Spät dran

Die Routine ist noch nicht da. Heute ist aber dafür den ganzen Tag ein tiefer Schatten über mir gewesen. Ich habe Sachen hinbekommen, ich habe einige Sachen nicht hinbekommen. Ich versuche mich nicht darüber zu zerfleischen. Ich habe sogar mal wieder den Rechner hochgefahren. Das passiert nicht mehr so oft wie früher. Ich habe mal ganz früher ein Leben geführt, wo der Computer quasi immer an war, denn die Ideen konnten ja immer kommen und es gab immer was zu tun. Ob ich immer was für die "richtigen" Sachen getan habe steht auf einem anderen Blatt. So war es irgendwie oft. Ich war Einser-Schüler, Spitzenstudent und dann wieder Faulpelz oder arbeitsunfähig. Ich hatte tolle Beiträge und keine Hausaufgaben. Ich habe jeden Tag etwas geschrieben, sehr viele sehr gute sehr ausführliche Artikel und dann schiebe ich spät am Abend diesen Artikel noch hin, weil ich wenigstens meine Linie halten möchte jeden Tag etwas zu schreiben. Im besten Fall hört das nie auf. Im wahrscheinlichsten Fall holt mich das Leben mal wieder ein. Wäre nicht das erste Mal. Wird nicht das letzte Mal sein. Das letzte Mal wird vermutlich sein, wenn mich der Tod einholt. Aber das hat noch reichlich Zeit, also kümmere ich mich erstmal um den lebendigen Part.

Der Ressonanzraum ist stumpf geworden. Zum einen weil ich mich sehr leise gestellt habe und ich deshalb kaum zu verstehen bin, aber es kommt auch nichts zurück. Wie dieser eine Raum von den Orfield Laboratories der 99,99% des Schalls schluckt. Gemessen sind es dort Minus Neun Dezibel. Und es ist schwer dort auszuhalten, weil hörende Menschen oft den Schall nutzen um sich in der Welt zu orientieren. Ohne Schall wird das schwer. Wir wissen nicht wo wir stehen. Während Likes eine falsche Schlange sind, weil sie nicht eine Reaktion sind, sondern nur eine Währung kapitalistischer Verwertbarkeit, sind echte Reaktionen eben wie zurück geworfener Schall. Eben weil wir da auch etwas wahrnehmen. Gerade nehme ich nicht mehr so viel von dem hier war. Wenn du das gerade liest, dann kannst du mir einen Zug Emoji in einem Messenger deiner Wahl lesen. Dann weiß ich schon, dass ich nicht alleine hier bin. Oder einen einzelnen Punkt als Kommentar. Hallo, ist da jemand?

Aber es ist eben auch meine Aufgabe langsam alles wieder lauter zu drehen. Mich wieder sichtbar zu machen. Hörbar. Oder lieber noch meine Kunst. Mich muss niemand mehr sehen. Es soll am Ende nicht um meine Person und Identität gehen. Dass wir über Inhalte in den Austausch kommen, und wenn es nur Reaktionen sind die ein Gefühl oder einen Gedanken tragen, das würde mir gefallen.

Ich bin mit allem spät dran. Aber ich versuche es jetzt. Vielleicht hört mich ja jemand in der Nacht.

Kommentare

  1. Anonym18.9.25

    🚆

    [oder in Worten: es gibt noch Leute, die das hier lesen, ich bin eine Person davon. Gerade allerdings selbst eine schwierige Zeit (passend zum Zugemoji bspw: es überhaupt hinzukriegen, Zug zu fahren wegen Panikattacken usw, aus dem Haus gehen etc.) Wenig Kraft, überhaupt irgendwas zu machen, zu konsumieren (Kultur, essen, alles). Einfach nur Tag für Tag durchstehen, den Körper am Leben halten, und vielleicht wird es irgendwann wieder besser.

    du bist nicht alleine

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    1. Du auch nicht. Ich hoffe es wird bald leichter für dich. Ich hoffe du hast Anker die dir Halt geben können.

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