Filmendenromantik

Das Gesicht schon fast an der Scheibe platt gedrückt, sehe ich, wie ihr Flugzeug sie in Richtung Afrika davon trägt. Ein Jahr wird es sein und es wird ein Jahr sein, das ich erst hassen werde, dann hinterfragen und dann genießen werde, bis ich es wieder hassen kann. Für sie werde ich es lieben, denn es ist ihr Traum, der größte, dabei vielleicht aber auch ihr einziger Wunsch.
Und nicht, weil Ghana sie braucht, sondern, weil sie Ghana braucht. Weil sie vielleicht auch weggehen muss, um wieder zu kommen, weil sie sich selbst vielleicht erst fremd werden muss, bevor sie sich selbst ein Freund werden kann. So hat sie es sogar teilweise selbst gesagt und ich, ich habe sie dann gehen lassen. Natürlich hat sie sich gewünscht, dass ich sie begleite, wir zusammen in Ghana leben, aber ich wollte nicht. Dass ich Ghana nicht bräuchte, habe ich dann gesagt und gedacht, dass Ghana auch mich nicht braucht. Ob sie mich da braucht, dass fragte ich mich nicht und ruhte mich darauf aus zu denken, dass ich genau so gerne bleiben wollte wo ich bin, wie sie gerne weg wollte. Wenn ich ihren Wunsch einer Auszeit akzeptieren sollte, dann sollte sie doch meinen Wunsch akzeptieren zu bleiben, so habe ich es nicht gesagt, aber so haben wir es dann beide gedacht.
Nur dann, dann wurde die Zeit immer kürzer und in unserem Gefühlen lief plötzlich schon der Abspann unserer Beziehung. Das Ende wäre zwar noch offen, aber um es zu retten, da musste etwas passieren, eine unerwartete Wendung, wie sie dann nicht noch offensichtlicher sein könnte. Und so wie sie die ganze Zugfahrt über wegen des Abschieds weinte, fluchte ich die ganze Autofahrt über was für ein Idiot ich doch war.
Jetzt, mit dem kalten Tuch an der Stirn bin ich zwar immer noch ein Idiot, aber ein zufriedener. Als ich versuchte schleunigst durch die Sicherheitsschleuse zu kommen, mit all den hochtrabenden Liebeserklärung als Begründung für eine Ausnahme, da traff mich die geballte Terrorismusabwehr und stürzte mich auf den kalten glatten Flughafenboden und ich war sicher, dass, nachdem man sie im Flugzeug noch weinen sah, der Abspann anfangen würde und manche Geschichten einfach zum Scheitern verurteilt waren, wenn sie auf die Realität kamen. Aber kaum kam die Realität zu unserer Geschichte, tat es auch die Vernunft.
Die Sicherheit lies mich auf grund milderner Umstände unangezeigt zurück in den Warteraum und ich versuchte, sie wenigstens noch ans Handy zu bekommen, doch sie, wusste schon, kannte mich gut genug.
In der SMS stand es dann, dass wir niemals nur glauben und folgen sollten, was uns die Geschichten der anderen lehren, deren Realitäten nur konstruiert waren, die gefangen waren in Spielregeln, die sie selbst nicht lenken konnten. Und außerdem könnten wir ja auch jeden Tag skypen.
Und es begann noch im Flughafen ein Jahr, das ich erst hasste, dann hinterfrug und dann genoß, aber es nie wieder hassen konnte, weil es einfach so offensichtlich war, dass der technische Fortschritt unsere Vorstellungen schon überholt hatte.

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