weiß nicht ob gern oder ungern. Es war Karrieretag an unserem Community College. Eigentlich schon ziemlich unüblich, aber wir haben damals gesagt wir probieren es mal aus. Ich wollte damals Neurologe werden, Rob Staatsanwalt. Wir hatten das Zeug dazu; wir waren fleißig und haben immer gelernt. Wirklich immer. Wir dachten uns, Frauen und Spaß können wir haben, wenn wir die Welt gerettet haben. Whisky kannte ich damals nur aus der Werbung, denn in Bars bin ich nicht gegangen.
Im Rahmen meiner Beratung musste ich einige fragwürdige psychologische Tests durchwandern. Ich hatte zwar das Gefühl, sie fielen mir leicht, aber die Prüfer schauten sehr skeptisch. Ich begann Diskussionen mit ihnen, da ich die Skepsis nicht verstand. Ich fragte mich ob Rob die selben Tests mitmachen musste.
Am Ende aller Tests wurden uns die Ergebnisse in Umschlägen überreicht. Um mich herum freuten sich die meisten über die unterklassigsten Berufsempfehlungen: "Tankstellenwart" - "Wirt in schmierigen Umfeld" - "Polizist" - "Präsident". Robert und ich beschlossen unsere Umschläge gleichzeitig zu öffnen. Aufgeregt hab ich das "Ergebnis" gelesen:

"Sie sind intelligent und aufmerksam.
Sie lernen viel und haben keine Ahnung vom Leben.
Erleben sie was, suchen sie die Herausforderung:
Unsere Empfehlung:
Detektiv für ungewöhnliche Fälle und Scherzfragen.

PS: Diese Empfehlung wird auch auf ihrem Zeugnis stehen."

Als ich mit gerunzelter Stirn zu Robert gucken wollte, war dieser schon lange weggelaufen.
"Diese Empfehlung wird auch auf ihrem Zeugnis stehen." Damit konnte ich mich niemals auf einen Studienplatz in Medizin oder eine Ausbildung in der Neurologie bewerben. Ich war so schockiert, dass mein Weg zum ersten Mal in meinem Leben in eine Kneipe führte. In der Whiskywerbung hieß es immer: "Whisky - er stellt keine Fragen aber führt sie zu Antworten! (Ohne Gewähr)" Das war es wonach ich damals suchte.
Rob war weg, aber der Whisky hieß "Magpie Whisky", also hatte ich einen würdigen Ersatz gefunden. Ich war immer mehr in Kneipen, denn ich war mir sicher, dass müsste ich. Als Vorbereitung auf meinen späteren Job. So stand es zumindest im "Leichter Einstieg für Jungdetektive"-Heft, dass ich durch Zufall mit einem Comicheft erwarb. Aus meiner Sicht Fachlektüre. Wieso mit Comicheften für Sechs-jährige verkauft wurde verstand ich damals nicht. Ich kaufte alles wo auch nur Detektiv drauf stand. Wenn das schon meine Empfehlung war, dann wollte ich mich mit dem selben Enthusiasmus vorbereiten wie auf die Neurologie. Langsam fand ich an meinem neuen Lebensstil gefallen, oder dank dem Whisky war es mir wenigstens egal. Ich wurde also Detektiv.
Manchmal frage ich mich, was für eine Neurologe ich geworden wäre, wenn ich an diesem Ersten April damals nicht zu dieser wegweisenden Berufsberatung gegangen wäre. Was der Erste April für eine Tag war, wusste ich damals auch nicht, so wenig hatte ich gelebt.

Rob und ich hatten uns solange an geschwiegen, wie unsere kleinen Rückblenden im Kopf halt so dauerten. "Hey Rob? Was stand damals auf deiner Empfehlung?" Robert zeigte mit seinem Haben-Arm auf seinen Soll-Arm. "Ich bin einarmiger Bandit in einem Casino in Las Vegas geworden." - "Hat dir mal jemand erklärt was der erste April ist?" - "Nein, wieso?" - "Du wärst bestimmt ein Superstaatsanwalt geworden." Robert sah mich traurig an.
"Zwei Kleiderhaken.", sagte ich ruhig zu Driver und sah Robert an. "Ich werde dir erklären wie ich Detektiv geworden bin. Das geht nur mit Whisky."



Anmerkungen:
Es hat lange gedauert bis zu diesem MacGuire. Das tut mir auch sehr leid. In Zukunft wird es sowieso etwas leiser um ihn, aber nur, weil ich im Hintergrund größeres mit ihm vorbereite.

Kommentare

  1. Ein bisschen zu sachlich. Peter schien noch relativ nüchtern zu sein, als er das erlebt hat ;D

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  2. Einarmiger Bandit ...
    Wie jetzt Aprilscherz?

    Das ist echt ein "krankes" Universum.
    Jetzt brauch ich unbedingt ne Wasserwaage. :D

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