First things first

Die Wahrscheinlichkeit dass wir etwas falsch* machen, besonders wenn wir etwas zum ersten Mal machen, die ist eigentlich recht hoch. Klar, Vorkenntnisse und andere Fertigkeiten können sie senken, aber diese Wahrscheinlichkeit ist eben niemals bei Null. Sogar als Expert*innen können wir etwas falsch* machen. 

Wenn wir Kunst machen, dann machen wir sehr oft Dinge zum ersten Mal. Denn das nächste Werk, das gibt es ja noch nicht und gab es noch nie. Wir schreiben ja nicht mehrfach das selbe Gedicht immer wieder auf die gleiche Art. Und selbst wenn wir das auf eine analoge Art tun würden, es wären doch niemals zwei genau gleich. Es gäbe Unterschiede. Auch das zweite und dritte Mal sind ein erstes Mal. Und damit könnten wir etwas falsch* machen. 

Das tolle an Wahrscheinlichkeiten ist, dass sie sich verändern, wenn sie eintreten. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass ein Blitz einschlägt, es ist aber noch viel unwahrscheinlicher, dass er es zwei mal an der selben Stelle tut. Es ist auch nicht so wahrscheinlich, dass wir die selbe Sache immer wieder auf die gleiche Art falsch* machen. Nicht, wenn wir erkennen können, dass sie falsch* ist. 

Was also, wenn wir den Fehler direkt am Anfang machen. Wenn wir ihn sofort selbst produzieren und dann auch akzeptieren, denn jetzt haben wir das ja schon erledigt und hinter uns. Wir wussten es würde etwas falsch* werden, jetzt ist das schon von der to-do-Liste runter und wir können uns um den Rest kümmern. 

Es gibt eine Methode zum Starten der Kreativität, die nennt sich die "Bullshit-Methode", dabei versucht mensch direkt am Anfang die schlechteste Version von etwas zu machen. Wenn mein Ziel ist ein Gedicht über einen Baum zu schreiben, wie kann ich das so schlecht und falsch* wie möglich machen? Und dann schreibe ich das auch. Was dadurch passiert ist, dass ich ein paar Anhaltspunkte bekomme was ich falsch* finde, und auch Grenzen dafür, was ich nicht machen möchte. Gleichzeitig tauchen manchmal im Versuch etwas schlecht zu machen gute Ideen auf. 

Wenn etwas falsch* machen sehr wahrscheinlich ist, dann ist es doch gut, wenn es früh auftritt und erkannt wird. Dann sinkt die Chance, dass es sich ständig wiederholt. Und danach kommen wir dem näher, was wir eigentlich machen wollen. 



*falsch ist ein spannender Begriff, wirklich im Sinne der Spannung, weil "falsch" sowohl subjektive Bestandtteile, aber eben auch objektive hat. Was falsch ist hängt von unserem persönlichen Empfinden ab, aber auch von Regeln der Gemeinschaft. Denn ein Publikum kann erkennen, wenn das was wir da machen kein Theaterstück ist, kein Gedicht, kein Film, kein Konzert. Und wir selbst können auch erkennen ob wir finden, dass wir es richtig gemacht haben. Es lohnt sich, sich bewusst zu machen, was wer als falsch empfindet und was unsere Quellen dafür sind. Denn manchmal sind die Quellen nicht gut informiert oder hatten niedere Motive, hatten keine Basis es zu bewerten. Und das sollten wir prüfen, bevor wir einfach eine Bewertung von Außen annehmen. Deshalb ist es auch ein Unterschied ob wir Rückmeldung von Publikum, Kolleg*innen, Kund*innen oder Mentor*innen bekommen. "Falsch" ist ein mehrdimensionaler beweglicher Raum. Es lohnt sich mit ihm zu arbeiten. 

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