Ideendämmerung: Rucksack unter Bomben
Autor: Jay
Verfasst: August 2009
Verfasst: August 2009
"Wenn es eine Geschichte gäbe, die alle Geschichten erzählt, würdest du sie hören wollen?"
Tierische Schmerzen durchfuhren meine Knochen. Wie von Nadeln gestochen zogen sich die Nerven in meinem Hirn zusammen um einen brennenden Impuls aus zu senden. Meine Augen wollten sich noch nicht so recht öffnen, mein Körper gehorchte mir noch nicht ganz, aber ich spürte eindeutig Staub auf meiner Haut und drückende Luft um mich herum. Ein unwahrscheinlicher Lärm umgab mich, den ich aber konfus wie ich war noch nicht sondieren konnte.
"Da vorne! Der bewegt sich noch!", hörte ich von irgendwoher inzwischen des Lärms. Irgendwie dachte ich an Kriegsfilme und Fernsehnachrichten, als ich mich darauf konzentrierte die Geräusche zu sortieren. Verschiedene Kräfte zerrten an mir und obwohl ich meine Beine nicht wirklich bewegen konnte, spürte ich wie ich vom Fleck kam. Meine Beine schliffen durch Sand und Steine, ein Rucksack oder ähnliches hing wohl auf meinen Schultern, dass merkte ich aber erst, als man ihn mir abnahm. Dann rumpelte es, vor all diesen anderen Geräuschen, weil der Rucksack auf irgendeine Ladefläche geworfen wurde. Meinen Schmerzen nach wurde ich direkt hinterher geworfen.
Ich hörte einige Stimmen um mich herum in einer mir vollkommen fremden Sprache. Irgendwie drückte sich kaltes Metall gegen meinen Hinterkopf und um mich herum war viel Bewegung. Eine Stimme konnte ich herausfiltern und verstand sie perfekt: "Gib mir mal etwas Wasser, wir müssen dem hier den Staub und Sand aus dem Gesicht waschen." Wer auch immer "Wir" war, wir bewegten uns. Ganz kurz fragte ich mich, so auf meine rudimentärsten Sinne gestellt, welcher wohl Bewegung spürte, als mir mein Tastsinn mitteilte, dass mir gerade eine Menge Wasser ins Gesicht geschüttet wurde.
Als würde man mit einer Brechstange meine Augen öffnen wollen, drückte sich das Tageslicht in meine dunklen Augen. Ich sah nichts wirklich, nur einige Konturen. Irgendjemand oder etwas beugte über mir und begutachtete mich. "Immer langsam, gewöhne dich erst ans Licht." Der Weg unter uns war extrem holperig und der Boden unseres Gefährt war bemüht meinen Kopfschmerz nicht all zu schnell abklingen zu lassen.
Einige Schreie kamen im Fahrzeug auf und der Hintergrundlärm entschied sich sehr vordergründig zu werden. Zwischen den Schreien und Rufen hörte ich immer wieder dieses Krachen, das in meinem Kopf ein Foto von einer Bombe hervorrief. Inzwischen machte ich auch Schüsse zwischen den Geräuschen aus und beschloss spontan ein wenig nervös zu werden.
Während ich nun also mich hin und her rollte, unwissend wo ich mich überhaupt sicher hin retten konnte, versuchte die einzige verständliche Stimme mich zu beruhigen: "Junge, du fällst uns noch vom Transporter. Du musst ruhig bleiben. Wir wollen helfen." Scheinbar hatte ich einige weitere Fähigkeiten zurückerlangt und meine Stimme warf ein: "Wo bin ich überhaupt?", aus. Für eine gute Antwort würde ich mich auch gerne wieder beruhigen, dachte ich mir.
"Du bist in einem Transporter der Absurdischen Volksarmee. Wir werden in eines der Evakuationslager gebracht." Absurdisch? Evakuationslager? Irgendwie war ich mit dieser Antwort nicht glücklich, hab mich aber zu Gunsten meiner Verwirrung trotzdem beruhigt. Auch zu Gunsten meines Augenlichts, das jetzt komplett zurück kehrte.
Ich sah über mir einen staubigen Mann in staubiger Kleidung in staubiger Luft, der mir seine staubige Hand reichte. Ich ließ mir aufhelfen, von diesem in die Jahre gekommenen Mann. Er lächelte mich an, so gut es nur von der Bank eines Truppentransporters in einem Kampfgebiet ging. "Ich bin Ignis. Und du?"
Ein Bibliothekar ohne Bibliothek ist ziemlich nutzlos. Natürlich kann er neue reinkommende Bücher archivieren, aber man braucht in einer Bibliothek auch alte Schinken. Leider sah es in der Bibliothek meines Gedächtnisses genau so aus. Nichts war da und wenn doch, dann nicht an seinem Platz. Es war so, als hätte ich eine Telefonnummer in meinem Kopf gewählt und "Kein Anschluss unter dieser Nummer." gehört. Wenn wenigstens besetzt gewesen wäre.
"Ich....Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung." - "Kein Wunder. Das ist bestimmt der Schock. So wie es da gerade eben aussah, muss direkt neben dir eine Granate hoch gegangen sein. Eigentlich ein Wunder, dass dir nichts passiert ist." Ich sah verwundert an mir herunter und wünschte mir einen Spiegel her. Ich konnte nicht mal mit Gewissheit sagen, wie ich aussah. Nase, Mund, Augen waren vorhanden, aber über Farben und Formen war ich mir wirklich im unklaren. Ich dachte kurz an Videospiele aus der Ego-Perspektive. So fühlte ich mich gerade. Virtuell. Ich suchte nach Hinweisen, fand aber nur staubige Kleidung. "Warum trag ich so gute Klamotten in.....so einer Gegend?" Eigentlich fragte ich eher den Bibliothekar in meinem Kopf, der sogar tatsächlich etwas suchte, aber Ignis fühlte sich auch zu einem Kommentar animiert:
"Eine sehr gute Frage. Definitiv keine typische Kleidung für jemanden, der Absurdistan mit dem Rucksack erforscht."
Die Straße und der Lärm um uns herum beruhigten sich etwas. Ignis sah besorgt in die Trümmer einer Stadt, die ihm definitiv am Herzen lag. Man konnte es in seinen Augen sehen. Er hatte etwas zurück gelassen, das er liebt. Ich wusste jetzt schon mehr über Ignis, als über mich. Das Gefühl mehr wissen zu müssen, zwang mich Ignis beim Starren zu stören. "Ignis? Was ist hier eigentlich los?"
Ignis sah mich etwas irritiert an. "Du hast wirklich gar keine Erinnerungen mehr, oder?" Selbst daran ob ich Erinnerungen hatte, konnte ich mich nicht erinnern. Ich schwieg einfach achselzuckend. Ignis sah mich fragend an. Es war dieser Blick, wenn Jemand nicht wusste, was und wie viel er erzählen konnte. Ignis war kein Soldat, also musste seine Anbindung eine andere gewesen sein. Er entschied sich nichts zu erzählen und schaute sich im LKW um. "Sag mal, Amnesiejunge, schon auf die Idee gekommen in deinen Ruckssack zu gucken?", sagte er mit einem deutlich schärferen Ton als vorher.
Nein, auf diese Idee war ich wirklich nicht gekommen. Ich hatte mich zu sehr auf den Bibliothekar verlassen, der aber auch gerade mit irgendwas aus dem Lager zurück kam. Gerade als ich den Rucksack gegriffen hatte, hörte ich einen langen pfeifenden Ton. "RUNTER!"
Der Bibliothekar setzte mich darüber ins Bilde, dass ich unmittelbar bevor ich hier zu mir gekommen war wohl in einer Galerie vor einem Fahrstuhl stand. Es war gerade eine Ausstellung oder ähnliches. Meine Freunde, deren Namen er nicht mehr gefunden hatte, waren auch da. Er geht davon aus, das es sich um meine Galerie handelte. Mehr konnte er mir gerade in den Paar Sekunden, in denen der LKW mit "sich überschlagen" beschäftigt war, nicht mitteilen. Als ich mit meinen Rippen in eine der Metallsäulen des LKW stürzte, verschwand die Fantasiefigur des Bibliothekar für immer.
"LOS! LOS!" schrie Ignis mich an, während er versuchte mir den Arm aus zu reißen. Ich sprang auf und rannte so schnell ich konnte seinen wilden Sprüngen durch das unmögliche Gelände hinter her. Ständig schossen Pfiffe oder pfiffen Schüsse an uns vorbei. Als ich ihn kurz überholte nutze er direkt die Gelegenheit um mir in den Rücken zu springen. Der heiße Luftschwall und der plötzliche Druck gaben ihm das Recht dazu. Irgendwas explodierte hier gerade. "Verdammt! Mein Rucksack." - "Du hast ja spannende Sorgen. Mir nach!"
Virtuell.
"Sir, wir haben einen Notruf reinbekommen."
"Du sollst nicht "Sir" zu mir sagen."
"Das Uhrwerk, ich kann nicht anders."
"Entschuldige, ich vergesse es immer wieder. Was ist das für ein Notruf?"
"Aus Absurdistan. Ignis hat ihn ausgelöst."
"Da vorne! Der bewegt sich noch!", hörte ich von irgendwoher inzwischen des Lärms. Irgendwie dachte ich an Kriegsfilme und Fernsehnachrichten, als ich mich darauf konzentrierte die Geräusche zu sortieren. Verschiedene Kräfte zerrten an mir und obwohl ich meine Beine nicht wirklich bewegen konnte, spürte ich wie ich vom Fleck kam. Meine Beine schliffen durch Sand und Steine, ein Rucksack oder ähnliches hing wohl auf meinen Schultern, dass merkte ich aber erst, als man ihn mir abnahm. Dann rumpelte es, vor all diesen anderen Geräuschen, weil der Rucksack auf irgendeine Ladefläche geworfen wurde. Meinen Schmerzen nach wurde ich direkt hinterher geworfen.
Ich hörte einige Stimmen um mich herum in einer mir vollkommen fremden Sprache. Irgendwie drückte sich kaltes Metall gegen meinen Hinterkopf und um mich herum war viel Bewegung. Eine Stimme konnte ich herausfiltern und verstand sie perfekt: "Gib mir mal etwas Wasser, wir müssen dem hier den Staub und Sand aus dem Gesicht waschen." Wer auch immer "Wir" war, wir bewegten uns. Ganz kurz fragte ich mich, so auf meine rudimentärsten Sinne gestellt, welcher wohl Bewegung spürte, als mir mein Tastsinn mitteilte, dass mir gerade eine Menge Wasser ins Gesicht geschüttet wurde.
Als würde man mit einer Brechstange meine Augen öffnen wollen, drückte sich das Tageslicht in meine dunklen Augen. Ich sah nichts wirklich, nur einige Konturen. Irgendjemand oder etwas beugte über mir und begutachtete mich. "Immer langsam, gewöhne dich erst ans Licht." Der Weg unter uns war extrem holperig und der Boden unseres Gefährt war bemüht meinen Kopfschmerz nicht all zu schnell abklingen zu lassen.
Einige Schreie kamen im Fahrzeug auf und der Hintergrundlärm entschied sich sehr vordergründig zu werden. Zwischen den Schreien und Rufen hörte ich immer wieder dieses Krachen, das in meinem Kopf ein Foto von einer Bombe hervorrief. Inzwischen machte ich auch Schüsse zwischen den Geräuschen aus und beschloss spontan ein wenig nervös zu werden.
Während ich nun also mich hin und her rollte, unwissend wo ich mich überhaupt sicher hin retten konnte, versuchte die einzige verständliche Stimme mich zu beruhigen: "Junge, du fällst uns noch vom Transporter. Du musst ruhig bleiben. Wir wollen helfen." Scheinbar hatte ich einige weitere Fähigkeiten zurückerlangt und meine Stimme warf ein: "Wo bin ich überhaupt?", aus. Für eine gute Antwort würde ich mich auch gerne wieder beruhigen, dachte ich mir.
"Du bist in einem Transporter der Absurdischen Volksarmee. Wir werden in eines der Evakuationslager gebracht." Absurdisch? Evakuationslager? Irgendwie war ich mit dieser Antwort nicht glücklich, hab mich aber zu Gunsten meiner Verwirrung trotzdem beruhigt. Auch zu Gunsten meines Augenlichts, das jetzt komplett zurück kehrte.
Ich sah über mir einen staubigen Mann in staubiger Kleidung in staubiger Luft, der mir seine staubige Hand reichte. Ich ließ mir aufhelfen, von diesem in die Jahre gekommenen Mann. Er lächelte mich an, so gut es nur von der Bank eines Truppentransporters in einem Kampfgebiet ging. "Ich bin Ignis. Und du?"
Ein Bibliothekar ohne Bibliothek ist ziemlich nutzlos. Natürlich kann er neue reinkommende Bücher archivieren, aber man braucht in einer Bibliothek auch alte Schinken. Leider sah es in der Bibliothek meines Gedächtnisses genau so aus. Nichts war da und wenn doch, dann nicht an seinem Platz. Es war so, als hätte ich eine Telefonnummer in meinem Kopf gewählt und "Kein Anschluss unter dieser Nummer." gehört. Wenn wenigstens besetzt gewesen wäre.
"Ich....Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung." - "Kein Wunder. Das ist bestimmt der Schock. So wie es da gerade eben aussah, muss direkt neben dir eine Granate hoch gegangen sein. Eigentlich ein Wunder, dass dir nichts passiert ist." Ich sah verwundert an mir herunter und wünschte mir einen Spiegel her. Ich konnte nicht mal mit Gewissheit sagen, wie ich aussah. Nase, Mund, Augen waren vorhanden, aber über Farben und Formen war ich mir wirklich im unklaren. Ich dachte kurz an Videospiele aus der Ego-Perspektive. So fühlte ich mich gerade. Virtuell. Ich suchte nach Hinweisen, fand aber nur staubige Kleidung. "Warum trag ich so gute Klamotten in.....so einer Gegend?" Eigentlich fragte ich eher den Bibliothekar in meinem Kopf, der sogar tatsächlich etwas suchte, aber Ignis fühlte sich auch zu einem Kommentar animiert:
"Eine sehr gute Frage. Definitiv keine typische Kleidung für jemanden, der Absurdistan mit dem Rucksack erforscht."
Die Straße und der Lärm um uns herum beruhigten sich etwas. Ignis sah besorgt in die Trümmer einer Stadt, die ihm definitiv am Herzen lag. Man konnte es in seinen Augen sehen. Er hatte etwas zurück gelassen, das er liebt. Ich wusste jetzt schon mehr über Ignis, als über mich. Das Gefühl mehr wissen zu müssen, zwang mich Ignis beim Starren zu stören. "Ignis? Was ist hier eigentlich los?"
Ignis sah mich etwas irritiert an. "Du hast wirklich gar keine Erinnerungen mehr, oder?" Selbst daran ob ich Erinnerungen hatte, konnte ich mich nicht erinnern. Ich schwieg einfach achselzuckend. Ignis sah mich fragend an. Es war dieser Blick, wenn Jemand nicht wusste, was und wie viel er erzählen konnte. Ignis war kein Soldat, also musste seine Anbindung eine andere gewesen sein. Er entschied sich nichts zu erzählen und schaute sich im LKW um. "Sag mal, Amnesiejunge, schon auf die Idee gekommen in deinen Ruckssack zu gucken?", sagte er mit einem deutlich schärferen Ton als vorher.
Nein, auf diese Idee war ich wirklich nicht gekommen. Ich hatte mich zu sehr auf den Bibliothekar verlassen, der aber auch gerade mit irgendwas aus dem Lager zurück kam. Gerade als ich den Rucksack gegriffen hatte, hörte ich einen langen pfeifenden Ton. "RUNTER!"
Der Bibliothekar setzte mich darüber ins Bilde, dass ich unmittelbar bevor ich hier zu mir gekommen war wohl in einer Galerie vor einem Fahrstuhl stand. Es war gerade eine Ausstellung oder ähnliches. Meine Freunde, deren Namen er nicht mehr gefunden hatte, waren auch da. Er geht davon aus, das es sich um meine Galerie handelte. Mehr konnte er mir gerade in den Paar Sekunden, in denen der LKW mit "sich überschlagen" beschäftigt war, nicht mitteilen. Als ich mit meinen Rippen in eine der Metallsäulen des LKW stürzte, verschwand die Fantasiefigur des Bibliothekar für immer.
"LOS! LOS!" schrie Ignis mich an, während er versuchte mir den Arm aus zu reißen. Ich sprang auf und rannte so schnell ich konnte seinen wilden Sprüngen durch das unmögliche Gelände hinter her. Ständig schossen Pfiffe oder pfiffen Schüsse an uns vorbei. Als ich ihn kurz überholte nutze er direkt die Gelegenheit um mir in den Rücken zu springen. Der heiße Luftschwall und der plötzliche Druck gaben ihm das Recht dazu. Irgendwas explodierte hier gerade. "Verdammt! Mein Rucksack." - "Du hast ja spannende Sorgen. Mir nach!"
Virtuell.
"Sir, wir haben einen Notruf reinbekommen."
"Du sollst nicht "Sir" zu mir sagen."
"Das Uhrwerk, ich kann nicht anders."
"Entschuldige, ich vergesse es immer wieder. Was ist das für ein Notruf?"
"Aus Absurdistan. Ignis hat ihn ausgelöst."
Yay! Liest sich spannend, liest sich super, es fängt in Absurdistan an, es hat ein Geheimnis, es beinhaltet Figuren, die man kennt und über die man dennoch gerne mehr erfahren will, und... Mehr! Weiter! Sofort! Schneller! Hopp, hopp!
AntwortenLöschenAchso, am Anfang schreibst du relativ schnell aufeinander zweimal "sondieren", und beim "lies" meintest du wohl "ließ" (kommt von "lassen", doppel-s wird zu ß und so).
"Lies" is der Imperativ von "lesen".
Ansonsten: Top! Mehr!
Danke für die Anmerkung. Fehler wurden korrigiert.
AntwortenLöschenUnd ich hab mich schon gefragt, was die Bombe in deinem Blog soll. :D
AntwortenLöschenGratulation zu Post Nummer 200!
Ach ja: Geil! Ich liebe Absurdistan.
Super Text Herr Jay. Gibt nichts besseres für den Start in den Tag als morgens deine neusten Werke zu lesen!
AntwortenLöschenKann auch nur sagen, mehr davon!
Schön, dass es euch beim Lesen scheinbar den selben Spaß macht, wie mir beim Schreiben. Freut mich sehr.
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